Studie Anzahl der Angriffe auf Journalisten geht zurück
Hauptinhalt
22. März 2023, 10:23 Uhr
Nachdem im Jahr 2021 ein neuer Höchststand an Angriffen auf Journalisten verzeichnet wurde, sind die Zahlen ein Jahr später gesunken. Das ergibt eine Analyse des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit. Anzeichen für eine Entspannung indes können die Leipziger Forscher keine ausmachen.
- Rückgang der Corona-Proteste führt zu weniger Übergriffen: Dennoch kein Anzeichen für Entspannung der Sicherheitslage.
- Sachsen zum fünften Mal seit 2015 Negativ-Spitzenreiter.
- Medienhäuser reagieren mit Maßnahmen wie Begleitschutz oder Deeskalationsseminaren auf die Bedrohungen.
Nach zwei Negativrekorden in Folge ist die Zahl der Angriffe auf Medienschaffende in Deutschland im vergangenen Jahr wieder gesunken. Das Europäische Zentrum für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) in Leipzig hat insgesamt 56 tätliche Angriffe verzeichnet, 27 weniger als im Jahr zuvor. Die ECPMF-Studie "Feindbild Journalist:in 7 – Berufsrisiko Nähe" liegt MDR AKTUELL vor. Von den Angriffen im Jahr 2022 waren mindestens 76 Medienschaffende und Sicherheitspersonen betroffen.
Der Rückgang der Angriffe geht nach Analyse der Forscher maßgeblich auf den Rückgang der Proteste der Querdenken-Bewegung zurück. Im Jahr 2021 hatte mit 75 Prozent der größte Teil der Tätlichkeiten im Umfeld von pandemiebedingten Protesten stattgefunden. Im vorigen Jahr sank dieser Anteil auf 48 Prozent.
"Der Trend ist gebrochen", schreiben die Studienmacher und schränken zugleich ein, dass sich die Befunde der aktuellen Studie nicht als Anzeichen für eine Entspannung der Sicherheitslage lesen ließen. Mit 56 verifizierten Angriffen fällt die Zahl noch immer viermal höher aus als im Vergleich zum Vorpandemie-Niveau des Jahres 2019 mit damals 14 Übergriffen. Seit 2020 sei das Risiko von Journalisten, allein wegen ihrer Profession angegriffen zu werden, drastisch gestiegen.
Sachsen mit den meisten Übergriffen
Regional betrachtet verzeichnet Sachsen mit elf Fällen die meisten Übergriffe. Damit ist der Freistaat zum fünften Mal seit 2015 Negativ-Spitzenreiter. Es folgen Berlin mit neun registrierten Tätlichkeiten sowie Bayern und Thüringen mit jeweils acht. Eine verstärkte Ausbreitung der Angriffe in die westdeutschen Flächenländer, die im Jahr 2021 erstmals beobachtet wurde, setzte sich im vergangenen Jahr nicht fort, so die Analyse des ECPMF.
Gegenmaßnahmen von Begleitschutz bis Deeskalationsseminar
Die Studienmacher haben außerdem festgestellt, dass Journalisten, Verbände und Medienhäuser sowie einige Polizeibehörden inzwischen eine Vielzahl an Gegenmaßnahmen entwickelt haben. Dazu zählen neben Begleitschutz für Dreh-Teams, Deeskalations-Seminaren und juristischen Unterstützungsangeboten auch Fortbildungen der Einsatzkräfte der Polizei zu Journalistenrechten.
Das ECPMF verifiziert seit 2015 tätliche Angriffe auf Journalisten in Deutschland. Inzwischen summieren sich diese auf insgesamt 265 Fälle: 44 im Jahr 2015, 19 in 2016, 10 in 2017, 26 in 2018, 14 in 2019, 69 in 2020, 83 in 2021 und 56 im Jahr 2022. Inzwischen summieren sich diese auf insgesamt 321.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Nachrichten | 22. März 2023 | 07:30 Uhr