
Nach Angriff in Aschaffenburg Innenminister wollen strikteren Umgang mit psychisch kranken Tätern
Hauptinhalt
28. Januar 2025, 08:05 Uhr
Nach der Gewalttat in Aschaffenburg mit zwei Toten haben die Innenminister von Bund und Ländern über die Sicherheitslage in Deutschland beraten. Sie fordern Konsequenzen im Umgang mit psychisch kranken Straftätern. In der Migrationspolitik erzielten die Ressortleiter wie bereits bei ihrer letzten Konferenz keine Einigung. Thüringens Innenminister Georg Maier wies Forderungen nach einer Wende in der deutschen Asylpolitik zurück.
- Innenminister von Bund und Ländern fordern strikteren Umgang mit psychisch kranken Straftätern und neue Befugnisse für Behörden
- Zieschang: Besserer Austausch von Behörden über psychisch auffällige Personen sei ein erster Erfolg.
- Ressortleiter erzielen keine Einigung in der Asyl- und Migrationspolitik
- Thüringens Innenminister Maier weist Forderung nach einer Wende in der deutschen Asylpolitik zurück
Nach der Gewalttat in Aschaffenburg mit zwei Toten fordern die Innenminister von Bund und Ländern Konsequenzen im Umgang mit psychisch kranken Straftätern. Bremens Innensenator Ulrich Mäurer sagte, mutmaßliche Täter müssten frühzeitig erkannt und Informationen unter den Behörden besser ausgetauscht werden. Als diesjähriger Vorsitzender der Innenministerkonferenz hatte der SPD-Politiker am Montag als Reaktion auf den Messerangriff zu einer virtuellen Sonderkonferenz geladen.
Mäurer sagte, der Schutz der Bevölkerung habe Vorrang vor Datenschutz. Ermittler sollten neue Befugnisse zur Gesichtserkennung und zur Analyse von Daten mit Künstlicher Intelligenz erhalten. Außerdem sollten Sicherheits-, Gesundheits-, Ausländer- und Waffenbehörden künftig enger zusammenarbeiten. "Es gibt natürlich keine letzte Sicherheit. Dass wir alle Personen erfassen, ist völlig unrealistisch. Aber wir sind überzeugt davon, dass man in diesem Bereich mehr machen kann."
Zieschang: Besserer Austausch über auffällige Personen
Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) hat sich zufrieden mit den Ergebnissen des virtuellen Treffens gezeigt. Ein besserer Datenaustausch über psychisch auffällige Personen sei ein sehr gutes Ergebnis, sagte sie MDR SACHSEN-ANHALT. Besonders lobte auch sie die angestrebte bundesweite Vernetzung nicht nur von Sicherheits-, sondern auch Gesundheits-, Ausländer und Waffenbehörden.
Vor allem Menschen dieses Profils sollen Zieschang zufolge mit dem Datenaustausch rechtzeitig erkannt werden. Welche Krankheitsbilder und welche Gewaltaffinitäten genau als Schwelle für eine Beobachtung festgelegt würden, dazu brauche es nun erst eine gemeinsame Verständigung. Schon jetzt steht aber fest: Täter wie der Todesfahrer von Magdeburg könnten vorerst wohl weiter durchs Raster fallen. Taleb A. sei in Sachsen-Anhalt nie strafrechtlich verurteilt worden und ob er als verwirrt oder psychisch krank eingestuft werden müsse, sei noch immer nicht abschließend geklärt
Ein zweiter Schwerpunkt der Konferenz waren Asylrecht und Migration. Hier zeigte sich Zieschang enttäuscht. Es gebe zwei Stellschrauben, an denen man unmittelbar drehen könne: Zurückweisungen von Asylsuchenden an den Binnengrenzen und das Aussetzen des Familiennachzugs bei Afghanen und Syrern mit subsidiärem Schutzstatus. Hier verlaufe allerdings ein Graben zwischen den Innenministern der Union und den anderen, so dass es keine Einigung gegeben habe.
Bundesinnenministerin Faeser nimmt Länder in die Pflicht
Bundesinnenministerin Nancy Faeser unterstützt nach eigenen Angaben den Vorschlag zu einer engeren Zusammenarbeit der Behörden. Die SPD-Politikerin sieht aber auch die Innenminister der Länder in der Pflicht: "Es ist richtig, dass die Länder ihre Gesetze zur Einweisung und Unterbringung von gefährlichen, psychisch erkrankten Personen überprüfen."
Am vergangenen Donnerstag hatte ein Mann aus Afghanistan in Aschaffenburg eine Kindergartengruppe mit einem Messer attackiert und ein zwei Jahre altes Kind sowie einen 41 Jahre alten Passanten getötet. Der mutmaßliche Angreifer war bereits zuvor als psychisch krank aufgefallen. Außerdem war er ausreisepflichtig. Die Tat hatte die bundesweite Debatte über die Migrationspolitik und die Sicherheit in Deutschland weiter angeheizt. Die Forderung nach mehr Befugnissen für die Behörden war schon nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt aufgekommen.
Keine Einigung in Asylpolitik zwischen CDU und SPD
Auch unter den Innenministern sei die Verschärfung des Asylrechts ein Thema gewesen, sagte Mäurer. Allerdings erzielten die Ressortleiter wie bereits bei ihrer letzten Konferenz keine Einigung. Niedersachsens Ressortchefin Daniela Behrens (SPD) sagte, die bisher eingeleiteten Maßnahmen zur Bekämpfung irregulärer Migration wirkten längst: "Bereits im vergangenen Jahr sind allein nach Niedersachsen rund 10.000 weniger Geflüchtete gekommen als noch 2023. Zudem konnte auch die Zahl der Abschiebungen erneut deutlich erhöht werden."
Der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) beklagte dagegen, erneut habe es keine Beschlüsse gegeben, die zu einer signifikanten Begrenzung der Migration führten: "Hierzu wären unter anderem ein Bekenntnis zu Zurückweisungen an den Grenzen, die Abschaffung des subsidiären Schutzes in seiner jetzigen Form sowie der Stopp von Aufnahmeprogrammen erforderlich gewesen."
Union-Kanzlerkandidat Friedrich Merz fordert unter anderem ein Einreiseverbot für alle Menschen ohne gültige Einreisedokumente – auch wenn diese ein Schutzgesuch äußern. Ausreisepflichtige sollten unbefristet inhaftiert werden können. Der Bundestag wird noch in dieser Woche über das Thema beraten. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will am Mittwoch seinerseits eine Regierungserklärung zu den Konsequenzen des Messerangriffs abgeben.
Maier weist Forderung nach Wende in Asylpolitik zurück
Unterdessen wies Thüringens Innenminister Georg Maier Forderungen nach einer Wende in der deutschen Asyl- und Migrationspolitik zurück. Der SPD-Politiker sagte MDR THÜRINGEN, natürlich müsse man auf Vorfälle wie jüngst in Aschaffenburg und Magdeburg reagieren. Es gehe aber nicht darum, der AfD das Wort zu reden. Wichtig sei beispielsweise, besser und schneller zu wissen, wo und wie sich psychisch Kranke radikalisieren. Da müssten Informationen schneller fließen, unter den Behörden ebenso wie zwischen den Ländern und dem Bund. Maier forderte ein Monitoring solcher Fälle, um besser vorbeugend handeln zu können.
Eine Verständigung in migrationspolitischen Fragen habe er nicht erwartet, dafür lägen die Positionen zu weit auseinander, sagte der Thüringer Ressortchef. Die SPD-Innenminister waren nach Aussage von Maier nicht bereit, so wörtlich, rechtlich fragwürdige Dinge zu beschließen, etwa Einschränkungen des individuellen Rechts auf Asyl oder Zurückweisungen an den Grenzen. Änderungen müssten rechtlich auf sicherem Boden stehen, und das sei bei den Vorschlägen der Union nicht der Fall, sagte Maier. Gleichzeitig betonte er, dass Thüringen jetzt dafür sorgen müsse, dass Ausreisepflichtige das Land auch schnell verlassen.
Sachsens Innenminister Schuster lobt Beschlüsse
Sachsens Innenminister Armin Schuster lobte die Ergebnisse der Sonderkonferenz. Der CDU-Politiker sagte MDR AKTUELL, es habe "starke Beschlüsse" gegeben. Bisher würden Behörden ihre Informationen nicht so austauschen, "wie es sein müsste angesichts dieser Vorfälle". Auch die automatische Gesichtserkennung wolle man stärker nutzen. Auch sei beschlossen worden, dass Straftäter mit doppelter Staatsbürgerschaft die deutsche verlieren sollen.
MDR/dpa/afp/epd (mze/kar)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 27. Januar 2025 | 17:45 Uhr