Älterer Mann schiebt vor leerstehenden Gebäuden ein Fahrrad eine verlassene Straße entlang
Vor allem in ländlichen Regionen Mitteldeutschlands könnten die prognostizierten Bevölkerungsrückgänge für Probleme sorgen. Bildrechte: IMAGO/BildFunkMV

Bertelsmann-Studie Bevölkerungsrückgang im Osten: Landrat zweifelt an Prognose

10. April 2024, 12:26 Uhr

Ländliche Regionen haben laut einer Studie immer stärker mit Bevölkerungsrückgang zu kämpfen. Während Experten vor den Folgen warnen, bleibt der Landrat eines besonders betroffenen Kreises betont gelassen.

Auf der Deutschlandkarte der Bertelsmann Stiftung leuchten viele tiefrote Flecke im Osten. Hier erwarten die Studienautoren die stärksten Bevölkerungsrückgänge bis 2040. Das größte Minus verbucht Sachsen-Anhalt – gut 12 Prozent weniger Einwohner.

Sogar in Halle und Magdeburg wird in den kommenden 16 Jahren eine leicht geringere Bevölkerungszahl vorausgesagt. Stärker betroffen sind aber die ländlichen Regionen, wie der Kreis Mansfeld-Südharz. Dort rechnen die Forscher mit einem Rückgang der Bevölkerung um mehr als 20 Prozent – der höchste Wert deutschlandweit.

Landrat von Mansfeld-Südharz bezweifelt Eintritt der Prognose

"Wir sind ja in Mansfeld-Südharz durchaus geschult im Umgang mit Untergangsszenarien", sagt André Schröder, Landrat im Kreis Mansfeld-Südharz. Er glaubt den düsteren Prognosen für seinen Landkreis nicht. Es habe früher ähnliche Vorhersagen gegeben. Sie alle seien nie tatsächlich so eingetreten, sagt der Landrat. "Fakt ist: Mansfeld-Südharz in der Mitte Deutschlands hat in den letzten drei Jahren Wanderungsgewinne, also mehr Zuzug als Wegzug, erfahren und nicht so viel Bevölkerung verloren, wie das damals prognostiziert worden ist."

Trotzdem bleiben die demografischen Entwicklungen ein Thema für seinen Landkreis. Die ländlichen Regionen müssten deshalb attraktiv bleiben, sagt Schröder. Sein Landkreis werbe gezielt um Arbeitskräfte. "Ein Welcome Center im Internet informiert über das Schulsystem, über Kita-Plätze, über Jobangebote und über Immobilienangebote. Wir haben zum Beispiel ein Baby-Ticket im Nahverkehr, das heißt, wir haben vergünstige Angebote für junge Familien. Wir haben außerdem eine Ansiedlungsförderung, etwa für Ärzte und Bauingenieure."

Rückgang nicht nur in Ostdeutschland

Nicht nur der Osten wird laut Studie in den kommenden Jahren mit Bevölkerungsschwund kämpfen. Auch das Saarland, der Nordosten Bayerns, Teile Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens werden davon betroffen sein. Für Oliver Holtemöller ist das nicht neu. Der Volkswirtschaftler und seine Kollegen am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Halle warnen seit Jahren vor einer tickenden Zeitbombe.

Mit einer zunehmend älteren Bevölkerung werde es nicht nur schwerer, Renten- und Gesundheitssystem am Laufen zu halten. "Die zweite Problematik haben wir im Bereich Unternehmensnachfolgen", erklärt Holtemöller. Das sei auch heute schon ein großes Problem. "In vielen Fällen gehen Menschen in den Ruhestand, die ein Unternehmen aufgebaut haben" – in Ostdeutschland oft mittelständische Unternehmen mit kleineren Betriebsgrößen. "Und da muss es dann einen Nachfolger geben, der das dann weiterführt."

Entwicklung wohl nicht mehr aufzuhalten

Holtemöller glaubt nicht, dass die Entwicklung aufzuhalten ist. Betroffene Regionen müssten sich deshalb darauf einstellen. "In einigen Bereichen werden Dinge eben stärker automatisiert. Denken Sie jetzt an Supermärkte, die beginnen, von einem Kassierer oder einer Kassiererin auf automatisierte Abrechnung umzustellen. Das ist so ein kleines Beispiel, wo eben die Dinge auch mit weniger Personal funktionieren können." Seiner Ansicht nach wird das auch andere Bereiche erfassen.

Laut der Studie der Bertelsmann Stiftung droht aber nicht allen Regionen im Osten ein Bevölkerungsrückgang. Manche Großstädte werden demnach erhebliche Zuzüge zu verzeichnen haben – allen voran Leipzig. Hier erwarten die Autoren bis 2040 einen Anstieg um fast 15 Prozent, der damit größer ausfallen wird als in jeder anderen Kommune.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 10. April 2024 | 06:27 Uhr

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