Flüchtlingskrise Zivile Seenotrettung im Mittelmeer weiterhin finanzieren?
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10. Oktober 2023, 05:00 Uhr
Ein Zeitungsbericht hat eine Debatte über die Finanzierung der zivilen Seenotrettung im Mittelmeer ausgelöst. Demnach plane die Bundesregierung im kommenden Jahr, keine Zahlungen mehr an private Seenotretter zu leisten. Doch ein Sprecher des Außenministeriums dementierte den Bericht der "Bild"-Zeitung. Bis 2026 sei eine Förderung vorgesehen. Wie sieht man das hier in Mitteldeutschland?
- Das Auswärtige Amt hat dem Bericht der "Bild"-Zeitung widersprochen.
- Trotzdem gibt es Politiker, die schon länger gegen eine staatliche Finanzierung der Seenotrettung sind.
- Der Seenotrettungsverein "Mission Lifeline" sowie viele Kirchengemeinden sehen das entschieden anders.
Es sei ein "technisches Versehen", dass die Gelder für die private Seenotrettung noch nicht im Entwurf des Haushaltsplans für 2024 stünden. So hatte das Auswärtige Amt dem Bericht der "Bild"-Zeitung widersprochen. Trotzdem wird schon länger diskutiert, ob es überhaupt staatliche Zahlungen an Seenotretter geben sollte.
CDU-Politiker gegen staatliche Finanzierung der Seenotrettung
Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt, Chris Schulenburg sagt: Nein. "Ich kann nur davor warnen, dass der Staat sich daran beteiligt, das illegale Schleppergeschäft unter dem Deckmantel der Seenotrettung finanziell zu unterstützen. Denn was passiert denn in der Praxis? Schlepper und Flüchtlinge müssen nach dem Ablegen des Bootes nur den Notruf absetzen und eine mit deutschen Steuermitteln geförderte Fähre bringt sie direkt nach Europa. Und die Auswirkungen – insbesondere die finanziellen Auswirkungen – für den Bund, für die Bundesländer und für die Kommunen sind fatal."
Gegenwind von "Mission Lifeline" und Kirchengemeinden
Das Argument, dass Seenotretter das Geschäft der Schleuser erst ermöglichen würden, nennt Hermine Poschmann "eine Diffamierung". Sie sitzt im Vorstand vom Dresdner Seenotrettungsverein "Mission Lifeline". Poschmann empfindet die aktuelle Debatte als politisch motiviert und aufgeheizt – zumal es ja schon einen Beschluss des Parlaments gebe. "Menschen, die fliehen wollen und keine legalen Fluchtwege haben, sind zum Teil auf dieses niederträchtige und gewalttätige Geschäft von Schleusern angewiesen. Als Seenotrettungsorganisation stehen wir ja alleine schon im zeitlichen und im örtlichen Ablauf viel weiter hinten. Das heißt, dieses Geschäft der Schleuser ist schon längst abgeschlossen, bevor wir überhaupt anfangen zu agieren. Was ich damit sagen will: Das eine hat mit dem anderen rein gar nichts zu tun."
Unterstützung bekommen private Seenotretter auch von vielen Kirchengemeinden. Petra Albert ist Migrationsbeauftragte der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland. Sie betont, dass die angesetzten zwei Millionen Euro pro Jahr für die Seenotrettung erstmal viel klingen würden. Ein Schiff alleine koste aber im Monat schon etwa 250.000 Euro. Und: "Auch dann, wenn keine Seenotrettungsschiffe unterwegs sind und alle wissen, dass da gerade kein Schiff irgendwo im Mittelmeer zur Seenotrettung kreuzt – selbst dann kommen Menschen. Und wenn wir Menschen im Mittelmeer, die in Seenotrettung geraten sind, nicht retten, dann sterben einfach mehr."
Der Streit über die Unterstützung der Seenotretter ist auch noch lange nicht vorbei. Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich mittlerweile von der öffentlichen Finanzierung distanziert. Er betonte, die Gelder seien vom Bundestag und nicht von der Bundesregierung bewilligt worden. Er habe den Antrag nicht gestellt.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 10. Oktober 2023 | 06:18 Uhr