Trotz "gesichert rechtsextrem" in Sachsen-Anhalt Deutsche Flagge mit AfD-Aufschrift ist nicht strafbar
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10. Januar 2025, 06:49 Uhr
Was darf man alles mit der Deutschlandflagge machen? Ein MDR AKTUELL-Hörer aus Zerbst sagt, er habe in Coswig/Anhalt eine gehisste Deutschlandfahne gesehen, die mit blauen Buchstaben der AfD versehen war – die ja in Sachsen-Anhalt als gesichert rechtsextrem eingestuft wurde. Er will wissen, ob das erlaubt ist – und wie die Flagge verändert werden darf.
- In Deutschland darf die Dienstflagge mit dem Bundesschild, also Schwarz-Rot-Gold mit Adler, von Privatpersonen überhaupt nicht verwendet werden.
- Die klassische Deutschlandflagge ohne den Adler darf verändert werden – auch mit Parteinamen.
- Strafbar ist es, wenn die Flagge als Symbol des Staates verächtlich gemacht werde, sagt ein Verwaltungsrechtler.
Zuallererst muss man beim Thema Deutschland-Flagge eine wichtige Unterscheidung machen: Es gibt die Schwarz-Rot-Goldene und dann noch die, mit dem Adler, also die sogenannte Dienstflagge mit dem Bundesschild. Für letztere gibt es eine klare Vorgabe: Privatpersonen dürfen sie nicht benutzen. Schon das wäre eine Ordnungswidrigkeit und könnte mit einer Geldstrafe geahndet werden.
Deutsche Flagge ohne Adler darf verändert werden
Bei der Version ohne den Adler ist das anders und hier sind auch die Spielräume deutlich größer, erklärt Hubertus Gersdorf, Verfassungsrechtler an der Uni Leipzig. Die Bundesflagge ohne Bundesschild könne von allen verwendet werden. "Die Nennung der AfD auf der Flagge ist keine Verunglimpfung der Bundesflagge, weil die AfD bis zu einem Verbot durch das Bundesverfassungsgericht so zu behandeln ist, wie alle anderen Parteien.", erklärt Gersdorf.
Nennung von legitimer Partei ist keine Verunglimpfung
Und um diese Verunglimpfung geht es, das sagt auch der Verwaltungsrechtler Hennig Bahr und erläutert: "Der Straftatbestand, der die Bundesflagge schützt, ist auf das Verunglimpfen des Symbols beschränkt und steht außerdem, wie jedes Delikt, das irgendwie zu tun hat mit Äußerungen über den Staat, natürlich im Spannungsfeld mit der Meinungsfreiheit und im Zweifel auch der Kunstfreiheit."
Es gebe keine Markenschutz des Staates auf die Bundesflagge, sagt Bahr. Deswegen könne die Bundesflagge eben auch für Meinungsäußerungen verwendet werden. Die AfD, sei eine dem Parteienprivileg unterfallende Partei. "Sie darf sich im politischen Diskurs in Deutschland bewegen. Und diese Partei eben mit Deutschland und den Bundesfarben zu verbinden, ist aus meiner Sicht für das Verunglimpfen nicht ausreichend.", argumentiert Bahr.
Selbst Banane auf Flagge ist noch keine strafbare Verunglimpfung
Dafür müsste man die Flagge als Symbol des Staates in irgendeiner Form verächtlich machen, sagt der Rechtsanwalt Bahr. Der Staat selbst und die Flagge hätten zwar keinen Ehranspruch. Aber es gehe natürlich um die Sicherung des Ansehens der Bundesflagge. Dabei könne man vor allen Dingen Negativbeispiele aus der Rechtsprechung heranziehen. "Also beispielsweise die Abbildung einer Banane auf der Bundesflagge, um sozusagen die Bundesrepublik als Bananenrepublik zu bezeichnen oder zu kritisieren, ist von den Gerichten und vom Bundesverfassungsgericht als zulässig betrachtet worden", erzählt Bahr.
Aber nicht nur optisch kann man die Flagge so verändern, dass sich Gerichte damit befassen müssen. Das geht auch sprachlich. So hat das Verfassungsgericht 2008 entscheiden, dass es eine zulässige Meinungsäußerung ist, die Bundesfarben als "Schwarz-Rot-Senf" zu bezeichnen.
Dazu sagt Bahr, dass man berücksichtigen müsse: Schwarz-Rot-Senf war in der Weimarer Republik insbesondere ein Schimpfbegriff von antidemokratischen Kräften. "Nur da hat das Bundesverfassung gesagt, das könne man nicht mehr voraussetzen, dass das heute jemand weiß."
Und außerdem heißt es in dem Urteil, die Bürger sind rechtlich nicht gehalten, die Wertsetzungen der Verfassung persönlich zu teilen, das Grundgesetz erzwinge auch keine Wertloyalität. Und wörtlich: "Die plurale Demokratie des Grundgesetzes vertraut auf die Fähigkeit der Gesamtheit der Bürger, sich mit Kritik an der Verfassung auseinander zu setzen und sie dadurch abzuwehren."
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 10. Januar 2025 | 06:20 Uhr
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