Aktion Bauern laufen Sturm gegen Agrarkürzungen
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18. Dezember 2023, 20:34 Uhr
Die Ampel muss sparen und sie will auch bei Bauern kürzen. Diese wollen das nicht so auf sich sitzen lassen – und haben ihrem Ärger nun durch Proteste lautstark Luft verschafft. In der Koalition bröckelt inzwischen der Haushaltskonsens. Finanzminister Lindner ist für "Alternativen" offen.
- Bauern fordern Rücknahme der Kürzungspläne
- Bauernbund Sachsen-Anhalt: Wir wollen Signal setzen
- BUND Thüringen: Es geht nicht von heute auf morgen
- FDP droht mit Veto im Bundestag
In Berlin haben mehr als 1.000 Landwirte gegen die geplanten Kürzungen der Agarsubventionen protestiert. Zu der Kundgebung des Deutschen Bauernverbandes kamen viele Bauern mit ihren Traktoren. Konkret ging es gegen die geplante Abschaffung der Steuervorteile für Agrardiesel und die Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge.
Bauernpräsident droht mit "sehr heißem Januar"
Bauernpräsident Joachim Rukwied rief vor dem Brandenburger Tor: "Wir nehmen das nicht hin". Die Ampel-Pläne seien eine Kampfansage und diese nehme man an. Die geplanten Kürzungen seien unzumutbar. Wenn die Regierung sie nicht zurücknehme, werde es einen sehr heißen Januar geben. Ab 8. Januar werde man protestieren, wie das Land es noch nicht erlebt habe.
Rukwied rief den anwesenden Agrarminister Cem Özdemir dazu auf, in der Regierung für die Bauern zu kämpfen und Druck zu machen. Özdemir versprach, sich dafür einzusetzen, dass der Einschnitt weniger hart ausfällt. Der Grünen-Politiker sagte, er halte nichts von Streichungen in dieser Größenordnung. Deshalb kämpfe er dafür, dass es "in dieser Härte nicht kommt". Özdemir wurde mehrfach von Pfiffen und Rufen "Ampel weg" unterbrochen.
Özdemir: Schmerzgrenze ist überschritten
Özdemir hatte zuvor schon im ARD-Morgenmagazin vor zu harten Einschnitten bei der Agrarförderung gewarnt. Das würde "den Sektor überfordern". Die Schmerzgrenze der Bauern sei mit diesen Maßnahmen überschritten.
Bauernverband Sachsen-Anhalt: Gutes Geld für gute Lebensmittel
An der Kundgebung in Berlin nehmen auch Landwirte aus Sachsen-Anhalt teil. Der Kreisbauernverband Stendal sprach von etwa 140 Traktoren, die unterwegs seien.
Der Präsident des Bauernbundes Sachsen-Anhalt, Martin Dippe, sagte MDR SACHSEN-ANHALT, es gehe darum, ein Signal zu setzen. Man müsse der Bevölkerung klarmachen, dass sich die Kürzungspläne gegen eine Branche richteten, die die Menschen ernähre. Es brauche ein Bewusstsein dafür, dass die Bauern mit guter Arbeit die Produktion guter Lebensmittel sicherten.
Proteste auch in Leipzig und Chemnitz
Sächsische Bauern protestieren in Leipzig und Chemnitz. Am frühen Montagmorgen fuhren Dutzende Traktoren in Richtung Leipziger Innenstadt. Der Verein "Land schafft Verbindung" erwartete bis zu 500 Fahrzeuge. Es gab Verkehrseinschränkungen.
Vereinschef Paul Kompe sagte MDR AKTUELL, den Betrieben werde durch die Kürzung eine Milliarde Euro fehlen. Viele seien aber jetzt schon am Aufgaben.
BUND Thüringen: Raus aus Subventionsspirale
Kritik kommt auch aus Thüringen. BUND-Landesgeschäftsführer Sebastian König erklärte, der billige Agrardiesel sei eine klimaschädliche Subvention. Jedoch stelle sich die Frage, warum an der Stelle die fiskalpolitische Axt angesetzt werde, das Dienstwagenprivileg aber erhalten bleiben solle.
König betonte, die Bauern seien in eine Subventionsspirale hineingezogen worden. Aus dieser komme man nicht von heute auf morgen wieder heraus. Es brauche einen Paradigmenwechsel – weg von Subventionen hin zu marktorientierten Lösungen.
FDP kündigt Veto gegen Kürzungen an
Die FDP-Bundestagsfraktion kündigte ihre Veto gegen eine Kürzung der Agrarsubventionen an. Fraktionschef Christian Dürr sagte, es werde zu oft von "angeblich klimaschädlichen Subventionen" gesprochen. Auf die Folgen der Abschaffung werde dabei nicht geschaut. Die Landwirte bräuchten faire Wettbewerbsbedingungen im europäischen Vergleich. Das sei bei einer Umsetzung der Pläne gefährdet. Scharfer Protest gegen die geplanten Kürzungen kommt auch aus der CDU.
Finanzminister Christian Lindner zeigte sich gesprächsbereit. Der FDP-Parteichef sagte, er sei kein Freund von der Belastung der landwirtschaftlichen Betriebe. Regierung und Koalition würden miteinander sprechen müssen. Er sei für Alternativen offen.
Habeck: Wir müssen sparen
Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen warnte dagegen davor, den Kompromiss der Ampel wieder zu kippen. Wenn "einzelne Streben herausgezogen" würden, falle die Gesamtlösung in sich zusammen. Wer Änderungen wünsche, müsse eine abgestimmt und für alle Seite tragfähige Gegenfinanzierung anbieten. Der Haushalt müsse gemacht werden.
Regierungssprecher Steffen Hebestreit versuchte unterdessen zu beschwichtigen. Er sehe wenig "Änderungswillen" innerhalb der Bundesregierung. Details würden im Augenblick noch vom Finanzministerium federführend geklärt. "Aber die allgemeine Einigung und auch die grundsätzliche Stoßrichtung bleiben." Die Regierung sei "fest entschlossen, die Einigung von Mittwoch umzusetzen".
Die Kürzungen sind nötig, weil der Ampel-Regierung nach dem Karlsruhe Haushaltsurteil für das kommende Jahr 17 Milliarden Euro fehlen. SPD, Grüne und FDP hatten vergangene Woche nach wochenlangen Verhandlungen einen Kompromiss erzielt. Der Abbau der Agrarsubventionen ist dabei nur ein Teil der Vereinbarung.
dpa, AFP (luz)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 18. Dezember 2023 | 06:12 Uhr