
DDR-Erfindung noch heute nützlich Bruchsicheres Glas wird weiterentwickelt
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12. März 2025, 05:00 Uhr
Unter dem Namen "Superfestglas" wurde in der DDR ein Glas entwickelt, das widerstandsfähiger ist. Nach der Wende verschwanden das Unternehmen und das Glas allerdings vom Markt. Mittlerweile wurde das Verfahren von mehreren Interessierten aufgegriffen und weiterentwickelt.
Ressourcensparende DDR-Erfindung
Unkaputtbares Glas wurde einst entwickelt, weil Ressourcen fehlten. Heute kann es dazu beitragen, Ressourcen zu schonen. Mehrere Unternehmen versuchen gerade parallel, die Idee weiterzuentwickeln. Die "Superfestgläser" wurden in den 1980er-Jahren in der DDR erfunden. Der VEB Sachsenglas Schwepnitz in der Westlausitz stellte sie in mehreren Formen und Größen her.
Die Gläser wurden dank eines chemischen Verfahrens, das in einem Bad aus geschmolzenen Salz abläuft, verfestigt. Dort findet ein Austausch zwischen den kleineren Natrium-Ionen des Glases und den größeren Kalium-Ionen der Flüssigkeit statt. Die Kalium-Ionen lagern sich im Glas ein und erzeugen so Oberflächenspannung. Das wiederum sorgt dafür, dass das Glas besonders fest wird. Bis zu 36 Stunden und unter Temperaturen von mehreren hundert Grad wird jede Gläser-Charge behandelt. Trotzdem werden fast 120 Millionen Gläser bis zum Produktionsende 1990 in Schwepnitz hergestellt.
Das Aus für die Superfestserie kam mit der Wende. Ein Glas, das nicht so schnell zerbricht, ist für die Glasindustrie in der Marktwirtschaft kein gutes Geschäft. Das Unternehmen wurde 2000 aufgelöst.
Start-Up aus Freiberg bietet Glasindustrie Verfahren an
An der Bergakademie Freiberg forschte Martin Groß jahrelang dazu. Er hat ein schnelleres Verfahren entwickelt, dass auf den DDR-Superfestgläsern beruht. Darüber berichtete das MDR-Erfinderformat "Einfach Genial" im Februar. "Aus Gründen der Geheimhaltung kann ich nicht in die Details zu unserem Verfahren gehen. Aber unser Verfahren ist deshalb so viel schneller als das Verfahren von den Superfestgläsern der DDR, weil wir in den Vorwärmprozess eingreifen und dort die Prozessführung verändern", erläutert Glastechnologe Martin Groß.
Zusammen mit mehreren Investoren hat er das Start-Up "Revisalt" gegründet, das das Verfahren an die Glasindustrie verkaufen möchte. "Ob sich unser Verfahren am Markt durchsetzen wird, ist für uns gerade nicht so einfach zu beantworten, weil wir nicht in die Zukunft schauen können. Wir gehen aber davon aus", sagt er.
Berliner Start-Up plant bruchfeste Flaschen
In Berlin kümmert sich das Start-Up-Unternehmen Soulproducts seit 2012 um die Entwicklung, Produktion und Vermarktung von Trinkflaschen aus Glas. Von Anfang an haben die jungen Unternehmer von einer Flasche geträumt, die lange genutzt werden kann. In Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Materialforschung der Universität Bayreuth und dem Unternehmen "Füller", das Produktionsanlagen für die Glasindustrie herstellt, entwickeln sie das DDR-Verfahren zur Härtung von Glas weiter. So wurden neue Prozesswege gefunden, die das Verfahren beschleunigen, erklärt Thorsten Gerdes, Leiter des Keylabs für Glastechnologie in Bayreuth: "Wo man normalerweise erwarten würde, dass man mehrere Stunden braucht, können wir den Prozess heute auf vier bis fünf Minuten verkürzen. Damit sind wir in einem Bereich, wo es für den Anlagenbauer interessant ist, auch Anlagen zu konzipieren, um daraus massentaugliche Produkte zu produzieren."
Im Frühjahr soll die neue feste Flasche in den Handel kommen. Für 35 Euro das Stück. Das ist ungefähr fünf Euro teurer als eine normale Flasche. "Wir haben uns dafür ausgesprochen, möglichst nachhaltiger zu sein. Und wenn das bedeutet, dass die Flasche länger hält, dann sollte die Flasche auch länger halten, weil wir denken, dass es für die Natur, die Umwelt und für uns einfach die bessere Entscheidung ist", sagt Steve Köhler vom Start-Up Soulpoducts.
Wir haben uns dafür ausgesprochen, möglichst nachhaltiger zu sein. Und wenn das bedeutet, dass die Flasche länger hält, dann sollte die Flasche auch länger halten, weil wir denken, dass es für die Natur, die Umwelt und für uns einfach die bessere Entscheidung ist.
Unterstützt werden sie weiterhin von der Uni Bayreuth. Dort geht in wenigen Wochen eine neue Anlage an den Start, mit der Flaschen von verschiedenen Herstellern verfestigt werden können. Gebaut wurde die Anlage von der Firma von Alexandra Füller: "Jeder Kunde, der zu uns kommt, hat ein bestimmtes Design. Und hier haben wir die Möglichkeit zu sagen, wir quatschen nicht nur, wir probieren es aus."
Im Moment können mit der neuen Anlage pro Stunde 20 Flaschen bearbeitet werden. Das Ziel ist es, die Technik und das Verfahren für die Glasindustrie zu perfektionieren. Sodass irgendwann bruchsichere Flaschen für den Handel in Serie hergestellt werden können.
MDR (jvo)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Umschau | 11. März 2025 | 20:15 Uhr