Soldaten des Wachbataillon der Bundeswehr
In den Augen der MDRfragt-Teilnehmenden wurde die Bundeswehr in den letzten Jahren zu stark vernachlässigt. Bildrechte: IMAGO/photothek

MDRfragt Mehrheit hält Aussetzen der Wehrpflicht für Fehler

10. März 2023, 05:00 Uhr

Das Aussetzen der Wehrpflicht im Jahr 2011 war ein Fehler: Mit dieser Aussage sorgte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius jüngst für Diskussionen. In den Augen der meisten MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer hat er mit seiner Aussage jedoch recht. Und: Die Mehrheit wünscht sich, dass ein neuer, allgemeiner Pflichtdienst oder die Wehrpflicht wieder eingeführt werden. Das ist das Ergebnis der nicht repräsentativen, aber gewichteten Befragung, an der sich rund 25.000 Menschen aus Mitteldeutschland beteiligt haben.

2011 wurde in Deutschland die Wehrpflicht ausgesetzt. Verteidigungsminister Pistorius hatte jüngst gesagt, dass er das im Rückblick für einen Fehler hält – die Mehrheit der MDRfragt-Teilnehmenden sieht das genauso: 61 Prozent haben das angegeben. Ein gutes Drittel ist anderer Meinung.

Aussetzen Wehrpflicht Fehler
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Wie steht es in Ihren Augen um die Bundeswehr? Das wollten wir von der MDRfragt-Gemeinschaft wissen. Claudia Reiser stellt die Ergebnisse bei "tagesschau24" (10.03.2023) vor.

Fr 10.03.2023 12:03Uhr 05:42 min

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Mehrheit wünscht sich Pflichtdienst

Die überwiegende Mehrheit wünscht sich, dass in Deutschland wieder ein Pflichtdienst eingeführt wird: 70 Prozent haben sich dafür ausgesprochen. Dabei sind sie entweder für die Wiedereinführung der Wehrpflicht oder das Etablieren eines sogenannten allgemeinen Pflichtdienstes, der beispielsweise auch im sozialen Bereich geleistet werden könnte.

Pflichtdienst (Wieder-)Einführung
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Für den allgemeinen Pflichtdienst spricht sich der größte Teil der Befürworter aus, 42 Prozent. Mehr als ein Viertel, 28 Prozent, sind dagegen für die Wiedereinführung der Wehrpflicht.

Ältere befürworten Pflichtdienst stärker

Der Blick in die Altersgruppen zeigt: Je älter die Befragten, desto eher stimmen sie der Einführung eines Pflichtdienstes – egal ob Wehrpflicht oder allgemeine Dienstpflicht – zu. Bei den über 65-Jährigen sind mehr als drei Viertel der Teilnehmenden dafür. Bei den unter 30-Jährigen – also denjenigen, die eine solche Wiedereinführung eventuell noch betreffen würde – spricht sich hingegen nur gut jeder Zweite dafür aus.

Zustimmung Pflichtdienst nach Altersgruppen
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In den Kommentaren haben sich vor allem viele Befürworter einer Dienstpflicht zu Wort gemeldet:

Wir brauchen wieder eine allgemeine Dienstpflicht. Dabei sollen junge Männer und Frauen gleichermaßen selbst entscheiden dürfen, ob sie den Dienst an der Waffe tun oder aber in einer sozialen Einrichtung. Das ist wichtig für die Entwicklung dieser jungen Menschen und würde diese positiv beeinflussen.

Jacqueline, 42 Jahre, Leipzig

Die Wehrpflicht bzw. Dienstpflicht für junge Menschen bewirkt positive Eigenschaften, die heutzutage stark zurückgegangen sind. Pünktlichkeit, Ausdauer, Ordnung, Sportlichkeit u.v.a.m. wird durch eine solche Tätigkeit gefördert und schadet nicht, sondern im Gegenteil - es bringt jeden Einzelnen voran und auch die Gesellschaft.

Bärbel, 69 Jahre, Halle (Saale)

Die Wehrpflicht hätte nie abgeschafft werden dürfen. Allerdings ist der Umgang mit der Waffe nicht jedermanns Sache (auch nicht meine), deshalb sollte man die Wahl zwischen Wehr- und Dienstpflicht lassen. Was ist daran verkehrt, was für sein Land zu tun?

Nancy, 52 Jahre, Kyffhäuserkreis

Nur die Wehrpflicht und nicht die Dienstpflicht garantiert die Verteidigungsfähigkeit im Ernstfall. Mit Einsätzen in der Altenpflege kann kein Land dieser Welt verteidigt werden.

Rainer, 72 Jahre, Landkreis Dessau-Roßlau

Mehrheit fordert höhere Verteidigungsausgaben

Die Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer wünschen sich mehrheitlich, dass die Ausgaben für die Bundeswehr erhöht werden. Rund jeder Fünfte hält die aktuell eingesetzten Gelder dagegen für genau richtig. 13 Prozent würden sich wünschen, dass die Verteidigungsausgaben verringert werden.

Höhere Ausgaben für Bundeswehr
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Seit November 2020, als wir diese Frage schon einmal gestellt hatten, ist die Zustimmung zu einer Erhöhung des Wehretats leicht gestiegen. Damals sprachen sich 51 Prozent, also sieben Prozent weniger als jetzt, für höhere Verteidigungsausgaben aus. 17 Prozent wollten eine Verringerung.

Auch zu diesem Thema haben uns viele Kommentare erreicht:

Wir haben auch schon vor dem Ukrainekrieg 50 Mrd. Euro pro Jahr für die Bundeswehr ausgegeben. Was ist mit diesem Geld passiert? Und: Geld allein reicht nicht!

Christian, 62 Jahre, Dresden

Ein Sondervermögen nützt nichts, wenn nicht genau festgelegt ist, wie es mit der Bundeswehr weiter gehen soll und wofür das Geld eingesetzt werden darf.

Iney, 55 Jahre, Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge

Ich bin für eine Neuausrichtung der Bundeswehr. Dann wäre ein entsprechender Etat auch gerechtfertigt.

Kathrin, 54 Jahre, Jena

Akzeptanz von Verteidigungsausgaben durch Ukraine-Krieg gestiegen

Der russische Angriffskrieg auf die Ukaine hat die Einstellung zum Wehretat bei vielen MDRfragt-Mitgliedern, die bei der Befragung mitgemacht haben, verändert. Mehr als jeder Dritte hat angegeben, dass er aufgrund des Kriegs mittlerweile der Meinung ist, Deutschland solle mehr Geld für die Verteidigung ausgeben. Bei sieben Prozent ist das Gegenteil der Fall: Sie finden inzwischen, Deutschland solle weniger Geld für die Bundeswehr ausgeben. Bei 47 Prozent hat sich die Einstellung zu den Verteidigungsausgaben nicht geändert.

Einstellung zu Wehretat verändert seit Beginn des Ukraine-Kriegs
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Jeder Dritte hat eine eher negative Einstellung zur Bundeswehr

Generell hat die Bundeswehr bei den Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmern nicht das beste Image. Zwar hat etwas mehr als die Hälfte angegeben, dass sie eine positive Einstellung zur Bundeswehr haben. Bei einem guten Drittel hinterlässt sie aber einen negativen Eindruck.

Persönliche Einstellung zur Bundeswehr
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4 von 5 halten Bundeswehr für vernachlässigt

Veraltete Technik, mangelhafte Ausrüstung: In den letzten Jahren gab es viele Negativ-Schlagzeilen rund um die Bundeswehr. 80 Prozent der MDRfragt-Teilnehmer haben angegeben, dass in ihren Augen die Bundeswehr in den letzten Jahren zu stark vernachlässigt wurde – nur 13 Prozent teilen diese Ansicht nicht.

Bundeswehr zu stark vernachlässigt
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Einige MDRfragt-Mitglieder haben uns ihre Meinung dazu in Kommentaren geschrieben:

Die Bundeswehr an sich könnte viel besser dastehen, wurde aber politisch zu sehr vernachlässigt.

Yvette, 47 Jahre, Landkreis Mittelsachsen

Die Bundeswehr ist veraltet bei der Ausrüstung und was halbwegs neu ist, funktioniert kaum.

Dieter, 67 Jahre, Dresden

Ich frage mich immer wieder, warum hat man die Bundeswehr so heruntergewirtschaftet. Wenn man den heutigen Zustand der Bundeswehr sich ansieht, ergibt sich für mich die Frage: Was hat man eigentlich mit den Geldern aus dem Wehretat gemacht?

Bernd, 71 Jahre, Vogtlandkreis

Eine Truppe, die keine Socken hat, keine Munition und keine ausreichende Bewaffnung kann sich auch selbst auflösen. Schade um die Soldaten.

Jürgen, 69 Jahre, Landkreis Nordsachsen

Mehrheit hat kaum Vertrauen in Bundeswehr

Das Vertrauen in die Bundeswehr ist unter den Befragten eher gering bzw. nicht vorhanden: 60 Prozent haben das angegeben. Nur rund jeder Dritte MDRfragt-Teilnehmende bringt ihr großes Vertrauen entgegen.

Vertrauen in die Bundeswehr
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Warum sie wenig Vertrauen in die Bundeswehr haben, haben uns einige MDRfragt-Mitglieder in ihren Kommentaren geschrieben:

In das Personal ja, in die Einsatzbereitschaft NULL.

Andreas, 53 Jahre, Gera

Ich habe nicht viel Vertrauen in die Waffensysteme. Sie wurden jahrelang vernachlässigt. Es ist mir auch unerklärlich, weshalb kein General, also ein Fachmann, die Bundeswehr leitet.

Irina, 62 Jahre, Jena

Vertrauen habe ich in die Menschen die in der Bundeswehr Dienst tun. Sie geben ganz bestimmt ihr Bestes. Jedoch in die Ausrüstung der Bundeswehr habe ich keinerlei Vertrauen.

Andrea, 57 Jahre, Chemnitz

Über diese Befragung Die Befragung vom 27.02. - 02.03.2023 stand unter der Überschrift:

Bundeswehr – vernachlässigt oder überteuert?

Insgesamt sind bei MDRfragt 65.139 Menschen aus Mitteldeutschland angemeldet (Stand 02.03.2023, 17.30 Uhr).

25.606 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben online an dieser Befragung teilgenommen.

Verteilung nach Altersgruppen:
16 bis 29 Jahre: 316 Teilnehmende
30 bis 49 Jahre: 3.417 Teilnehmende
50 bis 64 Jahre: 10.334 Teilnehmende
65+: 11.539 Teilnehmende

Verteilung nach Bundesländern:
Sachsen: 13.186 (51 Prozent)
Sachsen-Anhalt: 6.287 (25 Prozent)
Thüringen: 6.133 (24 Prozent)

Verteilung nach Geschlecht:
Weiblich: 12.776 (44 Prozent)
Männlich: 14.254 (56 Prozent)
Divers: 72 (0,3 Prozent)

Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat nach den statistischen Merkmalen Bildung, Geschlecht und Alter gewichtet. Das heißt, dass wir die Daten der an der Befragung beteiligten MDRfragt-Mitglieder mit den Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgeglichen haben.

Aufgrund von Rundungen kann es vorkommen, dass die Prozentwerte bei einzelnen Fragen zusammengerechnet nicht exakt 100 ergeben.

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Über MDRfragt

MDRfragt ist eine Plattform für Online-Befragungen, mit der die Menschen in Mitteldeutschland regelmäßig ihre Meinung zu aktuellen Themen äußern können. Ob Tempolimit, Braunkohle-Aus oder Breitbandausbau – Ihre Meinung zu gesellschaftlich relevanten Themen findet hier einen besonderen Platz. Teilnehmen können alle, die ihren Wohnsitz in Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen haben und mindestens 16 Jahre alt sind. Einfach anmelden!

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Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Aktuell | 10. März 2023 | 21:45 Uhr