Warnsystem KI-Drohne gegen Waldbrände
Hauptinhalt
03. September 2024, 10:07 Uhr
Eine Drohne, Kameratechnik und KI: Das sind die Zutaten für ein Warnsystem, das Waldbrände erkennen und die Arbeit der Feuerwehr erleichtern soll. Erste Praxisteste liefen erfolgreich. Wann kommt der Regelbetrieb? Darüber sprechen wir mit dem Mit-Erfinder Tobias Raczok.
Inhalt des Artikels:
- Bei welchen Feuerwehr-Einsätzen wurde die KI-Drohne schon erprobt?
- Welche Reichweite hat sie?
- Welche Hürden gibt es noch auszuräumen?
- Wie viele Drohnen sind schon kaputtgegangen? Seit wann wird getestet?
- Wie wird die KI trainiert?
- Gab oder gibt es von Seiten der KI Fehlermeldungen, weil etwa Staub als Rauch erkannt wurde?
- Wann soll die Drohne in den Regelbetrieb gehen? Und wo?
Bei welchen Feuerwehr-Einsätzen wurde die KI-Drohne schon erprobt?
Tobias Raczok: Der Sommer 2023 stand ganz im Zeichen der Erprobung. Wir haben uns auf verschiedene Aspekte konzentriert, unter anderem auf die Langzeitstabilität unseres Systems, die wir in einem einmonatigen Dauertest überprüft haben. Im August sind wir an den meisten Tagen mindestens einmal geflogen, an manchen Tagen sogar mehrmals, um zu prüfen, ob die vielen Flugstunden zu technischen Problemen führen. Abgesehen von zwei Defekten, die auf unsachgemäße Handhabung beim Transport zurückzuführen waren, verlief alles reibungslos. Während der Flüge haben wir die überflogenen Gebiete dann quasi live überwacht, wobei sowohl die Integrierte Leitstelle in Nürnberg als auch die Feuerwehren Möhrendorf und Erlangen Zugriff auf das System gehabt hätten, falls wir etwas entdeckt hätten. Außerdem haben wir an einem wissenschaftlichen Brandversuch in Sachsen-Anhalt teilgenommen, um zu untersuchen, wie sich die Drohne bei echtem Feuer verhält und wie schnell sie Brände erkennt. Dabei hat sich gezeigt, dass unser System Brände zuverlässig erkennt.
Welche Reichweite hat sie?
Unsere Drohne fliegt normalerweise in einer Höhe von 100 bis 130 Metern. Diese Höhe stellt den besten Kompromiss dar, da sie den gesetzlichen Rahmen einhält und wir gleichzeitig möglichst große Flächen überwachen können. Die Reichweite der Drohne hängt auch von den Wetterbedingungen ab und wir müssen immer Sicherheitsreserven im Akku berücksichtigen. Normalerweise fliegt die Drohne über eine Stunde und mit unserem größten Akku kann sie unter optimalen Bedingungen bis zu 100 Kilometer weit fliegen. Es gibt aber noch Entwicklungspotenzial, das es uns ermöglichen könnte, die Reichweite durch besser Batterien und Effizienzoptimierungen weiter zu erhöhen.
Welche Hürden gibt es noch auszuräumen?
Natürlich gibt es immer noch Verbesserungspotenzial, vor allem bei der Reichweite und der Ladezeit. Beide Aspekte sind entscheidend, um das System noch leistungsfähiger zu machen und wir haben bereits vielversprechende Konzepte in der Entwicklung. Ich würde diese Faktoren aber nicht als die größten Einschränkungen sehen. Was uns derzeit eher einschränkt, sind die bürokratischen Hürden im Zusammenhang mit dem Betrieb außerhalb der Sichtweite (BVLOS). Da es sich um ein relativ neues Feld handelt, gibt es noch nicht viele Erfahrungswerte. Dies betrifft sowohl die Antragstellung beim Luftfahrtbundesamt als auch rechtliche Fragen an Institutionen wie die Universität oder das Fraunhofer Institut. Diese umfangreichen Prozesse führen dazu, dass sich vieles in die Länge zieht und sich der Einsatz außerhalb der Sichtweite verzögert, obwohl wir technisch längst in der Lage wären. Aber nach 1,5 Jahren haben wir langsam unseren Weg gefunden. Allerdings wäre das Fliegen in neuen Gebieten erst nach mehreren Antragsänderungen möglich, was natürlich eine Einschränkung darstellt.
Wie viele Drohnen sind schon kaputtgegangen? Seit wann wird getestet?
Die Entwicklung hat quasi mit meinem Studium der Mechatronik Ende 2017 begonnen. Damals mussten wir uns als Team erst einmal finden und uns in die Drohnentechnologie einarbeiten, da es bei den vorherigen Projekten um ein Elektroauto oder ein elektrisches Motorrad ging und es somit wenig Überschneidungen gab. Außerdem war das Konzept der Drohne noch anders als heute. Die Drohne sollte in einem Winkel von 90° zum Boden starten und sich dann in der Luft in eine horizontale Fluglage bringen. Das war sehr komplex und stellte uns vor viele Herausforderungen, weshalb wir in dieser Zeit viele Abstürze hatten. Das änderte sich ein wenig, als wir uns entschieden, an der New Flying Competition 2020 teilzunehmen und die Form der Drohne zu der wurde, die wir heute noch verwenden. Es gibt zwei getrennte Antriebsstränge für Start und Landung, und die Drohne befindet sich bereits im Schwebeflug in ihrer späteren Fluglage. Wir hatten hier eigentlich nur einen größeren Absturz am Tag vor dem ersten Wettbewerb, als unsere Drohne in einem Baum gelandet ist und geborgen werden musste.
Wie wird die KI trainiert?
Um unsere KI zu trainieren, greifen wir auf einen großen Datensatz von Waldbränden zurück. Diese wurden uns freundlicherweise von verschiedenen Feuerwehr-Drohnenstaffeln aus ganz Deutschland zur Verfügung gestellt. Auf den Bildern zeichnen wir dann in langen Sitzungen manuell ein, wo Rauch ist und bringen der KI so bei, wie Rauch aussieht.
Gab oder gibt es von Seiten der KI Fehlermeldungen, weil etwa Staub als Rauch erkannt wurde?
Ja, solche Fehlermeldungen gibt es natürlich. Neben Staub ist vor allem Nebel ein großes Problem. Deshalb haben wir unserer Drohne beigebracht, nicht nur zu erkennen, wie Rauch aussieht, sondern auch, wie Staub oder Nebel aussieht. Wir versuchen, die Erkennung in Zukunft mit neuen Modellen weiter zu verbessern. Es ist uns aber wichtig, lieber einmal zu viel Alarm zu schlagen, als etwas zu übersehen. Letztlich erhält immer ein Mensch die Bilder der Drohne, bevor die Einsatzkräfte alarmiert werden und kann die Situation anhand der Drohnenbilder beurteilen. So wird sichergestellt, dass vor allem die Freiwilligen Feuerwehren nicht unnötig alarmiert werden, denn jeder Fehlalarm bedeutet auch, dass jemand seine Freizeit oder seine Arbeit verpasst. Wir sind daher bestrebt, Fehlalarme auf ein Minimum zu reduzieren.
Was fehlt noch an der Produktreife?
Obwohl unsere Drohne in ihrem derzeitigen Entwicklungsstadium sehr zuverlässig ist, handelt es sich immer noch um einen Prototyp. Viele Aspekte sind einsatzbereit, andere müssen jedoch noch intuitiver und benutzerfreundlicher gestaltet werden, um auch externen Nutzern eine problemlose Anwendung zu ermöglichen. Ein weiterer Punkt ist, die Drohne so zu gestalten, dass sie auch in größeren Stückzahlen produziert werden kann. Die Software hingegen ist schon weitgehend serienreif und könnte mit wenigen Anpassungen schnell in größerem Umfang eingesetzt werden.
Wann soll die Drohne in den Regelbetrieb gehen? Und wo?
Diese Frage wird in der nächsten Frage teilweise beantwortet. Technisch sind wir eigentlich mehr oder weniger bereit. Wir brauchen natürlich immer eine gewisse Vorbereitungszeit für eine Region, um die Flugsicherheit zu gewährleisten und die rechtlichen Genehmigungen einzuholen. Letztendlich sind wir aber auf die Bereitschaft der zuständigen behördlichen Stellen angewiesen, die Wälder genau zu kontrollieren.
Gibt es Förderungen oder Förderzusagen?
Uns war klar, dass diese letzte Phase der Entwicklung, die vor allem die Erprobung und Inbetriebnahme umfasst, sehr ressourcenintensiv ist und mit unseren bisherigen Mitteln kaum zu bewältigen sein wird. Zumal die Überwachung von Wäldern keine private Aufgabe ist, sondern in den meisten Regionen Deutschlands auf Landes- oder Landkreisebene geregelt wird. Wir sind also auf das Engagement dieser Stellen angewiesen. Deshalb haben wir uns frühzeitig an das zuständige Ministerium bzw. den bayerischen Innenminister gewandt und um Unterstützung gebeten. Wir sind dort mit unserem Anliegen auf offene Ohren gestoßen und es wurde uns zugesagt, nach Fördermöglichkeiten zu suchen. Derzeit warten wir noch auf eine endgültige Antwort, hoffen aber auf eine Förderung.
MDR (cbr)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Einfach Genial | 03. September 2024 | 19:50 Uhr