KI-Kriminalität Warnung vor neuen Schockanrufen mit Künstlicher Intelligenz
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19. August 2023, 17:09 Uhr
Die Polizei warnt vor einer neuen Form von Schockanrufen mit Künstlicher Intelligenz, bei denen bekannte Stimmen höchst realistisch imitiert werden. Das sei eine neue Kriminalitätsform, erklärt die Polizeigewerkschaft.
- Mithilfe von Künstlicher Intelligenz ahmen Betrüger bekannte Stimmen nach.
- Die Opfer tragen oft psychischen und teilweise hohen finanziellen Schaden davon.
- Durch aufmerksame Menschen gelingt es aber auch, den Betrug abzuwehren.
Eine neue Form der sogenannten Schockanrufe bereitet der Polizei Sorgen. Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, erklärte am Samstag, Kriminelle bedienten sich nun auch Künstlicher Intelligenz und ahmten damit Stimmen nach, die den Opfern bekannt seien. Er sagte, die Stimmen würden mit höchster Qualität imitiert: "Damit werden die Schockanrufe noch heimtückischer und es entwickelt sich eine neue Kriminalitätsform."
Schockanrufe von Tochter oder Enkel
Bisher laufen die meisten Schockanrufe so ab, dass die Betrüger ihre Opfer glauben machen, ihren Angehörigen sei etwas zugestoßen und sie bräuchten dringend Geld. "Stellen Sie sich vor, eine ihnen bestens bekannte Stimme ruft sie an", erklärte Kusterer dazu. "Nicht etwa eine weinende Person, die im Entferntesten eine Ähnlichkeit mit jemandem haben könnte. Eine Stimme, die sie nicht von der 'echten Person' unterscheiden können." Das ist Kusterer zufolge eine neue Dimension.
Psychische Folgen für ausgespähte Opfer
Die Polizeigewerkschaft warnte außerdem vor möglichen Folgen derartiger Anrufe. Auch wenn die Opfer nicht auf den Trick hereinfielen, sei der psychische Schaden oft erheblich. Außerdem könnte der Anruf dazu genutzt werden, um die Stimme des Angerufenen abzufangen und für weitere Schockanrufe zu verwenden.
Der Gewerkschaft zufolge weisen Betrüger mit Schockanrufen mittlerweile eine "hohe kriminelle Energie" auf. Häufig würden Telefonnummern und die Beziehungen von Opfern zuvor gezielt ausgespäht: "Allein, dass die Täter eine Beziehung zwischen Opfern erkennen, denen man die Stimme 'geklaut' hat, und einem weiteren Opfer, bei der man erfolgversprechend diese Stimme einsetzen kann, ist besorgniserregend."
Hoher finanzieller Schaden durch Schockanrufe
Auch in Mitteldeutschland werden immer wieder vor allem Senioren Opfer von Schockanrufen, auch ohne den Einsatz von KI. So registrierte die Polizei in Sachsen für das Jahr 2022 insgesamt 251 "vollendete" Schockanrufe. Dabei entstand ein Schaden von 2,1 Millionen Euro. In Sachsen-Anhalt gab es 2022 allein in Halle fast 1.000 Fälle von versuchten betrügerischen Anrufen. Nach Polizeiangaben waren die Täter in 318 Fällen erfolgreich und erschwindelten in der Stadt insgesamt mehr als 750.000 Euro.
Auch Erfolge gegen Trickbetrüger
Zuletzt stellte die Polizei unter anderem in der Stadt und im Landkreis Nordhausen zahlreiche Schockanrufe fest. Doch nicht immer gelingt es den Tätern, ihren Betrug durchzuziehen. Im Landkreis Nordhausen war Anfang Juli einem Taxifahrer ein Rentner aufgefallen, der mit dem Handy zu verschiedenen Orten gelotst wurde. Der Taxifahrer warnte den 71-Jährigen, der bereits einen fünfstelligen Bargeldbetrag dabei hatte, und konnte ihn so vor dem Verlust des Geldes bewahren.
Auch in Jena gelang der Polizei ein Schlag gegen Telefonbetrüger: Am Freitag meldete die Polizei, dass ein Komplize eines Anrufers festgenommen wurde. Dieser hatte zuvor einem Ehepaar in der Stadt vorgegaukelt, dass deren Tocher in sehr ernsten Schwierigkeiten sei. Weil das Ehepaar direkt bei der Tochter anrief und nachfragte, flog die Sache als Schwindel auf. Das Paar informierte die Polizei, die den zwischenzeitlich gekommenen Geldabholer festnehmen konnte.
Polizei: Anrufe immer melden
Die Polizei rät dazu, Anrufe mit vermeintlich betrügerischer Absicht immer zu melden. "Die aktuelle Entwicklung zeigt, dass man Kriminalitätsformen nur entdecken kann, wenn man die genauen Umstände erfährt", erklärte die Gewerkschaft. In jedem Fall sei es ratsam, sich Zeit, Tag und andere Umstände von verdächtigen Telefonaten aufzuschreiben.
MDR/dpa/AFP (cpa)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 19. August 2023 | 14:00 Uhr