Faktencheck Schiene vor Straße: Wer hat Recht im Streit um den Ausbau der Infrastruktur?
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13. Dezember 2022, 10:13 Uhr
Nachdem Straßen und Schienen jahrelang auf Verschleiß gefahren wurden, soll nun viel Verkehrsinfrastruktur in Deutschland modernisiert werden. Die Grünen wollen dabei das Prinzip "Schiene vor Straße" gelten lassen. Die FDP dagegen plant, die Genehmigungszeit für neue Straßen zu halbieren – und verweist dabei auf den Koalitionsvertrag. Hat sie damit Recht? Was hat die Ampelregierung tatsächlich vereinbart? Ein MDR AKTUELL-Faktencheck.
- FDP und Grüne sind sich einig, dass der Koalitionsvertrag mehr Geld für die Schiene vorsieht als für neue Straßen. Doch im Streit geht es um schnellere Umsetzung von Projekten.
- Die Grünen haben kein Problem mit schneller Modernisierung, wollen aber keine neuen Straßen bauen.
- Der Koalitionsvertrag ist nicht eindeutig – an einer Stelle priorisiert er aber die Schiene.
Mehr Geld für neue Schienen statt neue Straßen – daran hat Bernd Reuther nichts auszusetzen. Das sei klar im Koalitionsvertrag geregelt, sagt der verkehrspolitische Sprecher der FDP. Planungsbeschleunigung aber sei ein anderes Thema und müsse für alle Verkehrsträger gelten. Man könne nicht in gute und schlechte Infrastruktur unterscheiden.
Aus Reuthers Sicht müssen alle Infrastrukturvorhaben schneller geplant werden. Das gelte für die Schiene als auch die Straße und die Wasserstraße: "Ich glaube, man kann den Menschen im Sauerland mit der gesperrten Brücke über die A45 nicht vermitteln, warum es bei ihnen jetzt keine Planungsbeschleunigung gibt und sie weiter unter dem Umleitungsverkehr leiden müssen."
Grüne berufen sich auf Koalitionsvertrag
Um sanierungsbedürftige Infrastruktur gehe es seiner Partei ja auch nicht, sagt Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar. Er leitet in der Bundestagsfraktion die Arbeitsgruppe Mobilität und sagt, die Grünen hätten im Koalitionsvertrag deutlich gemacht, dass der Erhalt der Infrastruktur priorisiert werden solle: "Das gilt sowohl für die Schiene als auch für die Straße. Wir wollen die maroden Brücken insbesondere im Straßenbereich, aber auch im Schienenbereich hier möglichst schnell sanieren."
Das Problem fängt seiner Meinung dort an, wo neu gebaut wird. Beim Neubau gelte das Prinzip "Schiene vor Straße", sagt Gelbhaar: "Beim Schienennetz gibt es viel zu tun, damit der Erhalt gesichert wird. Wir haben noch eklatante Lücken und müssen die Planung beschleunigen – und das vorrangig. Wenn man etwas wirklich beschleunigen will, dann muss man auch die Kraft haben zu priorisieren. Auch der Grünen-Politiker verweist auf den Koalitionsvertrag. Dort sei das Prinzip "Schiene vor Straße" so festgeschrieben.
Wenn man wirklich etwas beschleunigen will, dann muss man auch die Kraft haben zu priorisieren.
Schiene als Priorität, aber Straßen auch
Doch was stimmt nun? Im Koalitionsvertrag gibt es einen Abschnitt zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung. Dort heißt es: "Bei besonders prioritären Vorhaben soll der Bund künftig (...) kurze Fristen zum Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vorsehen. Unter solchen Infrastrukturmaßnahmen verstehen wir systemrelevante Bahnstrecken, Stromtrassen und Ingenieursbauwerke (z. B. kritische Brücken)."
Straßen werden dort nicht explizit genannt. Die Grünen haben also Recht, wenn sie sagen, dass die Schiene im Koalitionsvertrag Priorität vor der Straße hat. Allerdings wird auch an anderer Stelle erwähnt, dass es für alle relevanten Infrastrukturprojekte, also auch Straßen, schnellere Verfahren geben soll. Darauf kann sich die FDP berufen, wenn sie eine schnellere Genehmigung für neue Straßen fordert und auf den Koalitionsvertrag verweist.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 13. Dezember 2022 | 06:00 Uhr
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