Bilanz 100 Tage Deutschlandticket: Die alten Probleme sind neuen gewichen
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11. August 2023, 05:00 Uhr
Mit einigen Anlaufschwierigkeiten ist im Mai das Deutschlandticket gestartet. Wer es hat, kann für 49 Euro im Monat mit dem ÖPNV durch ganz Deutschland fahren. So die Theorie. In der Praxis ließ sich das vor allem kurz nach der Einführung nicht immer so leicht umsetzen. Wie sieht es jetzt gut drei Monate später aus?
- Als das Deutschlandticket eingeführt wurde, gab es anfangs ein paar Schwierigkeiten, zum Beispiel mit den digitalen Tickets.
- Diese sind jedoch mittlerweile weitestgehend gelöst, ein paar Probleme bleiben aber bestehen.
- Zum Beispiel das hohe Fahrgastaufkommen.
Wer pünktlich zum 1. Mai das neue Deutschlandticket haben wollte, wurde nicht selten enttäuscht. Einige mussten sich mit einer ausgedruckten Buchungsbestätigung als Ersatz-Ticket behelfen – weil die Chipkarten nicht rechtzeitig ankamen oder aber bei digitalen Tickets die Mobilitäts-Apps Probleme machten.
Anfangsschwierigkeiten mittlerweile gelöst
Bei den Verkehrsverbünden in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind diese Probleme inzwischen weitestgehend behoben – bestätigt Markus Haubold vom Fahrtgastverband Pro Bahn Mitteldeutschland: "Offenbar scheint es sich jetzt soweit eingespielt zu haben. Dort hat man nachjustiert. Wir hoffen mal, dass das so stabil bleibt. Das ist natürlich immer bei neueingeführten Sachen, dass es erstmal Kinderkrankheiten gibt, aber insgesamt sieht das doch ganz gut aus."
Auch bei der Verbraucherzentrale Sachsen sind Probleme mit dem Deutschlandticket einem Sprecher zufolge aktuell kein großes Thema. In den gut drei Monaten seit Einführung gingen dort bisher lediglich etwas mehr als 30 Beschwerden dazu ein.
Ein paar Probleme bleiben
Schwierigkeiten gibt es manchmal noch beim Auslesen der Chipkarten, da nicht alle der knapp 75 Verkehrsverbünde in Deutschland den gleichen Standard nutzen. Weil die Verbünde eine dreimonatige Kulanzphase eingeführt hatten, wurden in diesen vom Fahrgast unverschuldeten Fällen bisher aber in der Regel keine Strafen fällig. Und das wird auch erstmal so bleiben, weiß Juliane Vettermann vom Mitteldeutschen Verkehrsverbund: "Die Kulanzphase läuft weiter. Darauf hat man sich verständigt, damit wirklich alle Kunden, die das nutzen möchten, mit einem guten Fahrgefühl wieder nach Hause gehen können."
Während viele anfängliche Schwierigkeiten inzwischen also behoben sind, hat sich durch das große Interesse am Deutschlandticket ein zwar vorhersehbares, aber dennoch bisher nicht gelöstes Problem ergeben. "Man merkt es jetzt in den Ballungszentren, da sind teilweise Fahrgastzuwächse – und auf Hauptstrecken im Bahnverkehr – wo jetzt die Fahrgastzahlen explodieren. Wo man teilweise nur noch Stehplätze bekommt", sagt Markus Haubold vom Fahrgastverband Pro Bahn Mitteldeutschland.
Hohes Fahrgastaufkommen zu Stoßzeiten
Dass die Nachfrage so stark gestiegen ist, merkt auch Christoph Heuing deutlich. Er ist Geschäftsführer vom Verkehrsverbund Mittelthüringen, kurz VMT: "Es ist an einigen Stellen deutlich schlimmer geworden. Wenn die Fahrzeuge schon vorher voll waren und jetzt eine Menge Menschen dazu kommen, die jetzt einfach zusätzliche Ausflugsfahrten mit der Eisenbahn machen, dann ist es teilweise so, dass Leute stehen bleiben."
Vor allem zu Stoßzeiten kommen die Verkehrsverbünde inzwischen auf viel genutzten Strecken an ihre Kapazitätsgrenzen. Einzelne Bahn-Unternehmen haben bereits reagiert. Abellio will auf der vielbefahrenen Strecke Halle-Kassel ab Jahresende mehr Züge einsetzen. Dort, wo die Infrastruktur noch nicht ausgebaut wurde, fordern unter anderem MDV und VMT die Politik zum Handeln auf.
Falk Ester vom Verkehrsverbund Mittelsachsen sieht dabei aber ein wesentliches Problem: "Für den Schienen-Personen-Nahverkehr ist mehr oder weniger der Bund zuständig. Für den Straßengebundenen ÖPNV, also für Busse und Straßenbahnen, sind die Kommunen zuständig. Die müssten dann nochmal in die Tasche greifen. Die haben aber gerade das Problem, die haben kein Geld."
Nicht nur beim Ausbau der Infrastruktur geht es ums Geld, auch beim Fortbestand des Deutschlandtickets. Denn bisher ist die Finanzierung des Tickets nur bis Ende des Jahres gesichert.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 11. August 2023 | 06:00 Uhr