Deutsche Bahn Warum Toiletten in Nahverkehrszügen häufig defekt sein können
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07. August 2024, 18:36 Uhr
Die marode Infrastruktur der Deutschen Bahn macht auch vor Toiletten nicht Halt. Für Fahrgäste im Regionalexpress zwischen Berlin und Frankfurt/Oder ist das defekte Örtchen Normalzustand. Doch warum?
Beispiel Regionalbahn zwischen Berlin und Frankfurt/Oder
Fast jeder Fahrgast in Deutschland, der mit dem Nahverkehrszug unterwegs ist, stand sicher schon vor dem Problem: kaputte Toiletten. Für viele Fahrgäste in der Regionalbahn zwischen Berlin und Frankfurt/Oder ist das inzwischen Normalzustand.
So berichten Betroffene dem ARD-Magazin "Plusminus": "Das ist wie mit den Verspätungen, die sind meistens außer Betrieb.“ Oder: "Es ist ein Wunder, wenn die überhaupt mal funktionieren“. Ein anderer plant das einfach bereits mit ein: "Ich habe das inzwischen im Griff, dass ich die Toiletten nicht benutzen muss."
Ich habe das inzwischen im Griff, dass ich die Toiletten nicht benutzen muss.
Seit zwei Jahren: Defekte Wasserleitung nach Rohrbruch
Der banale Grund dafür, dass die Örtlichkeiten nicht benutzt werden können, ist eine defekte Wasserleitung, wie Lars Gehrke von der Ostdeutschen Eisenbahn GmbH (ODEG) "Plusminus" erklärt. Er ist der Geschäftsführer des größten privaten Eisenbahnunternehmens im Osten. Die OEDG betreibt rund um Berlin Dutzende Züge. Am Abstellbahnhof der Deutschen Bahn am Rande der Hauptstadt, an dem die Züge starten, parken und geputzt werden, gibt es nach seiner Schilderung nur eine Wasserleitung, um die Zugtoiletten mit frischem Wasser zu versorgen.
Diese sei bereits seit mehr als zwei Jahren kaputt. Ursache dafür sei ein Rohrbruch gewesen. Seither müssten LKW Frischwasser anliefern, das in einem dafür aufgestellten Behälter vorgehalten werde. Damit würden auch die Zug-Toiletten wieder mit Wasser versorgt. "Wenn das aufgebraucht ist, haben wir das Problem, dass wir unsere Züge nicht mehr versorgen können", sagt Gehrke. Dann seien die Toiletten nicht mehr benutzbar. "Und wir fahren mit defekten WCs durch die Gegend", erklärt der ODEG-Geschäftsführer.
Deutsche Bahn verweist auf langwierige Genehmigungsverfahren
Wie kann das Wasserproblem gelöst werden? Die Deutsche Bahn müsste den Wasseranschluss an das städtische Leitungsnetz neu legen. Dieses ist gerade einmal 50 Meter entfernt, an einer Straße. Dafür müsste die Bahn aber auch einige Meter auf städtischem Grund graben. Dafür eine Genehmigung zu bekommen, habe allein zwei Jahre gedauert, erklärt die Deutsche Bahn auf "Plusminus"-Anfrage und führt weiter aus: "Anfang dieses Jahres lag die Genehmigung für den Neubau vor, so dass wir im April 2024 die Ausschreibung veröffentlichen konnten. Leider hat sich bis zur Angebotsfrist Ende Juni 2024 kein Bieter auf die Ausschreibung beworben."
Doch auch bei der Entsorgung gäbe es noch Handlungsbedarf, wie Lars Gehrke von der ODEG erklärt. Abwässer und Fäkalien seien am Standort schon immer per Container durch LKW-Transporte erfolgt. Daher sei auch eine Abwasserleitung gefragt: "Auf jeden Fall wäre es sinnvoll, das Abwasser gleich mit zu machen. Dann hat man es einmal aufgebuddelt und könnte es gleich mit anschließen". Es sei davon auszugehen, dass auch das Abwassernetz in der Nähe liege. "Dann hätten wir eine komplett autarke Anlage, die dann an das städtische System angebunden wäre", so Gerke. Eine Anlage zur Ver- und Entsorgung von Zügen, die an das öffentliche Leitungsnetz angebunden und somit von LKW unabhängig wäre, klingt logisch. Doch das könne laut Deutscher Bahn noch Jahre dauern. "Für eine Abwasserleitung wäre eine neue Planung nötig", erklärt das Unternehmen auf "Plusminus"-Anfrage.
"Manchmal funktionieren die Anlagen 30 Tage lang nicht"
Auch das Eisenbahnunternehmen Arverio, das im Raum Stuttgart verkehrt, ist oft mit defekten Zugtoiletten unterwegs. Auch hier fehle es an entsprechenden Anlagen an der Bahnstrecke, wie Fabian Amini, Geschäftsführer von Arverio, einräumt: "Wir kämpfen genauso mit der maroden Infrastruktur. Wir haben defekte Ver- und Entsorgungsanlagen. Die WC müssten eigentlich jeden Tag entsorgt werden. Manchmal funktionieren die Anlagen 30 Tage lang nicht. Das bereitet uns viele Kopfschmerzen. Da merkt man einfach, dass die Infrastruktur 30 Jahre lang unterfinanziert war.“
Die Betreiber der Züge machen für die Misere mit den Zugtoiletten die Deutsche Bahn und ihre Infrastrukturtochter InfraGo verantwortlich. Denn die Deutsche Bahn ist für die Anlagen zur Ver-und Entsorgung der Toiletten an der Strecke zuständig.
MDR (cbr)
Dieses Thema im Programm: Das Erste | Plusminus | 07. August 2024 | 21:45 Uhr