Selbstzahlerangebote beim Arzt Patientenbeauftragter befürwortet Verbot bestimmter IGeL-Leistungen
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04. April 2024, 15:55 Uhr
Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung Stefan Schwartze hält einige sogenannte IGeL-Leistungen in Arztpraxen für schädlich und will sie verbieten. Als Beispiel nennt er Ultraschalluntersuchungen zur Krebsfrüherkennung bei Frauen. Auch bei Patientenrechten nach Behandlungsfehlern und im Umgang mit Long-Covid-Beschwerden will Schwartze nachbessern.
- Unter anderem ist die Krebsfrüherkennung an Eierstöcken und Gebärmutter umstritten.
- Patientenbeauftragter Schwartze will Rechte bei Behandlungsfehlern verbessern.
- Long-Covid-Beschwerden müssen seiner Meinung nach ernster genommen werden.
Mehrere Selbstzahlerleistungen in Arztpraxen sollten nach Ansicht des Patientenbeauftragten der Bundesregierung verboten werden. Stefan Schwartze (SPD) sagte dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland", Leistungen, die von medizinischen Fachgesellschaften als schädlich eingeschätzt werden, gehörten verboten – auch für Selbstzahler. Diese sogenannten Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) werden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen und müssen von Patienten selbst bezahlt werden.
Als Beispiel nannte der SPD-Politiker die Ultraschalluntersuchung zur Krebsfrüherkennung an Eierstöcken und Gebärmutter. Diese Untersuchung sei eine der am häufigsten verkauften Leistungen. Sie schade aber, weil es häufig falsch-positive Befunde gebe und dadurch unnötige weitere Untersuchungen und Eingriffe folgten, sagte Schwartze. Oft würden junge Frauen ohne Not in Angst und Schrecken versetzt. Diese Untersuchung werde daher auch von den gynäkologischen Fachgesellschaften abgelehnt.
Tatsächlich fehle es laut dem IGeL-Monitor des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen an Hinweisen auf einen Nutzen dieser Ultraschalluntersuchung. Mit Ultraschall würden laut Studien nicht weniger Frauen sterben als ohne. Der Berufsverband der Frauenärzte wies die Kritik an der Methode zurück. Sie sei besonders bei übergewichtigen Mädchen und Frauen vorteilhaft.
Das waren 2023 die häufigsten IGeL-Leistungen
- Ultraschall der Gebärmutter und/oder der Eierstöcke
- Augeninnendruckmessung mit oder ohne Augenspiegelung zur Glaukom-Früherkennung
- Abstrich zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs
- PSA-Bestimmung zur Früherkennung von Prostatakrebs
- Hautkrebsscreening außerhalb der Hautkrebsvorsorge der gesetzlichen Krankenversicherung
- Ultraschall der Brust zur Krebsfrüherkennung
- Blutbild zur Gesundheitsvorsorge
- Ultraschall in der Schwangerschaft (zusätzliche Untersuchung zu den durch die Krankenkasse bezahlten Untersuchungen)
- Netzhaut-Untersuchung mit Laser zur Glaukom-Früherkennung
- Netzhaut-Untersuchung mit Laser zur Früherkennung einer Makuladegeneration
Quelle: IGeL-Monitor 2023
Zudem ist auch der Umgang der Arztpraxen mit den IGeL-Leistungen nicht vollumfänglich zufriedenstellend, zeigt der IGeL-Monitor 2023. In der Befragung gaben zwei von zehn Versicherten an, bei der Entscheidung für oder gegen eine IGeL zeitlich unter Druck gesetzt worden zu sein. Auch der Anteil der Versicherten, deren Weiterbehandlung mit einer Kassenleistung von Kauf einer IGeL abhängig gemacht wurde, stieg im Vergleich zu 2020 von zwölf auf 18 Prozent.
Patienten bei Behandlungsfehlern stärken
Schwartze zufolge will die Ampel-Koalition es zudem Opfern von Behandlungsfehlern künftig leichter machen, recht zu bekommen. Dazu seien Gespräche mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zur Reform des Patientenrechtegesetzes auf einem guten Weg. "Die Betroffenen scheitern meist daran zu beweisen, dass der Schaden allein durch einen Behandlungsfehler verursacht wurde", erklärte er. Dieser Vollbeweis sei extrem schwer zu erbringen. Schwartze will sich dafür einsetzen, "dass künftig die überwiegende Wahrscheinlichkeit ausreicht". So sei es auch in Österreich und der Schweiz.
Long Covid ernster nehmen
Schwartze rief die Ärzteschaft und die Sozialversicherungen zudem auf, die Probleme von Long-Covid-Betroffenen ernst zu nehmen. Die Zahl Betroffener sei inzwischen "sehr, sehr hoch". Weil dazu Wissen auch in der Ärzteschaft fehle, würden Betroffene schnell in die Ecke einer psychischen Erkrankung gestellt, wo sie nicht hingehörten. Auch in der Kranken- und Rentenversicherung fänden sie teils keine Anerkennung. Schwartze verwies auf "viele Schicksale, bei denen wirtschaftliche Existenzen ganzer Familien wegbrechen".
dpa (ans, smk)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 04. April 2024 | 06:30 Uhr
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