Frauenärztin Katrin Schaudig + Moderatorin Katrin Simonsen 3 min
Audio: Katrin Simonsen (rechts im Bild) blickt auf die zweite Staffel des Podcasts "Hormongesteuert" voraus. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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MDR AKTUELL So 05.05.2024 13:59Uhr 03:08 min

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Wechseljahre Ärztin wünscht sich weniger Schärfe in Diskussion über Hormonersatztherapie

27. Mai 2024, 15:04 Uhr

Es gibt aktuell wohl kaum ein Gesundheitsthema, über das so sehr gestritten wird, wie über die Hormonersatztherapie und die Wechseljahre. Frauen sind verunsichert, Ärzte entweder Hormon-Befürworter oder Hormon-Gegner. Je mehr das Thema an Öffentlichkeit gewinnt, umso härter wird die Auseinandersetzung geführt. Doch woran liegt das? Und kann man das ändern?

Katrin Schaudig ist zwischen zwei Terminen. Vormittags Sprechstunde in der Hormon-Klinik-Hamburg, dann Interview, danach noch Weiterbildung für die Kollegen. Es ist, als versuche sie, jede Sekunde zu nutzen, um ihr Wissen über die Wechseljahre zu verbreiten. Schaudig ist Präsidentin der Deutschen Menopause Gesellschaft und sagt, noch nie sei das Medieninteresse so groß gewesen. "Das sehen wir auch an wahnsinnig vielen Medienanfragen, die auch an die Deutsche Menopause Gesellschaft gerichtet werden. Also das Thema ist wirklich auf allen Ebenen gerade ein echtes Hot Topic."

Nicht alle Ärzte haben die Wechseljahre im Blick

Die Wechseljahre sind dabei, die Tabuzone zu verlassen. Doch nicht alle finden das gut. Kritiker sagen, die Wechseljahre seien etwas Natürliches, man solle das Thema nicht so dramatisieren. Ärztinnen wird vorgeworfen, gerade bei der Hormonersatztherapie vor allem das eigene Portemonnaie im Blick zu haben. Schaudig sagt dazu, es gebe immer wieder Vorwürfe, dass die Pharmaindustrie sponsere. "Also, als würden die Ärzte die Hormone verschreiben und für jede Packung, die sie verschreiben, Geld kriegen. Das ist ja nicht so! Wir verschreiben Hormone, weil wir sehen, da sind Frauen mit einem Leidensdruck und ich kann denen helfen."

Da prallen zwei ideologische Lager aufeinander. Je lauter das eine Lager wird, desto stärker steuert das andere Lager dagegen.

Katrin Schaudig, Präsidentin der Deutschen Menopausegesellschaft

Katrin Schaudig ist ernst geworden. Solche Vorwürfe ärgern sie. Sie sagt, die Diskussion um die Hormonersatztherapie habe deutlich an Schärfe zugenommen. "Da prallen zwei ideologische Lager aufeinander. Je lauter das eine Lager wird und sich öffentlich macht, desto stärker steuert das andere Lager dagegen. Und das beobachte ich mit wirklich großen Missfallen, dass da in der Öffentlichkeit sehr polarisiert ausgetragen wird", kritisiert Schaudig. "Das finde ich nicht gut. Wir müssen wegkommen von diesem Schwarz-Weiß-Denken."

Stattdessen müsse die Frau mit ihren Befindlichkeiten im Mittelpunkt stehen, sagt Schaudig. Diese Frauen, die unter der Hormonumstellung leiden, sitzen jeden Tag in ihrer Praxis. Sie haben Schlafstörungen, Depressionen, Herzrasen, Gelenkschmerzen und wollen einfach nur ihr Leben zurück. Denen dann zu sagen, dass sei Natur und das müssten sie aushalten, findet Schaudig gemein und frauenfeindlich. Sie würde sich wünschen, dass man auch bei der Hormonersatztherapie zu einer unideologischen Nutzen-Risiko-Abwägung komme, so wie bei anderen Medikamenten auch.

Neue Professur für geschlechtersensible Medizin in Magdeburg

Internistin und Gendermedizinerin Prof. Ute Seeland kennt solche Diskussionen. Sie leitet das Fachgebiet Geschlechtersensible Medizin an der Otto von Guericke Universität Magdeburg. Sie sagt, sie erlebe ähnliches bei dem Thema geschlechtersensible Medizin. "Ich forsche schon seit 15 Jahren auf diesem Gebiet und es gibt immer wieder Wellen, die sozusagen einen sehr beflügeln und unterstützen."

Aber es gebe auch immer wieder Gegenwind. Das sei ganz normal findet Seeland. "Und das ist in einer Demokratie auch gewollt so. Und gerade bei der Hormonersatztherapie müssen alle gehört und ernst genommen werden. Denn da sind wir wieder bei dem alten Thema, der personalisierten Medizin. Es ist einfach schwierig, ein Konzept zu finden, das auf alle Menschen passt."

Podcast vermittelt Grundlagenwissen für Frauen

Für Katrin Schaudig ist es schon ein großer Fortschritt, wenn die Frauen selbst gut informiert sind. Deshalb macht sie den Podcast "Hormongesteuert". Dort vermittelt sie viel Grundlagenwissen, räumt mit Tabus auf und beantwortet Hörerinnen-Fragen. In der zweiten Staffel, da freut sie sich besonders drauf, wird sie sich Expertinnen und Experten aus anderen Fachbereichen dazu holen.

Frauenärztin Katrin Schaudig + Moderatorin Katrin Simonsen
Frauenärztin Katrin Schaudig (links) und Moderatorin Katrin Simonsen gehen mit dem MDR-Podcast "Hormongesteuert" in die zweite Staffel. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Katrin Schaudig schaut auf die Uhr. Sie muss ihren Zug schaffen, zur nächsten Weiterbildungsveranstaltung. Denn auch bei den Ärztinnen und Ärzten wachse das Interesse. Es tut sich eben doch was, sagt Katrin Schaudig optimisch.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 13. Mai 2024 | 06:00 Uhr

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