Symbolisches Ortsausgangsschild mit Aufschrift Aufschrift 5-Tage Woche zu 4 Tage-Woche
Ob die Einführung einer Vier-Tage-Woche den Wohlstand der Deutschen gefährdet, darüber wird kontrovers gestritten. Bildrechte: IMAGO / Beautiful Sports

Faktencheck Gefährdet die Vier-Tage-Woche unseren Wohlstand?

30. Mai 2023, 11:59 Uhr

Nur vier Tage arbeiten bei vollem Lohnausgleich! FDP-Chef Christian Lindner wischt die Diskussion sinngemäß mit der Behauptung weg: Es gefährde den Wohlstand, wenn man weniger als bisher arbeite. Das klingt erstmal logisch, aber stimmt das auch? Zwei Experten-Meinungen zum Thema Vier-Tage-Woche.

Am Thema Vier-Tage-Woche scheiden sich die Geister. Von Gegnerinnen und Befürwortern gibt es Aussagen, die wie unverrückbare Tatsachen klingen und gern benutzt werden, um den eigenen Standpunkt zu untermauern. Die FDP steht der Vier-Tage-Woche bekanntlich kritisch gegenüber. Allen voran Parteichef Christian Lindner. Der sagte jüngst bei einer Veranstaltung: "Unser Land braucht keine Diskussion über die Vier-Tage-Woche. Denn es gibt weltweit und historisch keine Gesellschaft, die ihren Wohlstand dadurch erhalten hat, dass sie weniger arbeitet."

Böckler-Stiftung sieht keine Rezessionsgefahr

Yvonne Lott widerspricht prompt. Das Thema Arbeitszeit ist einer ihrer Schwerpunkte am Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung: "Die Geschichte lehrt uns, dass eine flächendeckende Arbeitszeitverkürzung Deutschland nicht in eine Rezession stürzt."

Ihr Beispiel: Die Einführung der Fünf-Tage-Woche, für die Gewerkschaften nach dem Zweiten Weltkrieg gekämpft haben. Ärmer sei Deutschland dadurch jedenfalls nicht geworden, sagt Lott: "Also ganz im Gegenteil. Wir haben einen enormen Wirtschaftsaufschwung gehabt nach der Nachkriegszeit in den 60er- und 70er-Jahren, und aus der Schule weiß ich, dass die erste wirklich große Wirtschaftskrise die Ölpreiskrise in den 70er-Jahren war. Aber ganz sicher nicht die Arbeitszeitverkürzung auf fünf Tage die Woche."

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Wirtschaftsforscher: Nicht allein Frage des Geldes

Oliver Holtemöller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle hält sich zunächst noch eine Weile am Begriff Wohlstand auf, bevor er die Frage mit "keinem klaren Ja, keinem klaren Nein" beantwortet: "Meint man mit Wohlstand, wie viel Geld wird materiell verdient, dann ist es natürlich so: Wenn ich weniger arbeite, dann wird bei gegebener Produktivität auch erst einmal weniger an materiellem Wohlstand generiert."

Aber, so sagt Holtemöller, sei nun einmal für die Menschen eben nicht nur wichtig, wie viel Geld sie haben: "Sondern Freizeit und andere Themen wie Gesundheit spielen natürlich auch eine große Rolle. Und wenn man die bei Wohlstand mitberücksichtigt, dann mag das schon anders aussehen."

Verweis auf Produktivitätsfortschritt

Zudem verweist Holtemöller auf den Produktivitätsfortschritt. Im Vergleich zum Jahr 1970 in Westdeutschland würden wir heute durchschnittlich 600 Stunden weniger im Jahr arbeiten. In der gleichen Zeit sei das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner aber auf über das Doppelte gestiegen. Sprich: Es gebe eine Reduktion der Arbeitszeit bei steigendem materiellen Wohlstand. Vorsichtig ausgedrückt bewertet der Ökonom die Aussage Lindners daher als: "Zumindest nicht ganz zutreffend."

Holtemöller rechnet sogar noch mit weiteren Produktivitätsfortschritten. Also je nachdem, was die Menschheit noch alles so erfinde, um Arbeitsprozesse noch effizienter zu gestalten. Die Frage laute dann nur: Was will die Gesellschaft damit anfangen? Mehr Freizeit oder noch mehr materiellen Wohlstand? Wenn das die Generationen Y und Z – also die Jahrgänge zwischen 1981 und 2012 – entscheiden, dürfte die Präferenz klar sein: mehr Freizeit.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 30. Mai 2023 | 06:00 Uhr

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