
Reportage zum Internationalen Frauentag Als Frau auf dem Bau: "Bin jeden Tag glücklich"
Hauptinhalt
08. März 2025, 05:00 Uhr
"Mädchen, das ist nichts für dich" – dieser Spruch sollte inzwischen längst aus der Zeit gefallen sein. Dennoch gibt es Berufszweige, in denen Frauen nach wie vor unterrepräsentiert sind, zum Beispiel auf dem Bau. Doch mittlerweile trifft man auch dort häufiger mal Frauen als Planerinnen oder Projektleiterinnen auf Großbaustellen. Eine von ihnen ist Kathrin Fiedler. In Sachsen-Anhalt baut sie die aktuell wohl spannendsten Brücken überhaupt – über die Elbe und die Saale. Wir haben sie getroffen.
- Kathrin Fiedler baut leidenschaftlich gern Brücken.
- Damit arbeitet sie als Frau in einer Männerdomäne – für sie kein Thema.
- Die Baubranche bekommt mittlerweile auch immer mehr Zuwachs von Frauen.
Eine Leidenschaft für Brücken
Wir treffen Kathrin Fiedler auf der blauen Fußgängerbrücke bei Salzmünde, unter uns tausende Tonnen von Stahl und Beton. Hier entsteht die Brücke der neuen A 143 über die Saale. Absolut spannend, schwärmt Projektleiterin Kathrin Fiedler von der DEGES: "Wir haben einmal eine ca. 1.000 Meter lange Brücke, die sich in eine Vorland- und eine Strombrücke, die über die Saale geht, gliedert."
An diese Brückenkonstruktion schließe ein Lärmschutztunnel ein, erklärt Fiedler weiter: "Die Brücke spannt in diesen Lärmschutztunnel ein und ganz zum Schluss gibt es dann hier noch eine krönende Glaseinhausung, die als Lärmschutz auf der Brücke dient. Sowas gibt es in der Form auch noch nicht so oft in Deutschland. Also, das sind schon sehr spannende und herausfordernde Sachen." Ihr zweites Großprojekt ist nicht minder anspruchsvoll – die Elbquerung der A 14 bei Wittenberge, ein paar hundert Kilometer nördlich an der Grenze zu Brandenburg.
Zum Brückenbau hatte Kathrin Fiedler eher der Zufall während des Studiums in Dresden Ende der 80er geführt. Längst sind Brücken ihre Leidenschaft. Warum? "Weil Brücken immer auch eine tolle Anlage in der Landschaft sind – immer besondere, große Bauwerke und doch auch sehr landschaftsprägend. Ich habe damit viel Spaß und bin seitdem eben auch als Brückenbauerin aktiv – und finde das immer wieder schön."
Als Frau auf der Baustelle
Fiedler ist eine schlanke Frau mit langen, blonden Haaren. Auf dem Kopf der blaue Helm für die Baustelle. Gerade hat sie eine der vielen Bauberatungen hinter sich, 20 Männer und drei Frauen. Spielt das Geschlecht noch eine Rolle? Weniger, sagt sie: "Es geht um Kompetenz und um Miteinander." Schließlich hätten alle das Ziel, hier ein tolles Projekt abzuliefern.
Vielleicht, fügt sie hinzu, gebe es die winzigen Unterschiede in der Kommunikation, seien da feine Nuancen zu spüren. "Gewisse Witze laufen dann vielleicht nicht, wenn Frauen dabei sind. Das finde ich auch nicht schlimm, es darf ja auch Unterschiede geben. Wir müssen ja nicht alle gleich sein. Das bereichert ja auch." Sie selbst habe es auch noch nie erlebt, dass jemand an ihrer Qualifikation gezweifelt habe, nur weil sie eine Frau sei.
Die Baubranche im Wandel
Frauen auf der Baustelle, auch als Chefin – kein Problem, sagt Georg Operskalsky vom Ingenieurbüro SSF Ingenieure aus Halle, zuständig für die Bauüberwachung hier an der Saale-Querung der neuen Autobahn 143. "Für mich zählt fachliche Kompetenz als erstes", sagt er. Inzwischen gebe es mehr und mehr Frauen in der Branche.
Operskalsky findet es gut, dass sich das Team verändert: "Man muss sicherlich ein gewisses Rückgrat haben, das weiß jede Frau. Ich habe auch gerade eine junge Kollegin, die nach dem Master überlegt hat, in welche Abteilung sie will. Ich sage: Komm zu uns. Du brauchst dich nicht scheuen."
Ich möchte sagen: Hier sind alle Frauen akzeptiert.
Traumjob Brückenbauerin – "bin jeden Tag glücklich"
Die beiden Ingenieurinnen Dijan Molo und Lara Thiel hören genau zu, die beiden sind in den Zwanzigern – und scheinen ihren Traumjob gefunden zu haben. Frauen und Männer – ein Thema? "Es sind noch mehr Männer als Frauen vor Ort, aber als Frau ist man trotzdem absolut eine Normalität", sagen sie.
Nur im Bekanntenkreis würden sie manchmal auf Skepsis stoßen: "Da kommt dann: Echt? Dann bist du da ganz allein unter Männern. Aber allein ist man ja nicht. Man sieht, es sind Frauen schon mehr da. Aber klar, man ist noch in der Unterzahl." Und dann legen sie auch schon los mit dem Schwärmen vom Arbeiten auf dem Bau, von großen Projekten. "Man wirkt ja wirklich daran mit, wie wir unser Land gestalten."
Voraussichtlich 2030 wird die Elbquerung der Autobahn fertig sein, die über die Saale schon in zwei Jahren. Kathrin Fiedler wird es mit Blick auf weitere spannende Projekte nicht Bange. Da finde sich schon was Neues, sagt sie. Als oberste Brückenbauerin mitzugestalten – bereut hat sie ihre Wahl auf keinen Fall: "Nie, nie, nie. Bin jeden Tag glücklich."
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 08. März 2025 | 06:00 Uhr