Katastrophenschutz Bald keine Einsätze der Bundeswehr im Innern mehr?
Hauptinhalt
13. Januar 2024, 06:23 Uhr
In Ausnahmesituationen wie zum Beispiel Naturkatastrophen oder schweren Unglücken darf die Bundeswehr auch im Inland eingesetzt werden. Auch wegen des Hochwassers in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen gingen bei der Bundeswehr solche Anträge auf Amtshilfe ein. Die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) mahnt in diesem Zusammenhang an, dass sehr gründlich geprüft werden müsse, ob und in welchem Umfang die Bundeswehr solche Hilfseinsätze leisten kann. Denn eigentlich habe die Truppe andere Aufgaben.
- Auch wenn der Katastrophenschutz in Sachsen-Anhalt sehr gut aufgestellt ist, geht es ohne Unterstützung durch die Bundeswehr teilweise nicht.
- Wann die Bundeswehr verpflichtet ist, Amtshilfe zu leisten, ist gesetztlich klar geregelt.
- Laut dem innenpolitischen Sprecher der FDP sind solche Amtshilfeersuchen eher Ausdruck eines tieferliegenden Problems.
Der Katastrophenschutz in Sachsen-Anhalt ist in den Augen von Sabine Fiebig sehr gut aufgestellt. Sie ist Referentin für Sicherheit und Ordnung beim Landkreistag.
Zahlreiche Ehrenamtliche seien derzeit im Einsatz und die Landkreise leisteten sich gegenseitig Hilfe. Trotzdem brauche man auch die Unterstützung des Bundes, und im Besonderen der Bundeswehr, sagt Fiebig.
Die Aussage der Wehrbeauftragten bereitet Fiebig deshalb Sorgen: "Denn wir sehen uns immer als Partner. Wir arbeiten vor Ort sehr gut mit der Bundeswehr zusammen und unser Anspruch ist es auch nicht, dass die Bundeswehr für uns tätig wird, sondern mit uns im Katastrophenfall kooperiert und uns an dieser Stelle unterstützt."
Amtshilfe gesetzlich klar geregelt
Klar ist jedenfalls: Die Bundeswehr kann sich nicht einfach aus dem Katastrophenschutz raushalten. Denn Einsätze der Bundeswehr in Deutschland folgen klaren gesetzlichen Regeln, schreibt die Sprecherin für Angelegenheiten der Amtshilfe beim Territorialen Führungskommando in Berlin auf Nachfrage. "Die technische Amtshilfe, die beispielsweise bei Hochwasser greift, ist ein etabliertes Verfahren gemäß Artikel 35 des Grundgesetzes. Danach sind alle Behörden des Bundes verpflichtet, sich gegenseitig Amtshilfe zu leisten."
Vergangenes Jahr gingen 72 Amtshilfeanträge bei der Bundeswehr ein, unter anderem bei Waldbränden und während der Flut zum Jahresende. Diese Anträge werden in Berlin geprüft, schreibt die Sprecherin weiter: "Die Prüfung umfasst eine Rechtsprüfung, ob die geforderte Unterstützungsleistung innerhalb der rechtlichen Grenzen möglich ist, und eine Ressourcenabfrage innerhalb der Bundeswehr, ob die angeforderte Unterstützung leistbar ist." Und aktuell sei die Truppe sehr gefordert, so die Wehrbeauftragte Eva Högl im Spiegel-Interview.
FDP-Politiker: Wehrbeauftragte stößt Grundsatzdebatte an
Der innenpolitische Sprecher der FDP, Manuel Höferlin, findet deshalb, dass sie mit ihrer Mahnung eine wichtige Diskussion angestoßen habe: "Wenn ein Land nicht genug Katastrophenschutzkräfte bereitstellt, auch in Einsatzbereitschaft hält – das ist ja Länderaufgabe – dann sind nicht die Bundeswehrsoldaten zum Sandschippen in Säcke da."
Der Hilferuf aus dem Landkreis Mansfeld-Südharz nach solchen Einsatzkräften sei Symptom für ein strukturelles Problem: Eigentlich brauche es eine bundesweite Zentralstelle für Katastrophenfälle – und für diese möglicherweise eine Grundgesetzänderung. Ein Vorhaben, das daran scheitere, dass sich Bund und Länder nicht über Geld und Zuständigkeiten einig werden.
"Es ist aber im Interesse der Länder, das zu tun. Und die Länder können sich nicht dieser Diskussion entziehen, indem sie immer sagen, das ist nicht notwendig und dann, wenn Not am Mann und der Frau ist, den Bund anfordern, weil sie es nicht schaffen." Ansonsten, betont Höferlin, werde die Bundeswehr natürlich auch weiterhin Hilfe leisten, wenn es drauf ankomme.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 13. Januar 2024 | 06:08 Uhr