Winkler - Menschen demonstrieren am Internationalen Frauenkampftag, organisiert von ein breites gewerkschaftliches Bündnis und das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung, Berlin, 8. März 2024.
Der internationale Frauentag findet seit 1911 jährlich am 8. März statt. Bildrechte: picture alliance / Eibner-Pressefoto | Eibner-Pressefoto/Jadranko Marja

Internationaler Frauentag Wir haben den Feminimus nötiger denn je

08. März 2025, 14:14 Uhr

Frauen müssen im aktuellen politischen Klima selbst für ihre Rechte kämpfen. Denn die Union und der voraussichtliche Kanzler Friedrich Merz werden es wohl nicht tun, schreibt MDR AKTUELL-Autorin Elisabeth Winkler.

In den vergangenen Jahren hat sich der Feminismus immer mal wieder die Frage gefallen lassen müssen, wozu es ihn eigentlich noch gibt. Hanebüchen war das schon immer: Es gibt nach wie vor keinen Mangel an "Gender Gaps" – also Ungleichheit zwischen den Geschlechtern. Frauen verdienen im Schnitt 16 Prozent weniger als Männer (unbereinigt), sie leisten den Großteil der Sorgearbeit und besetzen nur 29 Prozent der Führungspositionen.

Doch die aktuellen politischen Entwicklungen zeigen klar, wie wichtig Feminismus gerade jetzt ist. Der Frauenanteil im neu gewählten Bundestag liegt bei 32,4 Prozent. Weniger als ein Drittel. Der Frauenanteil in der CDU-Fraktion, die voraussichtlich die künftige Regierung anführen wird, liegt bei 22,6 Prozent, noch niedriger als 2021. Versinnbildlicht wurde dieser Frauenmangel auch durch ein Bild vom Treffen der Unionsspitzen am Tag nach der Wahl, das mit seiner schamlosen Breitbeinigkeit berechtigte Empörung auslöste.

Schlechter als in der stärksten Fraktion sieht es nur in der zweitstärksten aus: Die AfD-Fraktion besteht zu gerade mal 11,8 Prozent aus Frauen.

Die meisten Frauen gibt es noch in den Fraktionen von Bündnis 90/ Die Grünen und der Linken, jeweils 61,2 und 56,2 Prozent. Das heißt vor allem eines: Im Bundestag werden die meisten Frauen in der Opposition sitzen. Und das ist der Punkt, an dem es wirklich gilt, den Bundestag als Abbild der Gesellschaft zu begreifen. Denn auch in der Gesellschaft sind wir in der Opposition.

Frauenfreundliche Einlassungen der Union wirken wie ein Feigenblatt, wenn man auf das politische Handeln der Partei blickt.

Elisabeth Winkler

Es gilt aufzupassen auf die Rechte, die vorhergehende Generationen für alle Frauen erkämpft haben. Und es gilt zu kämpfen für die Rechte, die Frauen nach wie vor nicht zugestanden werden.

Ja, Friedrich Merz hatte im Oktober letzten Jahres vor dem Frauen-Netzwerk der CDU erklärt, man wolle Frauen mit Mut, die mitmachen. Doch derartige vorgeschriebene Reden verblassen neben seinen Antworten auf spontan gestellte Fragen: Einem paritätisch besetzten Kabinett etwa, erteilte er in der Sendung "Frühstart" von RTL/ntv schon vor der Bundestagswahl eine Absage: "Das ist so schiefgegangen in der letzten Bundesregierung mit der Verteidigungsministerin". Als sei Christine Lambrecht gescheitert, weil sie eine Frau ist.

"Man tut auch den Frauen damit keinen Gefallen", fügte er noch hinzu. Eine paternalistische Aussage, die zeigt, wie Merz sich sieht: In der Machtposition, Frauen mit politischen Ämtern "einen Gefallen" zu tun. Dass ihm etwas ähnliches zu Andreas Scheuer oder Jens Spahn – die Deutschland mit der Pkw-Maut und der Masken-Affäre Millionen gekostet haben bzw. noch kosten könnten – über die Lippen käme, scheint unwahrscheinlich.

Frauenfreundliche Einlassungen der Union wirken umso mehr wie ein Feigenblatt, wenn man auf das politische Handeln der Partei blickt. Eine Abschaffung von Paragraf 218a, dem Abtreibungsverbot? 80 Prozent der Gesellschaft sind dafür, doch mit der Union war das nicht zu machen, weil es, so Merz im Bundestag, "einen unnötigen gesellschaftspolitischen Großkonflikt" auslösen könnte.

Fast jeden Tag ein Femizid in Deutschland, mehrheitlich begangen von Partnern oder Ex-Partnern. Bei Erscheinen des "Lagebildes zu Straftaten gegen Frauen und Mädchen" zeigte sich die Union tief betroffen – und stimmte dennoch gegen das Gewalthilfegesetz.

Und in den Wahlkampf zog die Partei unter anderem mit dem Versprechen, das Selbstbestimmungsgesetz, das trans Frauen mehr Autonomie im Ausleben ihrer eigenen Identität gibt, abzuschaffen.

Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Union in der künftigen Regierung Frauenrechte priorisieren wird. Deswegen gilt jetzt, mehr als je zuvor: Wir Frauen in der Zivilgesellschaft müssen füreinander einstehen und die Politik wo wir nur können zur Rechenschaft ziehen – nicht nur am internationalen Frauentag, sondern an jedem Tag .

Radiosendung Mitreden, Montag 20:15 Uhr Weniger Frauen im Bundestag, im Weißen Haus ein Präsident, der sexistische Sprüche klopft, und Studien zufolge hadern viele junge Männer mit dem Feminismus. Machen wir bei der Gleichberechtigung der Geschlechter gerade eine Rolle rückwärts? Diskutieren Sie mit uns und unseren Gästen! Rufen Sie uns an unter: 08000 4417 77 oder schreiben sie Ihre Frage via mitreden.ard.de .

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Mitreden | 10. März 2025 | 20:15 Uhr

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