Sarg mit Blumen
Seit dem vergangenen Jahr sind die Preise für Bestattungen gestiegen. Bildrechte: Colourbox.de

Bestatterbranche "Sämtliche Hersteller haben ihre Preise erhöht" - Warum der Tod mehr kostet

11. März 2023, 14:02 Uhr

Discount-Bestatter locken im Internet mit Billigangeboten. Sozialbestattungen haben zugenommen. Der Grund: Der Tod ist teurer geworden. Woran das liegt, erklären Bestatter aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Mitte Februar machte die Gemeinde Nobitz im Altenburger Land Schlagzeilen, weil sich auf dem Grundstück des ortsansässigen Krematoriums Särge mit Verstorbenen, lediglich mit blickdichten Planen bedeckt, stapelten. Der Skandal: Das Gesundheitsamt musste, so berichtete es die Osterländer Volkszeitung (OVZ), einschreiten, denn Verstorbene müssen in einer Leichenhalle aufbewahrt werden, sobald der Tod 48 Stunden zurückliegt.

Discountpreise für Bestattungen

Als Grund für die Auslagerung der Leichen gab das Gesundheitsamt des Landkreises laut OVZ an, dass die Sterblichkeit im Dezember 2022 und im Januar 2023 überdurchschnittlich hoch gewesen ist. "Die Masse der Verstorbenen überstieg die Kapazität der Leichenhalle", zitierte die OVZ in ihrem Bericht die Behörde. Der Betreiber des Krematoriums in Nobitz, die Segenius GmbH, wirbt auf seiner Website mit Discountpreisen und hat als Bestatter ein bundesweites Einzugsgebiet. Könnte auch das ein möglicher Grund für die Masse der Verstorbenen, die auf dem Gelände lagerten, sein? Könnte es sein, dass das Unternehmen aufgrund der Billigpreise zu viele Aufträge auf einmal hatte?

Das Unternehmen wollte sich dazu nicht äußern. Die Geschäftsleitung sei erst in drei Wochen wieder zu sprechen, hieß es auf Anfrage des MDR. Doch Segenius nennt sich auf seiner Website selbst "Discount-Bestatter". Dort heißt es: "Der Discount-Bestatter versucht Kosten einzusparen und diese Ersparnis an seine Kunden weiterzugeben." Segenius wirbt sogar explizit mit "großen Einsparungen an Kosten gegenüber einem örtlichen Bestatter".

Mit Qualität hat das nichts zu tun.

Gerd Rothaug Landesinnungsobermeister der Bestatter in Thüringen

"Lockangebote" nennt Wolfgang Ruland von der Bestatter-Innung Sachsen-Anhalt so etwas. Man locke mit kleinen Preisen, ohne die Qualität zu liefern. Dass ihn das ärgert, ist ihm anzuhören. Gerd Rothaug, Landesinnungsobermeister der Bestatter in Thüringen, sagt: "Es gibt Onlinebestatter, die im Internet recht aggressiv unterwegs sind. Sie versprechen den Leuten viel, am Ende zahlen die Kunden mehr, als sie dachten." Allein an Infrastruktur vor Ort fehle es da. "Mit Qualität hat das nichts zu tun."

Kosten, die weitergegeben werden

Eines macht das Beispiel jedoch deutlich: Auch bei Bestattungen liegen Billigangebote im Trend. Denn die Preise für Beerdigungen sind seit dem letzten Jahr gestiegen, sagt Ruland. Auch seine Kollegen in Thüringen und Sachsen bestätigen das. Dabei reichen Bestatter die höheren Kosten weiter, die sie selbst haben. "Sämtliche Hersteller haben ihre Preise erhöht: Die Sarghersteller seit Beginn des Ukraine-Kriegs um 50 Prozent und die Urnenhersteller um zehn Prozent. Die Krematorien haben um 15 bis 20 Prozent erhöhen müssen", so Ruland. "Das alles sind Dinge, die durchschlagen und weitergegeben werden müssen."

Die Kosten für Särge und Wäsche sind explodiert. Insgesamt ist die Situation dramatisch.

Gerd Rothaug Landesinnungsobermeister der Bestatter in Thüringen

Auch Tobias Wenzel, Innungsobermeister der Bestatter-Innung Sachsen, sagt: "Es gab eine massive Preiserhöhung bei den Zulieferartikeln. Weiter sind durch die Folgen der Mindestlohnerhöhung von circa 20 Prozent auch die Löhne prozentual gestiegen." Da die Bestattung mit einem sehr hohen Personalaufwand verbunden sei, müssen diese Kosten laut Wenzel umgelegt werden. "Die Kosten für Särge und Wäsche sind explodiert. Insgesamt ist die Situation dramatisch", sagt auch Rothaug aus Thüringen.

Dass gerade Särge so viel teuer geworden sind, habe unter anderem damit zu tun, so Wolfgang Ruland aus Sachsen-Anhalt, dass ein Großteil der Särge aus Osteuropa komme. Die polnische Sargindustrie beschäftige zum Großteil ukrainische Arbeiter, die jetzt fehlten. Hinzu komme, dass die meisten Särge aus Kiefern gefertigt würden. Das Holz dafür komme aus der Ukraine und werde jetzt nur noch teilweise geliefert.

Das ist ein komplexes System, das sich grob gerechnet um 500 Euro pro Bestattung durchschlägt.

Wolfgang Ruland Bestatter-Innung Sachsen-Anhalt

Auch gestiegene Spritpreise kämen hinzu. Und durch eine neue Gebührenordnung der Ärzte seien Totenscheine seit zwei bis drei Jahren teurer geworden. "Das ist ein komplexes System, das sich grob gerechnet um 500 Euro pro Bestattung durchschlägt, bei den einen sind es 300 Euro mehr, bei den anderen 600", sagt Wolfgang Ruland. "Das alles sind Kosten, die weitergereicht werden müssen." Und Tobias Wenzel aus Sachsen fügt hinzu: "Wie in allen Gewerken bestehen auch bei den Bestattern Preisunterschiede." So sagt Ruland: "Wenn ich ein kleines Haus habe und jede Woche nur ein oder zwei Bestattungen, schlagen die Probleme mehr durch. Kleinere Mengen bedeuten auch höhere Kosten."

Dabei sei das, was die Bestatter weitergeben, moderat, so Gerd Rothaug aus Thüringen. "Das ist nur ein Bruchteil dessen, was wir weitergeben müssten." Ein seriöser Bestatter vor Ort habe oftmals eine eigene Feierhalle, einen 24-Stunden-Service an sieben Tagen die Woche und Hygieneräume. "Wir beraten die Menschen auch in ihrem Zuhause, wenn das gewünscht ist. Diesen Service und diese Infrastruktur kann ein Onlinebestatter in der Regel gar nicht bieten", sagt der Bestatter.

Es ist nicht lustig, immer wieder Briefe mit 'Preisanpassungen' zu bekommen, weil auch irgendwann die Kunden nicht mehr können.

Tobias Wenzel Innungsobermeister der Bestatter-Innung Sachsen

Dass für manche Menschen die höheren Preise ein echtes Problem sind, wissen die Bestatter. "In der gesamten Wirtschaft ist die Stimmung schlecht. Es ist nicht lustig, immer wieder Briefe mit 'Preisanpassungen' zu bekommen, weil auch irgendwann die Kunden nicht mehr können", so Tobias Wenzel aus Sachsen. Irgendwann hätten die Angehörigen kein Geld mehr, um Bestattungen zu bezahlen.

Weniger Trauerfeiern als früher

Dass Hinterbliebene Kosten sparen müssen, merke man auch daran, dass es jetzt weniger Trauerfeiern als früher gebe, erzählt Wolfgang Ruland. "Corona hat da nochmal einen richtigen Ruck gegeben. Seit Jahren nehmen aber auch Sozialbestattungen zu." Das bestätigt Gerd Rothaug aus Thüringen. "Immer mehr Menschen brauchen Hilfe vom Amt für die Bestattungen. Leider haben wir oft das Problem, dass Behörden lange brauchen, um zu zahlen. Wir schießen das Geld vor, da kommen teilweise hohe Summen zusammen."

Wir haben ein West-Ost-Gefälle.

Wolfgang Ruland Bestatter-Innung Sachsen-Anhalt

Dabei seien Beerdigungen im Osten Deutschlands meistens preiswerter als im Westen. "Wir haben ein West-Ost-Gefälle", sagt Bestatter Ruland. Kremierungen kosteten im Osten der Republik beispielsweise um die 300 Euro und damit 200 Euro weniger als im Westen. Auch die Lage, also ob Stadt oder Land, ob strukturschwache oder wirtschaftsstarke Gegend, sei entscheidend. "Wenn ich Menschen um mich habe, die gut verdienen, wird auch der Bestatter gut verdienen." Ruland erzählt, dass er es schon erlebt habe, dass Urnen extra bei ihm gekauft wurden, weil sie preiswerter waren. Und es käme häufig vor, dass Hinterbliebene mit einem viel höheren Preis rechneten. "Viele Leute sind froh und glücklich, wenn sie den Kostenvoranschlag bekommen, weil sie erwartet haben, dass die Kosten viel höher sind."

Gas- und Strompreisbremsen ändern nichts an den Preisen

Ob und wann die Kosten für Bestattungen sinken werden, sei nicht abzusehen, sagt Gerd Rothaug. "Wir gehen nicht davon aus, dass die Preise wieder zurückgehen. Wo die Reise hingeht, ist nicht wirklich abzuschätzen." Auch die Energiepreisbremse ändere nichts an den gegenwärtigen Preisen. "Ich habe es noch nicht erlebt, dass irgendjemand seine Preiserhöhung wieder zurückgenommen hat. Die Strom- und Gaspreisbremse schlägt sich kaum nieder, weil andere Kosten das wieder auffressen", sagt Wolfgang Ruland.

Im Großen und Ganzen sieht der Bestatter aus Sachsen-Anhalt die Krise als Herausforderung. "Ich kann nicht sagen, dass ich vor unlösbaren Problemen sitze, eher vor neuen Herausforderungen. Wir arbeiten nach wie vor fleißig rund um die Uhr." Probleme gebe es schließlich immer. "Aus jeder Krise entsteht etwas Neues. Im Grunde genommen lernen wir durch solche Krisen."

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Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT - Das Radio wie wir | 11. März 2023 | 12:00 Uhr

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