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Wahlnachlese Der Tag danach: Das sagen Sachsens Parteien zum Ausgang der Bundestagswahl
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24. Februar 2025, 19:36 Uhr
Am Tag nach der Wahl analysieren auch die Parteien in Sachsen die Ergebnisse. Als stärkste Kraft im Freistaat ist die AfD hervorgegangen. 14 Abgeordnete ihrer Partei werden Sachsen künftig vertreten. Von der CDU ziehen sieben Abgeordnete über die Landesliste der Partei in den neuen Bundestag ein. Die AfD-Wahlerfolge haben die Debatte um die Brandmauer gegen die als gesichert rechtsextremistische eingestufte Partei neu entfacht.
- Die AfD in Sachsen hat auch in den Großstädten Erfolge eingefahren und spricht von einem Riesenschritt nach vorn.
- Sachsens CDU bekräftigt das Nein zu Kooperationen mit der AfD und spricht sich für Verhandlungen mit der SPD aus.
- Die sächsische SPD hat das historisch schlechte Wahlergebnis als Warnschuss verstanden.
Am Tag nach der Bundestagswahl gibt sich Sachsens AfD-Landesvorsitzender Jörg Urban zufrieden. Die Sachsen hätten sich klar für die AfD entschieden, sagte er am Montagvormittag auf einer Pressekonferenz in Dresden. "Wir haben alle Wahlkreise gewonnen, bis auf den Leipziger Süden. Und wir haben die Großstädte gewonnen. Das ist für uns ein Riesenschritt nach vorn, dass wir in den Großstädten stärkste Kraft werden können", sagte Urban am Montag in Dresden.
Die Zweitstimmenbilanz in Sachsen (zum Ausklappen)
In Sachsen erreicht die AfD bei den Zweitstimmen 37,3 Prozent vor der CDU mit 19,7 Prozent. Die Linke wird mit 11,3 Prozent drittstärkste Kraft vor dem BSW, das 9,0 Prozent erhält. Die SPD kommt sachsenweit auf 8,5 Prozent, die Grünen auf 6,5 Prozent. Auf die sonstige Parteien entfallen 7,7 Prozent.
Sächsische AfD drängt auf Abriss der Brandmauer
Die sächsische AfD drängt nach ihrem Erfolg im Freistaat weiter auf den Abriss der Brandmauer. Es gehe nicht darum, dass sich die AfD für die CDU hübsch machen müsse, stellte AfD-Parteichef Jörg Urban selbstbewusst klar. "Die CDU muss endlich wieder eine konservative Partei werden, damit sie überhaupt koalitionsfähig ist mit uns." Man sei nun fast doppelt so stark wie die CDU, die müsse an sich arbeiten.
AfD: CDU klebt am rot-grünen Lager
Urban warf der CDU-Spitze vor, am rot-grünen Lager zu kleben. Die Basis der Union ticke schon anders und müsse ihrer Führung klarmachen, dass es so nicht weitergehe. "Die Menschen wünschen sich mehr und mehr eine drastische politische Veränderung in Deutschland." Die CDU könne diesen Wunsch nach Veränderung nicht mehr bedienen. Die AfD hat in Sachsen 37,3 Prozent der Zweitstimmen erreicht und die CDU (19,7 Prozent) klar distanziert.
Kretschmer zu Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer fordert, dass die Union "mit Demut und Verantwortung" in die Verhandlungen mit der SPD gehen sollte. "Ich finde, das Wichtigste ist, dass wir miteinander auf Augenhöhe in ein Gespräch kommen", sagt der CDU-Politiker am Montag.
CDU-Generalsekretär Tom Unger bezeichnete die Wahlergebnisse für die CDU als vielschichtig. Er sagte auch, dass das Wahlergebnis in Sachsen nicht zufriedenstellend ist: "Wir haben keine Direktmandate gewonnen und sind mit der Zweitstimme auch klar hinter der AfD".
CDU schließt Kooperation mit AfD weiter kategorisch aus
Unger schloss eine Zusammenarbeit mit der AfD weiterhin kategorisch aus. "Die AfD hat zum Ziel, die CDU zu zerstören und zu vernichten. Wir stehen als Partei Konrad Adenauers und Helmut Kohls für die Westbindung, für die Nato-Mitgliedschaft, für die europäische Idee, für die Europäische Union. Das sind alles Punkte, die die AfD ablehnt, und das ist mit der Kern-DNA der Union nicht vereinbar."
Wir haben keine Direktmandate gewonnen und sind mit der Zweitstimme auch klar hinter der AfD.
SPD Sachsen nach Wahlschlappe: "Ein unheimlich bitterer Tag für uns"
Die SPD Sachsen hat das historisch schlechte Wahlergebnis der Bundestagswahl als deutlichen Warnschuss verstanden. Die Co-Vorsitzende der SPD Sachsen, Kathrin Michel, sprach von einem "unheimlich bitteren Tag für uns als Sozialdemokraten". Sie betonte, dass es sich um das schlechteste Wahlergebnis der Partei überhaupt handle: "Da kann man kein gutes Gefühl haben."
Nun gelte es, das Ergebnis in Ruhe zu analysieren. Gleichzeitig zeige sich, dass eine Regierungsbildung in einer Zweierkoalition wohl nur mit CDU und SPD möglich sei. Michel äußerte jedoch Zweifel an einer solchen Zusammenarbeit: "Mir fehlt aktuell die Fantasie, wie man aufgrund der fachlichen Entfernung zur Merz-CDU zusammenarbeiten kann." Dennoch sei es wichtig, rasch eine stabile Regierung zu bilden, dafür stünde man bereit. "Es ist kein Selbstläufer, und wir müssen ganz genau schauen und überlegen."
Michel wies zudem darauf hin, dass nicht allein Bundeskanzler Olaf Scholz für die Wahlniederlage verantwortlich gemacht werden könne: "Dass Olaf Scholz das Problem ist, das greift zu kurz. Das ist zu einfach, es einer Person zuzuordnen." Vielmehr habe die gesamte Partei das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler verloren. "Wir müssen alle Verantwortung übernehmen und uns anders und besser aufstellen. Personell und inhaltlich", forderte Michel.
Ich mache aus meinem Herzen keine Mördergrube. Das war gestern nicht nur für uns in Sachsen, sondern für die SPD ein sehr sehr bitterer Abend, den wir noch lange nicht verkraftet haben.
Linke und SPD wollen CDU beim Wort nehmen
Linke und Sozialdemokraten wollten an der bislang auch von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) vertretenen Abgrenzung zur AfD nicht zweifeln. "Wir nehmen den Ministerpräsidenten noch beim Wort, und sollten wir merken, dass das nicht mehr gilt oder dass sich in der Zukunft in dieser Politik was ändern wird, werden wir entsprechend darauf reagieren", sagte Linke-Parteichefin Susanne Schaper.
In Bezug auf die Wahlergebnisse der Linken äußerte sie Dankbarkeit: "Wir haben ein hervorragendes Ergebnis eingefahren", so Schaper.
Grünen-Landeschefin Marie Müser nach Bundestagswahl: "Wir müssen ins Handeln kommen"
Die sächsische Landesvorsitzende der Grünen, Marie Müser, zieht eine gemischte Bilanz. "Wir gratulieren dem Wahlsieger Friedrich Merz und der CDU. Wir müssen sagen und anerkennen, dass die Ampel abgewählt ist", erklärte Müser. Dennoch sieht sie die Grünen in einer vergleichsweise stabilen Position: "Wir sind die einzige der Ampelparteien, die halbwegs stabil geblieben ist. Trotzdem können wir nicht mit dem Ergebnis zufrieden sein."
Trotz der Verluste auf Bundesebene verweist die Grünen-Politikerin auf positive Entwicklungen in Sachsen. "In Sachsen haben wir im Vergleich mit der Landtagswahl Stimmen hinzugewonnen. Darauf sind wir stolz." Und auch wenn die Grünen in den ländlichen Regionen Sachsens kaum gewählt werden, habe man auch hier leichte Zugewinne, freut sich die Landesvorsitzende.
Müser kündigte an, dass sich ihre Partei auf eine Rolle in der Opposition vorbereitet: "Wir Grüne stehen bereit für eine konstruktive Arbeit in der Opposition. Wir müssen ins Handeln kommen." Angesichts großer Herausforderungen, insbesondere in der Klimapolitik und im Umgang mit dem Ukraine-Krieg, sei entschlossenes politisches Handeln gefragt.
Grüne zum Umgang der CDU mit der AfD
"Die CDU wäre gut beraten, die Brandmauer gegen die AfD im Bund und in Sachsen wieder aufzubauen", forderte Müser auf Nachfrage. In den vergangenen Jahren sei viel Vertrauen verloren gegangen, insbesondere durch die Zusammenarbeit von CDU-Vertretern mit der AfD auf Landesebene, aber auch im Bund. "Wir haben gesehen, dass es gefährlich ist, diese Partei in politische Prozesse einzubinden. Die CDU muss da klar und standhaft bleiben."
BSW will sich auf Landesarbeit konzentrieren
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Sachsen sieht durch das Scheitern bei der Bundestagswahl keine gravierenden Auswirkungen auf die Arbeit des sächsischen Landesverbandes. Man habe einen eigenen Landesvorstand, eine eigene Satzung und sei wirtschaftlich selbstständig, sagte Vize-Parteichef Ronny Kupke. "Ich glaube nicht, dass es das Ende des BSW ist."
Die Partei werde gebraucht, auch wenn es jetzt nicht für die Bundestagswahl gereicht habe. Es stünden weiterhin Landtagswahlen an, so Kupke und es gebe drei Landtage, in denen das BSW vertreten sei. "Wir fangen jetzt erst an", so der Vize-Parteichef.
Die sächsische FDP bezeichnete das Wahlergebnis als "extrem enttäuschend". Auch bei Zielgruppen wie jungen Menschen und Selbstständigen habe die Partei nicht überzeugen können, sagte Philipp Hartewig, Generalsekretär der FDP in Sachsen, am Montag.
MDR (sme/ben)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 24. Februar 2025 | 19:00 Uhr