Einbürgerung Bundestag beschließt Reform des Staatsangehörigkeitsrechts
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19. Januar 2024, 20:58 Uhr
Der Bundestag hat am Freitag eine Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts beschlossen. In namentlicher Abstimmung votierte eine Mehrheit der Abgeordneten für die Reform. Einbürgerungen sind damit schon nach fünf statt bislang acht Jahren möglich. Für Menschen, die auf staatliche Hilfe angewiesen sind, wird der Zugang dagegen erschwert.
- Bundestag ändert Regeln für Einbürgerung
- Verschärfungen für Sozialleistungsempfänger
- Kritik an der Reform
- 2022 mehr Einbürgerungen
Der Bundestag hat am Freitag eine Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts beschlossen. In namentlicher Abstimmung votierte eine Mehrheit der Abgeordneten für die Reform. Unter den 639 abgegebenen Stimmen waren 382 Ja-Stimmen und 234 Nein-Stimmen, bei 23 Enthaltungen. Bei der Abstimmung in zweiter Lesung hatten zuvor die Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP für die Neuerungen gestimmt und CDU/CSU und AfD dagegen. Die fraktionslosen Abgeordneten, von denen die meisten der Linken oder dem Bündnis Sahra Wagenknecht angehören, enthielten sich.
Bundestag ändert Regeln für Einbürgerung
Einbürgerungen sind damit schon nach fünf statt bislang acht Jahren möglich, beim Nachweis besonderer Integrationsleistungen wie Sprachkenntnissen nach drei statt bislang sechs Jahren. Das können besonders gute Leistungen in Schule oder Beruf oder bürgerschaftliches Engagement sein. Weitere Erleichterungen gibt es für die Gastarbeitergeneration, was die Voraussetzungen für den deutschen Pass angeht. Kinder ausländischer Eltern bekommen künftig mit der Geburt die deutsche Staatsbürgerschaft, wenn ein Elternteil hierzulande seit fünf Jahren rechtmäßig wohnt und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt – bisher war das erst nach acht Jahren der Fall. Zudem können Menschen, die Deutsche werden, ihre bisherige Staatsbürgerschaft in Zukunft behalten. Das geht bisher auch schon, zum Beispiel bei Bürgern anderer EU-Staaten.
Verschärfungen für Sozialleistungsempfänger
Für Menschen, die Sozialleistungen beziehen, werden die Regeln dagegen verschärft. Bislang gilt im Gesetz, dass Menschen, die den Bezug von Sozialleistungen nicht selbst zu verantworten haben, eingebürgert werden können. Dieser Passus entfällt. Für diese Menschen soll künftig allein die Härtefallregelung gelten. Die Bundesregierung soll dazu Auslegungshinweise an die Behörden geben. Demnach sollen Rentnerinnen und Rentner, Menschen mit einer Krankheit oder Behinderung, Alleinerziehende, pflegende Angehörige sowie Schüler, Studierende und Auszubildende von der Härtefallregelung erfasst werden. Einen Rechtsanspruch gibt es für diese Gruppen dann aber nicht mehr.
Bekenntnis zur historischen Verantwortung Deutschlands
Zu den Voraussetzungen für eine Einbürgerung zählt durch die Änderung künftig auch ein Bekenntnis "zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihre Folgen". Dieser Passus wurde vor dem Hintergrund der Diskussion über antisemitische Vorfälle bei Demonstrationen zum Nahost-Konflikt ergänzt.
Personen, die durch Rassismus, Antisemitismus oder Fremdenfeindlichkeit aktenkundig sind, sollen nicht eingebürgert werden dürfen. Voraussetzung für den Erhalt der Staatsbürgerschaft bleiben Nachweise für Integration und Deutschkenntnisse. Zudem muss der eigene Lebensunterhalt und der von unterhaltsberechtigten Familienangehörigen selbst bestritten werden können. Ausnahmen davon sollen für die sogenannten Gastarbeiter und Vertragsarbeitnehmer gelten, die bis 1974 in die Bundesrepublik beziehungsweise bis 1990 in die ehemalige DDR eingewandert sind.
Gesetzentwurf von Bundesinnenministerin Faeser
Mit dem Gesetzentwurf von Bundesinnenministerin Nancy Faeser befasste sich der Bundestag erstmals Ende November, nun stand die abschließende Abstimmung an. Faeser hatte den Entwurf vorab als Schritt "zu einem modernen und zu den Anforderungen der jetzigen Zeit passenden Staatsangehörigkeitsrecht" verteidigt. Es brauche eine Wertschätzung für die Menschen, "die hier ins Land kommen und mit dazu beitragen, dass die Gesellschaft funktioniert", hatte die SPD-Politikerin betont. Zudem gehe es auch darum, im Wettbewerb mit Staaten wie den USA und Kanada qualifizierte Fachkräfte nach Deutschland zu locken.
Kritik an der Reform
Scharfe Kritik an der Reform äußerte in der dazugehörigen Bundestagsdebatte die Union. Es sei das Gesetz "mit den weitreichendsten negativen Folgen in dieser Wahlperiode", sagte der CDU-Innenpolitiker Alexander Throm. Die Anforderungen zur Einbürgerung würden dadurch massiv gesenkt werden. Eine Einbürgerung nach drei oder fünf Jahren sei "viel zu schnell", betonte er. Dieses Gesetz "schade unserem Land". Besonders kritisierte Throm, dass künftig generell auch eine doppelte Staatsbürgerschaft möglich sei. Damit trage die Ampel-Koalition Konflikte aus dem Ausland nach Deutschland. Es könne doppelte Staatsangehörigkeiten geben. Dabei müsse aber unterschieden werden zwischen Ländern, mit denen Deutschland befreundet sei und ihnen nahe stehe, und Ländern, wo dies nicht der Fall sei.
Auch Abgeordnete der früheren Linksfraktion und die AfD kritisierten den Beschluss. Für die AfD sprach Christian Wirth von einer "Turbo-Einbürgerung". Die deutsche Staatsbürgerschaft solle "verramscht werden".
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, verteidigte die Reform. Die Reform sei notwendig im Wettbewerb um Fachkräfte, sagte die SPD-Politikerin. Zudem gehe es darum, in Deutschland lebenden Menschen das Wahlrecht zu ermöglichen – etwa durch doppelte Staatsbürgerschaften. Viele Menschen hätten schon lange auf diese Reform gewartet.
2022 mehr Einbürgerungen
2022 wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamts rund 168.500 Menschen in Deutschland eingebürgert und damit deutlich mehr als in den Jahren zuvor. Besonders angestiegen ist die Zahl der Syrerinnen und Syrer, die sich nach ihrer Flucht aus dem Bürgerkriegsland in den Jahren um 2015 nun erfolgreich um den deutschen Pass bemühten. Insgesamt lassen sich in Deutschland aber verhältnismäßig wenig Ausländer einbürgern. Unter den seit zehn Jahren in Deutschland lebenden Menschen mit internationalen Wurzeln lag der Anteil 2022 bei drei Prozent.
epd, dpa, AFP, KNA, Reuters (das)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 19. Januar 2024 | 14:05 Uhr
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