Bundestagswahl Reichinnek, TikTok und "Silberlocken": Wie die Linke bei jungen Menschen punkten konnte
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25. Februar 2025, 07:49 Uhr
Die Linke ist als Gewinnerin aus der Wahl gegangen: 8,8 Prozent und 64 Sitze. Vor allem junge Wählerinnen und Wähler haben für die Linke gestimmt. Dabei sollte vor allem eine Kampagne der schon etwas älteren "Silberlocken" Gysi, Ramelow und Bartsch den Einzug der Partei in den Bundestag absichern. Wie konnte die Linke so viele junge Menschen für sich gewinnen?
- Neben den "Silberlocken" haben den Wahlkampf der Linken auch zwei junge Frauen angeführt: Ines Schwerdtner und Heidi Reichinnek.
- Linken-Politikerin Reichinnek zeigte sich präsent in den sozialen Medien wie Instagram und Tiktok.
- Auch die Abspaltung vom BSW hat der Linken einem Politikwissenschaftler zufolge gut getan.
Auf 212 Jahre kommen die drei sogenannten Silberlocken der Linken, Bodo Ramelow, Gregor Gysi und Dietmar Bartsch zusammen. Geballte Lebens- und Parteierfahrung also – aber holt das die jungen Leute ab?
Jannik Starcke, Mitglied des Bundessprecher:innenrats der Linksjugend solid, schätzt es so ein: "Wir hatten ja natürlich die drei Silberlocken im Vordergrund, aber auch mit unserer Parteivorsitzenden Ines Schwerdtner und unserer Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek zwei junge Frauen, die im Fokus standen. Und das spricht denke ich vor allem junge Wählerinnen an."
Reichinnek präsent auf Social Media
Benjamin Höhne, Politikwissenschaftler an der TU Chemnitz, sagte, im Wahlkampf habe vor allem Reichinnek soziale Medien wie Instagram, Youtube oder Tiktok relativ erfolgreich bespielt. "Das macht natürlich immer etwas aus, wenn man als Partei dorthin geht, wo sich die jungen Menschen aufhalten."
Die Linkspartei hat in den vergangenen Wochen einen enormen Mitgliederzuwachs verzeichnet. Seit Jahresbeginn sind knapp 23.500 Personen eingetreten, vor allem in großen Städten. Dadurch habe sich die Partei verjüngt, sagt Höhne.
Mitgliederzuwachs der Linken
Die Linke hat 81.000 Mitglieder, das ist die höchste Zahl seit der Gründung 2007. Seit der umstrittenen gemeinsamen Abstimmung von Union, FDP und AfD am 29. Januar seien 17.470 neue Mitglieder dazu gekommen, sagte ein Parteisprecher der Nachrichtenagentur dpa. Seit Jahresbeginn seien es knapp 23.500 neue Mitglieder gewesen.
Abspaltung vom BSW "ein Befreiungsschlag"
Auch in der Abspaltung des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) von der Linken sieht Höhne einen Faktor. "Wenn Angst vor Migration geschürt wird, wenn man nichts anfangen kann mit einer gendersensiblen Sprache, gendergerechter Sprache, wenn man auch das Umweltthema – Klima, Umweltschutz – nur so halbherzig angeht: Das sind alles Punkte, die begeistern junge Leute nicht, die jetzt zur Linkspartei gegangen sind", meint Höhne. "Das ist ein Stück weit raus durch den Abgang von Sahra Wagenknecht und ihren Getreuen."
Pascal Meiser, der einen Berliner Wahlkreis für die Linke gewonnen hat, stimmt dem Politikwissenschaftler darin zu – unter dem Strich sei die BSW-Abspaltung ein Befreiungsschlag gewesen, der seine Partei wieder attraktiver gemacht habe. Zum Erfolg bei der jungen Wählergruppe sagt Meiser: "Mein Eindruck ist, dass es viele junge Menschen gibt, die sich große Sorgen um die Zukunft machen."
Sie seien sehr unzufrieden, wie die Ampelregierung Zukunftsfragen wie Wohnen, aber auch soziale Sicherheit behandelt hatte. Die jungen Menschen hätten dann Alternative gesucht. "Aber eine Alternative, die wirklich solidarische Lösungen vorschlägt und nicht diese Entsolidarisierung der extremen Rechten mit betreibt. Und ich glaube, da waren wir ein gutes Angebot", erklärt Meiser.
Hohe Mieten – früher wie heute ein Thema
Im Grunde konnte die Linke also mit ihren Standardthemen punkten – das sei es eben, was junge Leute zurzeit beschäftigt, sagt Jannik Starcke von der Linksjugend. "Spätestens wenn man nach der Schule auszieht zum Studium oder zur Ausbildung, dann hat man einfach das Problem, in Großstädte zu ziehen. Das ist eine unfassbare Herausforderung, weil man einfach keine Wohnung findet und weil sie einfach unfassbar teuer sind. Viele, viele Studierende, viele Auszubildende leben in Armut."
Diese Themenschwerpunkte und das diverse Personal machen die Linke aus der Sicht von Meiser und Starcke zu einer Partei für junge Menschen. Und die werden im nächsten Bundestag auch eine Stimme haben: 64 Abgeordnete stellt die Linke insgesamt, vier davon kommen direkt aus der Jugendorganisation der Partei.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 25. Februar 2025 | 06:19 Uhr