Revision Ex-Stasi-Offizier akzeptiert Mord-Urteil nicht
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18. Oktober 2024, 20:11 Uhr
Ein Ex-Stasi-Offizier aus Leipzig wehrt sich gegen ein Gerichtsurteil. Am DDR-Grenzübergang in Ost-Berlin soll der 80-Jährige einen polnischen Mann hinterrücks vor rund 50 Jahren erschossen haben. Das Landgericht Berlin hatte den Ex-Stasi-Mitarbeiter wegen Mordes diese Woche verurteilt.
- Ein wegen Mordes verurteilter Stasi-Offizier hat Revision gegen das Urteil eingelegt.
- Die entscheidenden Hinweise zum Mordschützen lieferte das Stasi-Unterlagen-Archiv.
- Die Anklage gegen den 80-Jährigen erfolgte erst nach mehreren Jahrzehnten.
Ein wegen Mordes verurteilter Ex-Stasi-Offizier hat Revision gegen das Urteil des Landgerichts Berlin eingelegt, wie eine Gerichtssprecherin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte.
Das Gericht hatte den inzwischen 80-Jährigen aus Leipzig vergangenen Montag schuldig gesprochen und zu zehn Jahren Haft verurteilt. Aus Richtersicht gibt es keinen Zweifel daran, dass der damalige Oberleutnant am 29. März 1974 aus einem Hinterhalt heraus einen 38 Jahre alten Polen im Auftrag des DDR-Geheimdiensts erschossen hat.
Ex-Stasi-Offizier hat Vorwürfe bestritten
Der Angeklagte hatte vor Gericht zu den Vorwürfen geschwiegen. Seine Verteidigerin hatte zu Prozessbeginn erklärt, ihr Mandant bestreite die Anschuldigungen. Sie plädierte auf Freispruch. Es sei nicht erwiesen, dass der Angeklagte der Schütze gewesen sei.
Stasi-Unterlagen-Archiv liefert Hinweise
Es dauerte Jahrzehnte, bis der Fall im wiedervereinigten Deutschland vor Gericht kam. Erst im Jahr 2016 lieferte das Stasi-Unterlagen-Archiv einen entscheidenden Hinweis zur möglichen Identität des Schützen. Zwei Stasi-Dokumente, auf die sich die Anklage stützt, sind besonders wichtig.
Ein Dokument betrifft einen internen Bericht des Stasi-Oberst Willi Damm, der die Aktion gegen das polnische Opfer leitete. Zudem ordnete Stasi-Chef Erich Mielke an, allen zwölf an der Aktion beteiligten Stasi-Männern den Kampforden "Für Verdienste um Volk und Vaterland" zu verleihen, mal in "Gold, Silber oder Bronze." Auch der jetzt verurteilte Ex-Stasi-Offizier hatte einen solchen Orden bekommen.
Anklage wegen Mordes erst nach Jahrzehnten
Die Staatsanwaltschaft ging zunächst von Totschlag und nicht von Mord aus und stellte das Verfahren 2017 ein, weil die Tat in diesem Fall verjährt gewesen wäre. Hintergrund für die neue Bewertung war ein europäischer Haftbefehl gegen den Angeklagten.
Polnische Staatsanwälte hatten die Auslieferung des Ex-Stasi-Offiziers nach Polen beantragt. Daraufhin fragte das für die Auslieferung zuständige Oberlandesgericht Dresden bei der Staatsanwaltschaft Berlin an, ob der Mordverdacht nicht noch einmal geprüft werden müsse. 2023 erhob diese schließlich Anklage, weil sie inzwischen das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt sah, dass dem Pole mutmaßlich heimtückisch in den Rücken geschossen wurde.
Bei der Entscheidung im aktuellen Fall war laut Gericht das zum Tatzeitpunkt mildere DDR-Strafrecht zu berücksichtigen. Dadurch kam es nicht - wie eigentlich bei Mord nach bundesdeutschem Recht üblich - zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe, sondern zehn Jahren Haft.
MDR (phb)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 14. Oktober 2024 | 12:00 Uhr