(L-R) u.a. FDP-Chef Christian Lindner, CDU-Chef Friedrich Merz, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)
Für den anstehenden Bundestagswahlkampf hat SPD-Generalsekretär Matthias Miersch ein Fairness-Abkommen zwischen den Parteien vorgeschlagen. Bildrechte: picture alliance / dts-Agentur

Bundestagswahl Experte sieht fairen Wahlkampf vor allem durch Social Media gefährdet

21. November 2024, 15:18 Uhr

Ein Bundestagswahlkampf ist traditionell nichts für schwache Nerven. Die Parteien sind nicht zimperlich, wenn es um Regierungsmacht geht. Zuletzt hatten Gerüchte über eine SPD-Kampagne gegen CDU-Spitzenkandidat Friedrich Merz die Runde gemacht. Da sei nichts dran, sagt Generalsekretär Matthias Miersch, der sich für ein Fairness-Abkommen einsetzt.

Quellen prüfen, keine Falschmeldungen für den eigenen Wahlkampf nutzen, gemeinsame Regeln für den Umgang mit künstlicher Intelligenz und Deepfakes – was SPD-Generalsekretär Matthias Miersch vorschwebt, ist eine ähnliche Regelung, wie sie die Parteien vor den Landtags- und Europawahlen in diesem Jahr gefunden hatten.

Zustimmung für Fairness-Abkommen bei FDP und Grünen

Beim ehemaligen Ampel-Koalitionspartner FDP trifft der Vorstoß auf Zustimmung. Auf Anfrage von MDR AKTUELL antwortet Generalsekretär Bijan Djir-Sarai schriftlich, gerade in Zeiten, in denen in- und ausländische Akteure zunehmend Fehlinformationen und Hetze streuten, um der Demokratie zu schaden, sei eine anständige Diskussionskultur wichtig. Die FDP stehe für einen fairen Wahlkampf, in dem die Parteien im politischen Diskurs sachlich um die besten Lösungen für das Land streiten.

Zustimmung gibt es auch bei Sachsens Grünen, die im Freistaat stark polarisieren und mit Anfeindungen zu kämpfen haben. Landeschefin Christin Furtenbacher verweist darauf, dass sich die Grünen im Landtagswahlkampf in Sachsen selbst zu Fairness, zu Anstand, zu einer faktenbasierten Argumentation verpflichtet hätten. Sie stünden da natürlich immer zur Verfügung. Furtenbacher beklagte, dass traurig sei, dass man in diesen Zeiten "Selbstverständlichkeiten, die eigentlich gelten sollten", noch mal verbindlichen klären und vereinbaren müsse.

"Übereinkunft vom guten Willen der Parteien abhängig"

Geklärt und vereinbart wurde das bislang aber zwischen den, wie es im Text zu den Landtags- und Europawahlen vom Mai dieses Jahres heißt, "demokratischen Parteien" – ohne und auch explizit gegen die AfD. Unter anderem auch deswegen hält Dennis Steffan ein solches Abkommen für schwer umsetzbar.

Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen mit Video
Was nun? Nach den geplatzten Sondierungen sind in Sachsen fast so viele MDRfragt-Mitglieder für Neuwahlen - wie für eine Minderheitsregierung. Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael

Der Professor für politische Kommunikation an der Freien Universität Berlin betont, dass die Übereinkunft vom guten Willen der Parteien abhängt: Es sei schwierig, weil die Parteien sich "natürlich von anderen politischen Parteien abheben müssen und insbesondere Parteien wie die AfD sich möglicherweise nicht daran halten". Die AfD wolle sich durch ihren schrillen Auftritt, durch die Negativität, die sie hervorrufe, von den anderen Parteien distanzieren und hervorheben.

Im Netz dominiert Strategie der Negativität

Das beschränkt sich laut Steffan aber nicht auf die AfD, sondern sei ein generelles Phänomen des Online-Wahlkampfes. Während die Parteien im klassisch-analogen Wahlkampf der breiten Masse das eigene Programm, die Standpunkte und Kandidaten bekannt machen wollten, sehe man im Netz andere Strategien, sagt Steffan: "Nämlich vor allem das Thema Negativität, die den Zweck hat, die eigenen Anhängerinnen und Anhänger zu mobilisieren. Dass man Likes generiert, dass die Inhalte geteilt werden."

Diese Negativität sei nicht nur ein wichtiger Nachrichtenfaktor im Journalismus. Auch die Algorithmen der Social Media Plattformen förderten die Verbreitung von negativen Inhalten – laut Steffan ein wesentlicher Grund, warum die AfD dort so erfolgreich ist.

AfD lehnt Kodex für Wahlkampf ab

Und was hält die Partei selbst von einem Fairness-Abkommen? Auf Anfrage erklärt die AfD, sie stehe für einen fairen und konsequenten politischen Wahlkampf. Einen Kodex, wie vor den Wahlen in diesem Jahr lehnt die Partei aber ab. Die AfD sieht sich darin als antidemokratische Kraft verleumdet und als politischer Wettbewerber diskriminiert.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 21. November 2024 | 06:11 Uhr

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