Knapp gescheitert BSW fehlen 13.435 Stimmen für den Bundestag – Zweifel an Wahlergebnis
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24. Februar 2025, 21:12 Uhr
Dem Bündnis Sahra Wagenknecht haben etwa 13.400 Stimmen für einen Einzug in den Bundestag gefehlt. Nun will die Partei eine Wahlanfechtung prüfen. Ein Staatsrechtler sieht dafür eher geringe Erfolgschancen.
- BSW will eine Anfechtung des Wahlergebnisses prüfen
- Staatsrechtler sieht eher geringe Erfolgschancen
- Auch De Masi hatte Gültigkeit von Wahlergebnis angezweifelt
- BSW mobilisierte vor allem viele Nichtwähler
- Linke hält BSW für Übergangserscheinung
Nach dem knappen Scheitern bei der Bundestagswahl erwägt das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) eine rechtliche Überprüfung des Ergebnisses. Das kündigten die Vorsitzenden Sahra Wagenknecht und Amira Mohamed Ali in Berlin an. Eine mögliche rechtliche Handhabe sieht die Parteispitze, weil von den 230.000 registrierten Wahlberechtigten im Ausland wegen kurzer Fristen viele ihre Stimme nicht hätten abgeben können.
Wagenknecht erklärte, es sei nicht von der Hand zu weisen, dass der Einzug in den Bundestag bei einer flächendeckenden Wahl der Auslandsdeutschen möglich gewesen wäre. Es stelle sich die Frage nach dem rechtlichen Bestand des Ergebnisses.
Staatsrechtler: Nachweis ist schwierig
Staatsrechtler Ulrich Battis zeigte sich derweil skeptisch, ob eine mögliche Klage des BSW gegen das Bundestagswahlergebnis vor dem Bundesverfassungsericht Erfolg haben könnte. Battis sagte MDR AKTUELL, bei einer Klage müsste nachgewiesen werden, dass das Wahlergebnis des BSW anders ausgefallen wäre und die Partei die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen hätte. Dieser Nachweis sei schwierig.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht war der Bundestagswahl an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert – mit 4,972 Prozent verpasste die noch junge Partei den Einzug in den Bundestag sehr knapp. Zwischenergebnissen zufolge fehlten dem BSW lediglich 13.435 Stimmen. Für das BSW wäre der Einzug in den Bundestag wichtig gewesen, auch weil seine Gründerin Sahra Wagenknecht selbst wenige Wochen vor der Wahl ihr politisches Schicksal an den Einzug in den Bundestag geknüpft hatte.
Wagenknecht: "Nicht das Ende"
Noch am Wahlabend war von Wagenknecht über einen Rückzug jedoch nicht mehr die Rede. Vor ihren Anhängern sagte sie in Berlin, wenn es nicht reiche, sei das eine Niederlage: "Aber es ist nicht das Ende des BSW."
Ähnlich äußerte sich Co-Parteichefin Amira Mohamed Ali. Beim Sender Phoenix sagte sie: "Das BSW ist gekommen, um zu bleiben, und wir werden in jedem Fall weiter machen und weiter kämpfen."
Das BSW ist gekommen, um zu bleiben.
Am Montag stellte Wagenknecht dann klar, dass ihre Partei sich als neue politische Kraft etablieren und spätestens 2029 in den Bundestag einziehen wolle. Für das Ergebnis jetzt machte sie bürokratische Hürden, die Migrationsdebatte im Wahlkampf und Enttäuschung über die BSW-Beteiligungen an den Landesregierungen in Thüringen und Brandenburg verantwortlich, zudem eine "mediale Negativ-Kampagne", in der das BSW "systematisch niedergeschrieben" und das "Zerrbild einer angeblichen Pro-Putin-Partei" gezeichnet worden sei. Auch gegen Umfrage-Institute erhob Wagenknecht heftige Vorwürfe.
Thüringens BSW-Chefin Katja Wolf zeigte sich zuversichtlich. Sie sagte bei MDR AKTUELL, das BSW sei erst vor einem Jahr gegründet worden und es eigentlich nicht überraschend, nicht sofort in den Bundestag zu kommen.
Das BSW werde allerdings einen Plan entwickeln, um es in vier Jahren zu schaffen, sagte Wolf. Sahra Wagenknecht müsse jetzt auch die Chance bekommen, Luft zu holen und gegebenenfalls ihre Rolle neu zu definieren.
Auch De Masi äußert Zweifel am Wahlergebnis
Der BSW-Politiker Fabio De Masi hatte zuvor bereits davon gesprochen, dass die Verfassungsmäßigkeit der vorgezogenen Bundestagswahl wegen des knappen Ausgangs nicht gewährleistet gewesen sein könnte. "Ich fürchte, diese Wahl wird noch Karlsruhe beschäftigen", schrieb er noch in der Nacht auf X.
BSW mobilisierte viele Nichtwähler
Laut infratest dimap haben vor allem bisherige Nichtwähler dem BSW ihre Stimmen gegeben haben, insgesamt rund 400.000, während von der SPD gut 440.000 Stimmen kamen, von der Linken rund 350.000 und etwa 260.000 von der FDP. Die Union verlor demnach rund 220.000 Wähler an das BSW, von den Grünen kamen etwa 150.000 und von der AfD gut 60.000 Stimmen.
Um die Stimmengewinne einzelner Parteien in der folgenden Grafik anzuzeigen, muss die entsprechende Partei ausgewählt werden:
Van Aken: BSW nur Übergangserscheinung
Linke-Chef Jan van Aken hält das BSW indes für eine Übergangserscheinung. Er sagte im ARD-"Morgenmagazin", er glaube, "das wird ein Phänomen wie die Piratenpartei. Die werden wir in zwei, drei Jahren nicht mehr erinnern, aber das müssen wir mal abwarten." Schadenfreude empfinde er nach der BSW-Abspaltung von der Linken und deren Wahlerfolg jetzt aber nicht. Gefragt, ob die Linke das BSW bald auch wieder absorbieren könne, sagte van Aken: "Das schauen wir mal. Da haben wir noch gar nicht darüber nachgedacht."
MDR AKTUELL (ksc)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 24. Februar 2025 | 11:00 Uhr