Sechs Monate nach Fristablauf Deutschlandweit fehlen noch Millionen Grundsteuererklärungen

28. Juli 2023, 15:25 Uhr

Ursprünglich hätten bis Oktober 2022 alle Eigentümer von Grundstücken in Deutschland eine Erklärung zur neuen Grundsteuer abgeben müssen. Diese Frist wurde bis Januar verlängert, doch deutschlandweit fehlen auch ein halbes Jahr nach Ablauf noch immer Millionen Erklärungen. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen trudeln nach wie vor Erklärungen in den Finanzämtern ein, auch die ersten Einsprüche gegen Bescheide wurden verschickt.

Fast ein halbes Jahr nach Ende der Abgabefrist in den meisten Bundesländern fehlen in Deutschland noch mehrere Millionen Grundsteuererklärungen. Das ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei den 16 Finanzressorts der Länder. Gehen die Erklärungen auch nach einem Erinnerungsschreiben nicht ein, werden die Werte geschätzt und es drohen Verspätungs-Zuschläge, wie mehrere Bundesländer mitteilten.

Abgegebene Erklärungen in Sachsen-Anhalt

In Sachsen-Anhalt sind bisher rund 93 Prozent der fälligen Grundsteuererklärungen abgegeben worden. Das teilte das Finanzministerium mit. Insgesamt wurden rund 840.000 Eingänge verzeichnet. Damit fehlen noch etwa 65.000 Erklärungen. "Es werden weiterhin Grundsteuerwerterklärungen an die Finanzämter übermittelt", sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums.

Die Finanzämter haben in Sachsen-Anhalt bisher rund 447.000 Fälle bearbeitet. Das entspricht einer Erledigungs-Quote von 53,2 Prozent. Gegen die Bescheide zur neuen Grundsteuer sind insgesamt mehr als 70.000 Einsprüche erhoben worden.

Wer die Grundsteuererklärung nicht fristgerecht eingereicht hat, soll vom Finanzamt zunächst ein Erinnerungsschreiben erhalten. Außerdem kann bei einer verspäteten Abgabe laut Finanzministerium ein Verspätungs-Zuschlag fällig werden. "Davon wurde in Sachsen-Anhalt allerdings noch kein Gebrauch gemacht", sagte die Sprecherin. Auch Erinnerungsschreiben sind in Sachsen-Anhalt bisher nicht versendet worden. "Ein genauer Termin hierfür wird noch abgestimmt", hieß es.

So viele Erklärungen fehlen in Thüringen

Bei den Finanzämtern in Thüringen trudeln ebenfalls noch Grundsteuererklärungen ein. Allein im Juli seien bisher mehr als 4.700 Erklärungen eingegangen, teilte das Thüringer Finanzministerium in Erfurt mit. Mit Stand dieser Woche lägen damit rund 1,1 Millionen Erklärungen im Zusammenhang mit der Grundsteuerreform vor.

Ausgehend von 1,25 Millionen abzugebenden Erklärungen betrage die Eingangs-Quote damit 88,3 Prozent. In Thüringen stehen dem Ministerium zufolge noch rund 149.000 Erklärungen aus.

Sachsen mit hoher Abgabe-Quote

In Sachsen sind dem Finanzministerium zufolge rund 94 Prozent der fälligen Grundsteuererklärungen abgegeben worden. Demnach fehlen noch etwa 108.000 der erwarteten 1,8 Millionen Erklärungen. "Vor einem Monat standen noch rund zehn Prozent der erwarteten Erklärungen aus. Es gehen also fortlaufend noch Erklärungen ein", sagte ein Sprecher des Finanzministeriums.

Bundesweit etwa 90 Prozent aller Grundsteuererklärungen abgegeben

Sachsen hat damit eine der besten Abgabe-Quoten in Deutschland. Die Quote liegt in vielen Bundesländern bei mehr als 90 Prozent, in Baden-Württemberg mit rund 86 Prozent etwas darunter. Allein in Nordrhein-Westfalen fehlen nach Angaben der Oberfinanzdirektion noch rund 600.000 Erklärungen, etwas mehr als 90 Prozent gingen bislang ein. In Bayern stehen noch rund 500.000 Erklärungen aus, in Niedersachsen mehr als 200.000, in Berlin rund 90.000, im Saarland etwa 64.000 und in Mecklenburg-Vorpommern noch knapp 25.000.

Die Quoten sind mitunter allerdings schwer zu vergleichen. Hamburg gab sie jüngst beispielsweise mit 100 Prozent an und Mehrfach-Abgaben. Andere Bundesländer sprachen von bereinigten Angaben, wonach mehrfach abgegebene Erklärungen bereits herausgefiltert wurden.

Neue Grundsteuer soll ab 2025 gelten – Hebesätze noch offen

Ursprünglich war als Abgabefrist der Grundsteuererklärung Ende Oktober vergangenen Jahres gesetzt gewesen. Wegen des schleppenden Eingangs wurde die Frist aber bis Ende Januar verlängert – in Bayern bis Ende April.

Von 2025 an soll die neue Grundsteuer-Berechnung gelten. Die Reform geht auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2018 zurück, wonach die bisherige Bemessungsgrundlage in Deutschland verfassungswidrig ist. Bis zuletzt kalkulierten die Finanzämter den Wert einer Immobilie auf Grundlage völlig veralteter Daten – im Westen orientiert am Jahr 1964, im Osten sogar im Jahr 1935.

Für die Berechnung der neuen Grundsteuer müssen bundesweit fast 36 Millionen Grundstücke neu bewertet werden. Das geschieht auf Grundlage von Angaben, die Eigentümer einreichen müssen. Das geht etwa über das Meldeportal Elster, das viele bereits von Steuererklärungen kennen. Die Finanzämter schauen dabei unter anderem auf die Grundstücks- und Haus-Größe, die Anzahl der Wohneinheiten im Haus, Baujahr oder Sanierungs-Status der Gebäude, Lage des Grundstücks sowie den Bodenrichtwert.

Für die Kommunen ist die Grundsteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen. Laut Bundesregierung soll die Grundsteuer insgesamt nicht steigen. Einige Finanzressorts der Länder teilten mit, dass die Steuer für einige Eigentümer sinken oder steigen kann, die Summe insgesamt aber nicht höher ausfallen soll.

In den Ländern wurden bereits Millionen sogenannter Grundsteuerwertbescheide an die Eigentümer verschickt. Für Eigentümer lässt sich daraus jedoch noch nicht schlussfolgern, ob ihre Grundsteuer womöglich sinkt oder steigt, denn die letztlich gezahlten Steuern hängen von den Gemeinden ab. Diese setzen die Grundsteuer mit einem sogenannten Hebesatz fest und bestimmen somit die Höhe der Steuer. Innerhalb Deutschlands kann diese unterschiedlich hoch sein. Um diesen Hebesatz festlegen zu können, benötigen die Gemeinden wiederum die neuen Grundsteuermessbeträge, die die Finanzämter berechnen müssen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 28. Juli 2023 | 09:30 Uhr

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