Kommentar zu Maaßen CDU muss alle Verbindungen zur Werteunion kappen

30. Januar 2023, 17:55 Uhr

Nach wiederholten antisemitischen und rechtspopulistischen Äußerungen von Ex-Verfassungsschutzpräsident und CDU-Mitglied Hans-Georg Maaßen fragt sich längst nicht nur die Parteispitze: Wie werden wir diesen Mann endlich los? Dass sich eben jener Mann darauf zum Chef des CDU-nahen Vereins Werteunion wählen ließ, sollte der CDU als Anlass genügen, die Werteunion aus ihrem Orbit zu verbannen. Ein Kommentar von MDR-Hauptstadtkorrespondent Torben Lehning.

"Das Maß ist voll", sagt Friedrich Merz und fordert CDU-Parteimitglied Hans-Georg Maaßen dazu auf, die CDU zu verlassen. Der Ex-Verfassungsschutz-Präsident ist nach seinem kurzweiligen Aufstieg als erzkonservative Gallionsfigur und Bundestagskandidat der Südthüringer CDU mittlerweile bei den meisten Parteimitgliedern zur Persona non grata geworden.

Rechte Sprüche und Polemik aus dem Hause Maaßen überraschten in der CDU schon seit Jahren niemanden mehr. Man nahm sie teilweise auch gerne in Kauf und hoffte auf Stimmen vom rechten Rand. Die jüngsten antisemitischen Entgleisungen Maaßens: Ein Interview, in dem er von „rot-grüner Rassenlehre“ schwadronierte, oder ein Tweet, in dem er „treibenden politischen Kräften“ einen „eliminatorischen Rassismus gegen Weiße“ vorwarf, waren der Parteispitze dann aber doch zu viel. Dass sich Maaßen daraufhin von dem parteinahen erzkonservativen Verein Werteunion zum Vorsitzenden wählen ließ, bietet der Union nicht nur die Chance Maaßen aus der Partei zu werfen, sondern auch alle Stränge zur Werteunion zu kappen.

Maaßens Rauswurf ist möglich

Das Konrad-Adenauer-Haus hat Maaßen jetzt ein Ultimatum gesetzt. Wenn dieser bis kommenden Sonntag nicht aus der Partei austritt, strengt die Parteispitze ein Ausschlussverfahren gegen ihn an. Tatsächlich scheint die Causa Maaßen ein ziemlich klarer Fall zu sein. Wenn der aktuelle Verfassungsschutzpräsident Haldenwang seinem Amtsvorgänger Antisemitismus attestiert, ist das nicht nur auf sämtlichen Ebenen ausgesprochen peinlich für die Union, sondern auch ein Argument, dass sich vor parteiinternen- und zivilen Gerichten kaum von der Hand weisen ließe. Laut Parteiengesetz sind Rauswürfe gerechtfertigt, wenn Mitglieder gegen die Satzung der Parteien verstoßen. Antisemitische Hetze dürfte wohl einen solchen Verstoß gegen die CDU-Satzung darstellen.

Die CDU und die Werteunion

Die unionsinterne Diskussion über einen Rauswurf Maaßens kommt später als man sie hätte erwarten dürfen. Knapp ein Prozent aller Unionsmitglieder hat Maaßen zum Vorsitzenden der Werteunion gekürt, nachdem die Parteispitze ihn dazu aufgefordert hatte die Union zu verlassen. Das ist eine Demütigung sondergleichen. Die Ankündigung Maaßens, mehr Mitglieder für die Werteunion gewinnen zu wollen, ist eine Kampfansage, die angesichts seiner Bekanntheit nicht unbedingt zahnlos ist.

Natürlich haben all jene Parteimitglieder recht, die immer wieder betonen, dass die Werteunion organisatorisch nichts mit der CDU zu tun habe. Klar, die Werteunion ist ein eigenständiger Verein, der aber eigenen Angaben zufolge zu 85 Prozent aus CDU-Mitgliedern besteht. Wohlgemerkt sind das Mitglieder, die es als ihre Aufgabe begreifen, wo und wann es nur geht, die Nähe von Rechtspopulistinnen und Rechtspopulisten und der AfD zu suchen und mit ihnen zusammenzuarbeiten.

Dass sich der Ex-Vorsitzende der Werteunion, Max Otte, im vergangenen Jahr von der AfD als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten aufstellen ließ, ist dabei nur ein Beleg von vielen. Otte wurde ein halbes Jahr nach seiner Kandidatur von der CDU ausgeschlossen. Als Rechtfertigungsgrund diente der AfD-Unvereinbarkeitsbeschluss der Partei.

Präsidium handelt konsequent

Es drängt sich die Frage auf, warum es einen solchen Werteunions-Unvereinbarkeitsbeschluss nicht schon längst gibt. Genau diese Frage stellte sich auch das CDU-Präsidium und beschloss diesen Umstand, soweit es in ihrer Macht steht, zu beheben.

Eine Mitgliedschaft in der CDU sei mit einer Mitgliedschaft in der Werteunion unvereinbar heißt es in einem Präsidiumsbeschluss vom Montag. Der Beschluss ist nicht bindend, kommt keinem Unvereinbarkeitsbeschluss eines Parteitages gleich, ist jedoch das schärfte Schwert, dass die Parteispitzen gegen Maaßen und seine Unterstützerinnen und Unterstützer zücken konnte.   

Die Unvereinbarkeit mit der Werteunion festzustellen war konsequent und notwendig.

Das Ende vom Laissez-faire am rechten Rand?

Wohlwissend, dass es auch in der Union einige Parteimitglieder gibt, die mit der AfD liebäugeln und rechtem Gedankengut nicht ganz abgeneigt sind, ließ die Partei den namensverwandten Politik-Verein Werteunion seit seiner Gründung im Jahre 2017 eine lange Zeit recht unbehelligt gewähren. CSU-Landesgruppenchef Dobrindt sprach sich noch 2020 gegen einen Ausschluss des Vereins aus. Die Werteunion sei kein homogener Club, das beste Mittel gegen Radikalisierung sei „Debatten in die Mitte zu holen“. Ein Jahr später empfahl der damalige Wirtschaftspolitiker Merz erstmals CDU-Mitgliedern die Werteunion zu verlassen – nachdem der Ex-Vorsitzende Otte seine Person angegriffen hatte.

Handeln statt hoffen

Fragt man in der Union nach, hört man immer wieder von der Hoffnung, die Werteunion könnte sich von selbst abschaffen und einfach in der Bedeutungslosigkeit versinken. Diese Hoffnung erscheint unbegründet, bedenkt man wie populär Maaßen ist. Die SPD versuchte zehn Jahre lang, ihre rechtspopulistische Altlast in Person von Tilo Sarrazin loszuwerden, und der hatte weniger parteiinterne Unterstützerinnen und Unterstützer.

Mit dem Ultimatum an Maaßen und einem Präsidiumsbeschluss gegen die Werteunion, packt die CDU-Spitze die Gelegenheit beim Schopf. Die CDU nimmt somit Maaßens Vorsitz bei der Werteunion als willkommenen Anlass, das parteinahe Experimentierfeld für AfD-Positionen von sich zu stoßen und zeitgleich Maaßen zu verabschieden. Jedoch braucht es auch noch einen Bundesparteitagsbeschluss der diese Linie mitgeht und mehrheitlich einen Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Werteunion beschließt.

Natürlich sollte sich niemand in der CDU der Illusion hingeben, dass damit die unerwünschten Umarmungen von rechts ein Ende nehmen würden. Der Präsidiumsbeschluss ist aber ein wichtiger und überfälliger Schritt in Richtung Glaubwürdigkeit. Eine Glaubwürdigkeit, die manchen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern der CDU abhandenkommt. Gerade im Osten machen CDU-Mandatsträger immer wieder Politik mit der AfD und anderen Rechtspopulisten. Von Unvereinbarkeitsbeschlüssen will hier häufig niemand etwas gewusst haben.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 30. Januar 2023 | 16:00 Uhr

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