Rückblick Bewegt und aufgeregt: Das sorgte 2023 für Schlagzeilen

27. Dezember 2023, 15:21 Uhr

Der Leipziger Zoo löst mit der Versetzung eines Pflegers eine Welle der Empörung aus. Gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann werden schwere Vorwürfe erhoben. Eine Tauchfahrt zur Titanic wird zur Katastrophe. Darüber hat man 2023 geredet.


Die Hundekot-Attacke und das Theaterhaus Jena

In einen ebenso ungewöhnlichen wie unappetitlichen Skandal artet am 11. Februar an der Staatsoper Hannover ein Streit zwischen Ballettchef Marco Goecke und einer Kritikerin der FAZ aus. Hatte der Starchoreograf die Journalistin wegen eines ihrer Verrisse zunächst nur verbal attackiert und mit Hausverbot gedroht, so holt er plötzlich und zur Überraschung aller eine Tüte Hundekot hervor und schmiert der Frau die Ausscheidungen seines Dackels ins Gesicht. Goecke bekommt Hausverbot. Und eine Anzeige wegen Beleidigung und Körperverletzung noch dazu. Das Verfahren wird später gegen eine Geldauflage eingestellt.

Zu Ende ist die Geschichte damit noch nicht. Das Theaterhaus Jena brachte sie auf die Bühne – und das auf ebenfalls ungewöhnliche Weise.


Problembär-Schwester tötet Jogger

In der norditalienischen Provinz Trentino wird Anfang April ein 26 Jahre alter Jogger tot aufgefunden. Bald ist klar, dass er von einem Bären angegriffen und getötet wurde. Wenige Tage später wird das Tier eingefangen. Es ist eine Bärin. Ein DNA-Abgleich bestätigt ihre Täterschaft, und noch etwas wird bekannt: Die Bärin heißt Gaja und ist die Schwester von "Problembär" Bruno. Dieser war 2006 aus Italien kommend durch die bayerischen Wälder gestreift und hatte mehrere Schafe und andere Haustiere getötet. Obgleich er keine Menschen angegriffen hatte, wurde er als Gefahr eingestuft und trotz zahlreicher Proteste erschossen. Dieses Schicksal soll seiner Schwester erspart bleiben, auch wenn sie offenbar eine Wiederholungstäterin ist und bereits 2020 zwei Menschen schwer verletzt haben soll. Gaja soll laut einem Gerichtsbeschluss nach Rumänien umgesiedelt werden. 


Leipziger Zoo schickt "Löwenpapa" zu Kaninchen

Am 21. Mai wird eine Entscheidung des Leipziger Zoos bekannt, die vor allem Fans der MDR-Sendung "Elefant Tiger & Co," empört. Löwenpfleger und Publikumsliebling Jörg Gräser wird in die Südamerika-Anlage versetzt. Seine Fans starten eine Online-Petition für den "Löwenpapa" – mit tausenden Unterschriften, doch der Zoo bleibt bei seiner Entscheidung und lehnt überdies eine Begründung ab. Das seien interne Personalentscheidungen. Gräser, der weiter als Pfleger im Leipziger Zoo arbeitet, hat inzwischen einen Social-Media-Kanal gestartet. Darin gibt er unter dem Hashtag Basteljörg Tipps, wie man für Tiere Beschäftigungsspielzeug herstellt.  


Vorwürfe gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann

Ende Mai löst die Irin Shelby Lynn mit einem Instagram-Post  eine Debatte um sexuelle Übergriffe im Musik-Business aus. Sie berichtet, sie sei nach einem Rammstein-Konzert in Vilnius backstage zum Sex mit Sänger Till Lindemann aufgefordert worden. Als sie sich geweigert habe, sei der Sänger wütend geworden. Am nächsten Morgen sei sie mit Hämatomen aufgewacht, an deren Zustandekommen sie sich nicht erinnern könne. Nach ihrer Äußerung kommt es zu weiteren Beschuldigungen gegen Lindemann.

Rammstein Sänger Till Lindemann auf der Bühne. 23 min
Bildrechte: Deutsche Welle

Anfang Juni veröffentlicht die Influencerin Kayla Shyx ein Video mit dem Titel: "Was wirklich bei Rammstein Afterpartys passiert". Darin erzählt sie von gezielten Rekrutierungen junger Frauen zum Sex mit dem Sänger. Konzerte der Band werden fortan von Protesten begleitet. Mehrere Unternehmen stellen die Zusammenarbeit ein. Die Staatsanwaltschaft Berlin leitet ein Ermittlungsverfahren gegen Lindemann ein, das Ende August aber mangels hinreichendem Tatverdacht eingestellt wird.

Demo gegen Rammstein Konzert von Till Lindemann im Olympiapark in München
Vor den Konzerten von Rammstein kommt es zu Protesten gegen Sänger Till Lindemann - wie hier in München Bildrechte: IMAGO/Smith

Das Dschungelwunder von Kolumbien

Im Juni erlebt Kolumbien ein Dschungelwunder. Mitten im Urwald werden vier Kinder gefunden, die 40 Tage durch die Wildnis geirrt waren. Die Geschwister im Alter von einem Jahr bis 13 Jahren waren am 1. Mai mit einem Kleinflugzeug abgestürzt. Die Mutter der Kinder, der Pilot und ein indigener Anführer kamen dabei ums Leben und wurden an der Unglücksstelle gefunden. Die Kinder hatten sich da schon auf den Weg gemacht, um einen Ausweg aus dem Dschungel zu finden. Wochenlang wurde nach ihnen gesucht, mit Soldaten und Helfern, mit Hubschraubern und einer per Lautsprecher ausgestrahlten Botschaft der Großmutter an ihre Enkel, an Ort und Stelle zu warten. Am 9. Juni schließlich spürt ein Rettungshund die Kinder auf.     


Tauchfahrt zur Titanic endet tödlich

Im Nordatlantik wird eine exklusive Tauchfahrt zum Wrack der Titanic zur Katastrophe. Das Boot "Titan" der Firma OceanGate startet seinen Tauchgang am 18. Juni. An Bord sind der OceanGate-Gründer Stockton Rush, ein französischer Tiefseeforscher und drei Touristen, die je 250.000 Dollar für die Fahrt bezahlt haben sollen. Etwa eine Stunde und 45 Minuten nach dem Start bricht der Kontakt ab. Es beginnt eine groß angelegte Suchaktion. Mehrmals keimt Hoffnung auf, als von Geräuschen berichtet wird, die möglicherweise von der "Titan" stammen. Zugleich wird die Suche zu einem Wettlauf mit der Zeit, da der Sauerstoffvorrat des U-Bootes nur für vier Tage reicht. Am 22. Juni werden Trümmerteile des Bootes gesichtet, und es wird zur Gewissheit: Die "Titan" ist implodiert, alle fünf Bootsinsassen sind tot. Im Anschluss flammt eine Debatte um den Sinn solcher Unternehmungen auf. Und in sozialen Netzwerken wird darüber diskutiert, dass das Schicksal der Titan-Insassen medial mehr Interesse und Mitgefühl ausgelöst habe als das Schicksal hunderter Geflüchteter, die im Mittelmeer ertrunken sind.

Tauchboot Titan
Das Tauchboot Titan Bildrechte: IMAGO / ZUMA Wire

Das Zehn-Sekunden-Grabsch-Urteil von Rom

Ein Zehn-Sekunden-Urteil sorgt im Juli in Italien für Empörung. Der Hausmeister einer Schule hat einer 17-jährigen Schülerin in die Unterhose gegriffen und ihr Gesäß angefasst. Die junge Frau zeigt den Mann an. Ein Gericht in Rom sieht den Übergriff auch als erwiesen an. Nur eine Strafe spricht es nicht aus. Da die Berührung weniger als zehn Sekunden gedauert habe, sei der Straftatbestand einer sexuellen Belästigung nicht erfüllt, lautet die Begründung. Der freigesprochene Hausmeister nennt sein Handeln übrigens einen Scherz ohne böse Absicht.

Italien reagiert mit kreativem Protest. Unter dem Hashtag #10secondi posten Menschen bei Instagram und Tiktok Videos, um zu zeigen, wie lang ein "kurzes Begrabschen" sein kann. Den Anfang machte Schauspieler Paolo Camilli.


Die große "Raubkatze" von Kleinmachnow

Eine vermeintliche Löwin sorgt in Kleinmachnow bei Berlin für einen großen Polizeieinsatz. Ein junger Autofahrer hatte die mutmaßliche Raubkatze am 20. Juli mit seinem Handy gefilmt. Die Polizei berichtet von zwei weiteren Zeugen, und auch Beamte selbst wollen das Raubtier gesehen haben. Danach herrscht Ausnahmezustand in der Gemeinde. Eine Hundertschaft der Polizei durchkämmt 30 Stunden lang die Umgebung, die Bewohner werden per App und Lautsprecher aufgefordert, zu Hause zu bleiben. Eine Löwin wird nicht gefunden. Eine Laboranalyse von Kot- und Haarproben führt schließlich zur Entwarnung. Bei dem Tier hat es sich nicht um eine Raubkatze gehandelt, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach um ein Wildschwein.


Wacken singt im Schlamm

Das Heavy-Metal-Festival in Wacken startet Anfang August mit einem Schlammchaos. Tagelanger Regen hat das Festgelände in eine Matschwiese verwandelt. Auf den Zufahrtswegen bleiben Autos stecken. Da ziehen die Verantwortlichen die Reißleine und verkünden am Morgen des Festivalbeginns, jegliche Anreise müsse ab sofort gestoppt und abgebrochen werden. Auch zu Fuß werde niemand auf das Gelände gelassen. Die betroffenen Fans reagieren sauer, auch wenn sie den Eintrittspreis von etwa 300 Euro zurückbekommen sollen. Immerhin 50.000 Metal-Fans haben es auf das Gelände geschafft. Das Festival startet wie immer traditionell mit der lokalen Feuerwehrkapelle.


Der Kuss-Skandal

Bei der Frauen-Fußball-WM in Australien kommt es zu einem Kuss-Skandal. Bei der Siegerehrung der Spanierinnen nach ihrem Finalsieg gegen England küsst der Präsident des spanischen Fußballverbands, Luis Rubiales, die Spielerin Jennifer Hermosos auf den Mund. Das sorgt weltweit für Empörung. Im September tritt Rubiales zurück.


250 Bombendrohungen gegen Schulen und Medien

Ende Oktober schreckt eine bundesweite Serie von Bombendrohungen die Öffentlichkeit auf. Betroffen sind vor allem Schulen, darunter auch immer wieder in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Auch Medienhäuser erhalten Drohungen, so etwa das ZDF und der SWR in Mainz und Antenne Thüringen in Weimar – ebenso betroffen sind der Berliner Hauptbahnhof und die SPD-Bundeszentrale in Mainz. Am Ende zählen die Ermittler rund 250 Drohungen. Gefunden wird nie etwas. Über die Hintergründe wird heftig spekuliert. Vermutet werden islamistische Motive oder auch die Tat von Cyberkriminellen. Ende November werden zwei Tatverdächtige aus Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen ermittelt, denen mehr als 30 der Drohungen zugeordnet werden. Vermutet wird, dass sie Teil einer größeren Gruppe sind. Deren Ziel, erklärt die Staatsanwaltschaft Stuttgart, sei es gewesen, aufwendige Polizeieinsätze auszulösen und das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung zu stören.


Jan Ullrich legt Doping-Geständnis ab

Mehr als 17 Jahre nach seinem spektakulären Ausschluss von der Tour de France berichtet der frühere Rad-Profi Jan Ullrich erstmals ausführlich über seine Dopingvergangenheit. Ja, er habe gedopt, sagt der Rostocker im November und fügt hinzu: "Bei mir ging es 1996 los." Da war er ein aufstrebendes Talent im Telekom-Rennstall, und es war die Hochzeit des Epo-Dopings. Ullrich sagt, es sei um Chancengleichheit gegangen. Er habe sich gezwungen gesehen, ebenfalls zu Dopingmitteln zu greifen. Ein Jahr später gewinnt er die Tour. Ab 2003 wird er Kunde beim Sportarzt Eufemanio Fuentes und betreibt Eigenblutdoping. 2006 fliegt er auf und wird einen Tag vor dem Tourstart von der Frankreich-Rundfahrt ausgeschlossen. Ullrich hat in der Folgezeit immer wieder gesagt, er habe nie betrogen. Mit Blick auf seine sportlichen Konkurrenten bleibt er bei der Aussage, hält sie rückblickend dennoch für falsch. Denn vielleicht habe er keine anderen Fahrer betrogen, wohl aber seine Fans.


Gil Ofarim gesteht: Antisemitismusvorwürfe gelogen

In Leipzig endet ein zwei Jahre langer Streit um Antisemitismusvorwürfe. Begonnen hatte er im November 2021 mit einem Video von Gil Ofarim. Der Sänger behauptete darin unter anderem, ein Leipziger Hotelmanager habe ihn aufgefordert, seinen Davidstern wegzustecken, sonst könne er nicht einchecken. Gab es zunächst eine Welle von Solidaritätsbekundungen mit Ofarim, inklusive einer Demo vor dem betreffenden Hotel, so kamen doch auch schnell Zweifel an der Darstellung Ofarims auf. Das Hotel stellte sich hinter seinen Mitarbeiter, der die Vorwürfe bestritt und den Musiker wegen Verleumdung anzeigte. Auch die Staatsanwaltschaft kam zu  der Überzeugung, dass sich der Vorfall so nicht zugetragen hat und erhob Anklage.

Im November 2023 muss sich Ofarim, der weiter auf seiner Schilderung beharrte, deshalb vor dem Landgericht Leipzig verantworten. Nachdem dort Zeugenaussagen und Videoaufnahmen nahe legten, dass Ofarim in dem Hotel seine Kette mit Davidstern nicht sichtbar getragen hatte, räumt der Sänger am 28. November ein, dass seine Vorwürfe falsch waren. Er bittet den Hotelmitarbeiter um Entschuldigung, der Prozess wird gegen die Zahlung einer Geldauflage eingestellt. Sänger und Hotelmitarbeiter einigen sich außergerichtlich. Eine Summe wird nicht bekannt.


Verschüttete Arbeiter aus Autotunnel befreit

In Indien sind mehr als zwei Wochen nach dem Einsturz eines Autobahn-Tunnels alle 41 verschütteten Arbeiter befreit worden. Der noch im Bau befindliche Tunnel war am 12. November teilweise eingestürzt. Die Arbeiter saßen in einem zwei Kilometer langen Tunnelabschnitt fest. Über ein 15 Zentimeter dickes Rohr konnten sie mit Wasser und Lebensmitteln versorgt werden. Für ihre Rettung musste jedoch eine 57 Meter lange Röhre gegraben werden,. Die letzten Meter gruben die Retter mit den Händen, weil alle Maschinen versagt hatten.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL FERNSEHEN | 24. Dezember 2023 | 19:30 Uhr

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