Kinderbetreuung Sommerschließzeit in Kitas: Betreuungsanspruch besteht dennoch
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18. Juli 2024, 07:50 Uhr
Sommerzeit ist Urlaubszeit – Familien mit noch nicht schulpflichtigen Kindern meiden gern die Hochsaison, um wegzufahren. Schließlich explodieren die Preise für Unterkünfte dann und Strände sind völlig überlaufen. Allerdings bleibt ihnen fast nichts anders übrig als in der Hochsaison wegzufahren. Denn Kitas haben in der Regel im Sommer zwei Wochen komplett zu. Aber warum schließen die Kitas überhaupt? Schließlich gibt es doch einen Rechtsanspruch auf Betreuung.
- Schließen Kitas im Sommer, müssen sich Eltern um eine alternative Betreuung kümmern.
- Der Bundesverband der Volkssolidarität erklärt, auch Kinder bräuchten mal Urlaub von der Kita.
- In der Schließzeit muss der Träger aber auch eine alternative Betreuung organisieren.
Für Irina Prüm, Sprecherin der Bundeselternvertretung, ist "Schließzeit" ein Reizwort: "Je nachdem wie gerade die Ferien liegen, kommen Familien deswegen ganz schön in Schwierigkeiten."
Prüm spricht für die Bundeselternvertretung für Kinder in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege – praktisch eine Lobby für Eltern. Ihrer Meinung nach darf es nicht sein, dass die Familien ihren Urlaub nach der Kita planen müssen. Und in manchen Branchen herrsche im Sommer auch Urlaubssperre.
Eltern mit Schwierigkeiten bei Betreuungslücke
Auch gibt es "Eltern, die sind in Ausbildung, Studium, Sprachkursen oder haben zum Beispiel chronische Krankheiten oder erhöhte familiäre Belastungen. Davon kann man gar keinen Urlaub nehmen", betont Prüm: "Ein anderes Problem was wir auch noch sehen ist, dass die Fachkräfte eben auch nicht frei über ihren Urlaub verfügen dürfen. Und im schlimmsten Fall haben sie selber kleine Kinder und deren Kita schließt zu anderen Zeiten."
Und ganz genau so ist das bei Lisa-Maria Künzl. Sie ist Erzieherin in einer Leipziger Kita. Ihre Arbeitskita hat gerade Schließzeit. Und wenn die wieder aufmacht, beginnen die Ferien in der Kita ihres Kindes. Künzls Partner steckt gerade in der Prüfungszeit seines Studiums.
Koch: "Auch Kinder brauchen Urlaub von der Kita"
Auch Sophie Koch vom Bundesverband der Volkssolidarität sieht die Schwierigkeit. Sie erinnert aber auch daran, dass die Schließzeiten in der Regel lang vorher feststünden. Und aus Sicht der Träger sei es attraktiv, im Sommer eine Weile zu schließen: "Das mache ich in der Zeit, wo sowieso viele Urlaub nehmen würden, weil sie zum Beispiel Schulkinder haben. Und dann habe ich aber schon eine gewisse Zahl an Urlaubsanspruch für mein gesamtes Personal mit einem Schlag abgehandelt".
Koch findet aber auch, dass es für die Kinder wichtig sei, dass die Kita mal zu habe: "Kita, so schön sie auch sein kann, ist für Kinder ja wie eine Arbeitsstelle. Sie kommen jeden Tag von 8 oder 9 Uhr bis in den Nachmittag – 15 manchmal 18 Uhr – in die Kindertagesstätte. Und auch Kinder haben Anspruch darauf, eine bestimmte Zeit im Jahr mal Urlaub von ihrer Einrichtung zu machen.
Träger muss Betreuung in Schließzeit vermitteln
In Deutschland haben Familien einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung. Auf Anfrage wie das mit den Schließzeiten vereinbar ist, antwortet das Bundesministerium für Familie: "Schließungen von Einrichtungen in den Ferienzeiten sind grundsätzlich möglich. Werden Einrichtungen in den Ferienzeiten geschlossen, so hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe jedoch für die Kinder, die nicht von den Erziehungsberechtigten betreut werden können, eine anderweitige Betreuungsmöglichkeit sicherzustellen."
Irina Prüm von der Bundeselternvertretung erklärt, was das bedeutet. Würden Einrichtungen wegen der Ferienzeiten schließen, müsse der Träger der öffentlichen Jugendhilfe dann eine anderweitige Betreuungsmöglichkeit sicherstellen: "Das wissen wir als Bundeselternvertretung. Das wissen aber noch nicht alle Eltern. Und selbst wenn sie es wissen, nutzen sie es natürlich häufig nicht, weil so ein Kind ist ja kein Paket, was man dann mal eben drei Wochen woanders abstellt, sondern da machen sich Eltern natürlich auch Sorgen: Mein Kind kennt die Kita nicht, fremde Erzieherinnen ..."
Immer geöffnete Kitas hält Prüm zwar für wünschenswert, nicht aber für finanzierbar. Aus ihrer Sicht müssten die Kommunen ein Konzept für die durchgängige Betreuung haben – mit einer Einrichtung und Fachkräften, die Kinder und Eltern kennen.
Lisa-Maria Künzl, die Leipziger Erzieherin, kann während der Schließzeit ihrer Kita in einer anderen Einrichtung arbeiten. Auch ihr Kind geht übergangsweise in eine andere Kita, wenn die eigene zu macht. Der Urlaub muss in diesem Jahr warten.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 17. Juli 2024 | 06:11 Uhr