Rettungswesen Mitgliederboom bei Kinder- und Jugendfeuerwehren in Mitteldeutschland
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17. Juni 2024, 06:36 Uhr
Tatütata – die Feuerwehr ist da: die großen roten Fahrzeuge mit dem Martinshorn faszinieren viele Kleinkinder. Mit großen Augen schauen sie den Autos hinterher. Bei manchen führt die Begeisterung dazu, dass sie sich selbst engagieren wollen. Das geht schon ab fünf Jahren bei der Kinder- und Jugendfeuerwehr. Und die hat seit Jahren Zulauf. Mehrere hunderttausend Jungen und Mädchen sind bundesweit dabei. Sie lernen spielend das Grundhandwerk, aber auch Teamarbeit und Kameradschaft.
- Zu Besuch bei einer Jugendfeuerwehr im Osten Thüringens
- Bei der Kinder- und Jugendfeuerwehr Lehndorf im Altenburger Land gibt es eine Warteliste
- Aufnahmestopps wegen Andrang
- Wohnraum im Ausrückebereich fehlt
Draußen antreten in Zweierreihen heißt es für die rund 30 Mädchen und Jungen im thüringischen Nobitz im Altenburger Land. Alle tragen blaue Zweiteiler mit reflektierenden Streifen. Die Schultern sind orange, genauso wie der Helm auf dem Kopf. Sie sind zwischen sechs und 17 Jahren alt: manche sind seit zehn Jahren bei der Jugendfeuerwehr, manche erst seit ein paar Wochen.
Auf die Frage, warum es bei der Feuerwehr so toll ist, antwortet die zwölfjährige Lara: "Ich wollte zur Feuerwehr, seit ich klein war. Ich finde es hier cool, weil man mit den Leuten zusammenhält und Spaß hat." Der neunjährige Marvin möchte einmal Feuerwehrmann werden. "Es macht mir halt Spaß und ich kann mir auch gut vorstellen, dass ich Feuer löschen und Menschen retten werde." Anne, 15 Jahre, findet es wichtig, dass man "allgemeines Grundwissen über Fahrzeuge, Geräte und kleine Löschangriffe" lernt. Man könne später auch in die richtige Feuerwehr gehen und habe dann schon Erfahrung, betonte sie.
Löschübung auf der Wiese
Heute ist Löschtraining. Auf einer großen Wiese hinter dem Jugendfeuerwehrhaus dürfen alle verschiedene Feuerlöscher testen. Jugendfeuerwehrwartin Steffi Heidel hilft und erklärt. Sie erzählt, nicht jeder, der möchte, könne sofort mitmachen. Es gebe eine Warteliste.
Sie sagt: "Ich habe mal mit 21 Kindern 2012 angefangen und es wurde stetig mehr. Das liegt aber auch an der jeweiligen Jugendfeuerwehr, wie die Kinder sich da wohlfühlen. Und was die Jugendfeuerwehr leisten kann. Ohne Betreuer, die das alles managen neben ihrem normalen Einsatzdienst funktioniert es halt nicht. Manche Feuerwehren machen auch bei zehn Kindern Schluss, weil sie keine Betreuer haben."
Aufnahmestopps wegen Andrang
Aufnahmestopps sind nicht selten. Vielerorts in Mitteldeutschland erleben die Jugendfeuerwehren großen Andrang. In Thüringen berichtet der Landesfeuerwehrverband von einem enormen Zuwachs. Im Jahr 2022 sei die Zahl der Mitglieder um 8,9 Prozent gestiegen, im Jahr 2023 nochmals um 3,4 Prozent auf dann 15.474 junge Menschen. In den Städten wie Erfurt und Jena habe es allerdings keinen Aufwärtstrend gegeben. In Sachsen-Anhalt wurde laut Landesjugendfeuerwehr 2023 mit 17.866 Mitgliedern ein Höchststand erreicht. Insgesamt betrugt der Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr 4,9 Prozent.
Und auch in Sachsen sind die Zahlen laut Landesjugendfeuerwehrwart Frank Pfeiffer stetig von 12.000 im Jahr 2013 auf mehr als 19.000 gestiegen. In den letzten zehn Jahren sei dies ein Zuwachs von über 36 Prozent an neuen Mitgliedern, erklärte Pfeiffer. Er betont zugleich: "Was wir bei uns in Sachsen gemerkt haben ist, dass durch die Gründung der Kinderfeuerwehren die Zahlen nach oben gehen. Wir haben den Vorteil, dass wir die Kinder ab fünf Jahren aufnehmen können und die dann meistens auch dabeibleiben." Weitere Gründe für den Mitgliederboom könnten sein, vermutet Pfeiffer, dass sich die Begeisterung rumspricht, dass die Jugendfeuerwehr beitragsfrei ist, im ländlichen Raum oft eins von wenigen Angeboten ist und dass sie auch zu Corona-Zeiten teilweise Dienst machen konnte. Pfeiffer zufolge bedeutet der Zulauf aber nicht, dass sich auch als Erwachsene genug Menschen bei den Freiwilligen Feuerwehren engagieren.
Wohnraum im Ausrückebereich fehlt
Ein Problem im Erwachsenenbereich benennt der Wehrleiter der Stadtteilfeuerwehr Dresden-Pillnitz, Thiemo Matzkat. "Wenn die Jugendfeuerwehrleute dann tatsächlich bei den Eltern ausziehen wollen, finden sie aktuell in unserem Ausrückebereich keinen Wohnraum und müssen dann die Gegend verlassen. Und wir verlieren sie als kompetente Einsatzkraft."
Denn die freiwilligen Feuerwehrleute müssen wenige Minuten entfernt von der Feuerwache wohnen. Sie sollten günstiger Wohnraum bekommen, wünscht sich Sachsens Jugendfeuerwehr von der Politik. Damit die, die jung angefangen haben und retten wollen, auch weiter helfen können.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 17. Juni 2024 | 06:48 Uhr