Ernährung Anstieg von Laktoseintoleranz: Experten sind skeptisch
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24. August 2023, 10:14 Uhr
Die Zahl der gemeldeten Fälle von Laktoseintoleranz sind in den vergangenen Jahren laut einer Erhebung deutlich gestiegen. Doch dafür gibt es laut Experten auch andere Gründe, wie die übertriebene Verarbeitung von Milchprodukten. Außerdem könne ein ungesundes Essverhalten zu der Annahme führen, dass eine Intoleranz vorliege.
- Bei der KKH gibt es 61 Prozent mehr Versicherte mit Laktose-Intoleranz als noch vor zehn Jahren.
- Der Deutschen Allergie- und Asthmabund bezweifelt, dass es einen tatsächlichen Anstieg von Laktose-Intoleranten gibt.
- Auch an der Abteilung für Ernährungsmedizin der Universität Leipzig kann man keinen Trend zu mehr Laktose-Unverträglichkeit erkennen.
Wenn der Bauch nach dem Glas Milch grummelt, der Joghurt zu Übelkeit führt und man sich nach Käse erbrechen muss, sollte sich das wohl besser mal ein Mediziner anschauen.
Offenbar ist das in den vergangenen Jahren häufiger passiert. Jedenfalls sind die gemeldeten Laktoseintoleranzen bei der Kaufmännischen Krankenkasse, KKH, förmlich durch die Decke gegangen: "Wenn wir uns die letzten zehn Jahre anschauen, dann sind es tatsächlich um die 61 Prozent mehr an Versicherten, die eine Laktose-Intoleranz haben als im Vergleich noch vor zehn Jahren", erklärt Anja Luci, Ernährungswissenschaftlerin der KKH.
Wie dieser drastische Anstieg zustande kommt, darüber könne sie nur spekulieren. Wahrscheinlich liege es teilweise daran, dass Betroffene viel sensibler mit dem Thema umgingen: "Es ist medial auch überall präsent. Vor allem das Thema Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Auch die Ärzte sind sensibler für das Thema. Ich glaube, auch das Gesundheitsbewusstsein ist gestiegen. Man geht doch einfach öfter und schneller zum Arzt", sagt Luci.
Unverträglichkeit durch Verarbeitung der Milchprodukte
Sonja Lämmel betrachtet die Zahlen der Krankenkasse mit einiger Skepsis. Lämmel arbeitet für den Deutschen Allergie- und Asthmabund, DAAB: "Wenn wir uns darüber unterhalten, ob die Laktose-Intoleranz in der Gesellschaft zunimmt, müssen wir uns erst mal darüber unterhalten, wie diese Zahlen erhoben worden. Sind das wirklich epidemiologische Zahlen mit Diagnosen verbunden oder ist das das Empfinden der Betroffenen?"
Der DAAB verzeichnet jedenfalls keinen drastischen Anstieg der "echten" Laktoseintoleranzen, wie Lämmel sagt. Das heiße aber nicht, dass es nicht viele Menschen gebe, die nach dem Verzehr von Laktose Probleme hätten: "Nur wir müssen uns hier angucken, was das für Produkte sind, die die Menschen verzehren. Es ist so, dass unsere Milchprodukte immer mehr verarbeitet werden. Das heißt, sie werden ultrahocherhitzt und sind für den Darm eher unverträglicher, weil die guten Milchsäurebakterien, die wir eigentlich brauchen, nicht mehr vorhanden sind."
Die Betroffenen hätten also das Gefühl, dass sie Milchprodukte nicht mehr vertragen, sie könnten aber auch schlicht die falschen Produkte gegessen haben.
Verdauungsprobleme durch zu große Essensmengen
Einen Trend hin zu mehr Laktose-Unverträglichkeit kann auch Lars Selig nicht erkennen. Er ist Leiter der Abteilung für Ernährungsmedizin in der Leipziger Uniklinik: "Man muss quasi sagen, dass es heutzutage fast eine Modeerscheinung ist, dass man irgendein Ernährungsproblem hat. Wenn man heute essen geht, dann gehört es fast zum guten Ton, dass man sagt, man verträgt keine Laktose, keine Fruktose, kein Histamin. Tatsächlich können wir das ernährungstherapeutisch ernährungswissenschaftlich gar nicht mittragen."
Bei vielen Patienten hingen Verdauungsprobleme vielmehr mit dem Essverhalten, dem Mahlzeitenrhythmus oder eben der Auswahl der verschiedenen Lebensmittel zusammen, sagt Selig. Das Grummeln im Bauch liege dann vielleicht nicht an einer Unverträglichkeit, sondern an zu großen Mengen, die man zu sich genommen hat.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 24. August 2023 | 08:19 Uhr