Reaktionen Kritik an Thüringer CDU wegen Umgang mit AfD
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15. September 2023, 21:31 Uhr
Mit den Stimmen von AfD und FDP ist im Landtag in Erfurt ein CDU-Antrag gegen den Willen der rot-rot-grünen Landesregierung beschlossen worden – konkret eine Senkung der Grunderwerbsteuer. Doch darum geht es am Tag danach eigentlich nicht, denn im Vordergrund steht die Kritik an einer Normalisierung der AfD, gerade in Thüringen.
- Göring-Eckardt kritisiert offene Kooperation
- SPD spricht von "historischem Versagen" der CDU
- Linke warnt vor Faschismus - Bundes-FDP auf Distanz
- Die CDU verteidigt ihr Vorgehen im Landtag
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat der CDU einen irrlichternden Umgang mit der AfD vorgeworfen. Die SPD-Politikerin sagte mit Blick auf die Landtagsentscheidung in Thüringen, die CDU reiße die Brandmauer nach rechts außen ein. Der gemeinsame Beschluss mit der AfD unter Björn Höcke sei ein gefährlicher Beitrag zur Normalisierung von Rechtsextremen.
Ähnlich hatten sich die Thüringer Landtags-Fraktionschefs von SPD und Linken, Matthias Hey und Steffen Dittes, bei MDR AKTUELL geäußert. CDU-Landeschef Mario Voigt sagte dagegen, gute Dinge könne man nicht zurückhalten, nur weil die Falschen zustimmten.
Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt warf der CDU jedoch vor, nunmehr offen mit der AfD zu kooperieren. Im rbb24 Inforadio sprach sie von einem absehbaren und durchaus abgesprochenen Tabubruch.
Von der CDU forderte die Grünen-Politikerin, die aus Friedrichroda in Thüringen stammt, zu überlegen, welche Partei sie künftig sein wolle, eine CDU, "der das dann eben egal ist" oder doch lieber eine, die im Schulterschluss der Demokraten im Zweifel über ein Vorhaben "eben nochmal und nochmal und nochmal diskutieren" würde.
Göring-Eckardt kritisierte dabei auch das Verhalten der FDP in Thüringen und kündigte an, mit FDP-Bundestagsfraktionschef Christian Dürr und FDP-Bundestagsvize Wolfgang Kubicki darüber noch einmal sprechen zu wollen.
SPD spricht von "historischem Versagen"
Auch von der SPD kamen scharfe Worte: "Die CDU in Thüringen hat gestern mit der Höcke-AfD gemeinsame Sache gemacht", hieß es in einer Erklärung des Parteivorstands in Berlin. SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast warf der CDU im "Spiegel" vor, "von Anfang an mit Stimmen der AfD geplant" zu haben. Das sei "ein historisches Versagen der CDU", wird sie zitiert.
Auch die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Britta Haßelmann, sprach von einer "Normalisierung" der AfD. Grünen-Parteichefin Ricarda Lang forderte von CDU-Chef Friedrich Merz hier Klarheit: "Unsere Demokratie braucht eine stabile konservative Kraft, die klar steht", wenn es um Rechtsextreme gehe.
Kritik übte auch Linke-Bundeschefin Janine Wissler: Die "Brandmauer" der CDU nach rechts sei "ein Vorhang", schrieb sie auf X und dort auch: "Die Thüringen-CDU hat mit der Partei des Faschisten Höcke ein Steuergesetz durchgesetzt, das vorrangig den Reicheren nutzt." Und der dpa sagte sie: "Der deutsche Konservatismus war schon mal Steigbügelhalter des Faschismus. Auch damals begann es in Thüringen. Statt daraus gelernt zu haben, geht die CDU einen brandgefährlichen Weg."
Im Thüringer Landtag war am Donnerstagabend eine Senkung der Grunderwerbssteuer beschlossen worden, mit den Stimmen von CDU, AfD und FDP. Gegen den CDU-Antrag stimmten die Regierungsfraktionen von Linken, Grünen und SPD, denen jedoch vier Stimmen zu einer Mehrheit fehlen. Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) warf der CDU danach einen "Pakt mit dem Teufel" vor. Der AfD-Landesverband Thüringen wird vom Verfassungsschutz des Landes als "gesichert rechtsextrem" eingestuft.
FDP-Bundespolitik auf Distanz
Aus der FDP kommt Kritik am Vorgehen der Liberalen in Thüringen. Es gebe dafür keine Unterstützung der Bundespartei, sagte Vorstandsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann dem "Spiegel". Sie erinnerte an die umstrittene Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich 2020, der in Erfurt mit Stimmen von CDU und AfD zum Ministerpräsidenten gewählt worden war, kurze Zeit später aber auf Druck auch der Bundes-FDP wieder zurücktrat.
FDP-Chef Christian Lindner sieht Verantwortung bei der CDU. "Es war ein Antrag der CDU-Landtagsfraktion", sagte er der "Augsburger Allgemeinen". Darum sei "das jetzt die Verantwortung der CDU" und "kein gutes Signal".
CDU verteidigt ihr Vorgehen
CDU-Landespartei- und Fraktionschef Mario Voigt warf der rot-rot-grünen Koalition Thüringen hier Parteitaktik vor und versicherte der dpa in Erfurt: "Es gab vorher keine Gesprächsangebote", an die AfD.
Brandenburgs CDU-Landes- und Fraktionschef Jan Redmann hält die Kritik an der Durchsetzung eines CDU-Gesetzentwurfs nicht für gerechtfertigt. Die Aufregung sei "ziemlich scheinheilig", schrieb Redmann auf X. Schließlich habe die rot-rot-grüne Koalition in Thüringen auch die Kommunalordnung nur mit AfD-Stimmen ändern können.
Dagegen forderte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident und CDU-Landeschef Daniel Günther eine konsequente Haltung. "Ein wie auch immer geartetes Zusammenwirken mit der AfD ist ausgeschlossen", sagte er: "Das gilt auch für eigene Initiativen, die absehbar nur mit Hilfe dieser Partei Aussicht auf Erfolg haben."
dpa, AFP, MDR (ksc)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 15. September 2023 | 10:00 Uhr