Regierungsstrategie gefordert Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen schon bei Kindern wichtig
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29. Dezember 2024, 05:00 Uhr
Mit dem Gesundes-Herz-Gesetz wollte Ampel-Gesundheitsminister Karl Lauterbach für eine bessere Früherkennung und Versorgung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sorgen. Denn Deutschland hat viele Herztote – und dadurch eine um 1,7 Jahre niedrigere Lebenserwartung als Menschen in den anderen westeuropäischen Ländern. Der Fokus müsse auf Prävention liegen und nicht darauf, Krankheitsrisiken mit Medikamenten zu behandeln, sagten Kritiker des Gesetzes.
- Experten plädieren dafür, Kinder frühzeitig auf die genetische Erkrankung Hypercholesterinämie zu untersuchen, eine Störung des Cholesterinstoffwechsels.
- Viele mögliche Maßnahmen für Herzgesundheit gehen über den Verantwortungsbereich des Gesundheitsministeriums hinaus.
- Bewusstsein für ein gesundes Leben muss den Experten zufolge schon in der Schule geschaffen werden.
Über das Gesundes-Herz-Gesetz wird der Bundestag nicht mehr entscheiden. Und dennoch: Es hat es eine Debatte um das Thema Prävention angestoßen. Denn es gab einige Kritik – unter anderem von den Unparteiischen im Gemeinsamen Bundesausschuss – der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen.
Bundesausschuss-Sprecherin Ann Marini sagt, es werde zu schnell auf Arzneimittel gesetzt. Das könne nicht die Lösung sein. "Also wir müssen bei Prävention schon immer noch das Gleichgewicht sehen zwischen Bewegung, Ernährung – also lebensstilverändernden Maßnahmen – und Arzneimitteleinsatz." Arzneimittel seien dann gut und richtig, wenn es wirklich nicht mehr anders gehe.
Kinder frühzeitig auf genetische Erkrankung untersuchen
Und es gibt Fälle, in denen es nicht anders geht: etwa bei einer genetisch bedingten Störung des Cholesterinstoffwechsels – der familiären Hypercholesterinämie, erklärt die Thüringer Vorsitzende des Bundesverbandes Niedergelassener Kardiologen, Jana Boer. Schon Kinder darauf zu testen, sei eine Form der Prävention, sagt sie.
Für gesunde Kinder sind gesundes Schulessen und Sportunterricht wichtig.
"Da gibt es auch ein Projekt in München, die das schon ausführen, wo quasi kostenlose Messungen durchgeführt werden, und die Kinder profitieren extrem davon", sagt Boer. Wobei man sagen müsse, bei der leichteren Form der Blut-Fettstoffwechsel-Störung reiche es aus, ein Statin zu geben, so wie es der Gesundheitsminister vorgeschlagen hat. Das ergebe Sinn. Für gesunde Kinder jedoch, so die Erfurter Kardiologin, wären gesundes Schulessen und Sportunterricht wichtig.
Herzgesundheit muss von gesamter Bundesregierung mitgedacht werden
Ähnlich sieht das Holger Thiele, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie. Niemand habe empfohlen, eine ungesunde Lebensweise frühzeitig mit Medikamenten zu behandeln, sagt er. Aber viele Präventions-Bausteine fielen in andere Ressorts: "Wie zum Beispiel die Erhöhung der Tabaksteuer. Das ist ein sehr effektives Instrument, um die Raucherquote in einem Land zu reduzieren."
Das sei aber nicht innerhalb des Bundesgesundheitsministeriums in der Verantwortung, sagt Thiele. Insofern könnten nicht alle Präventionsinstrumente in einem Gesunden-Herz-Gesetz abgebildet werden.
Experten wünschen Herzgesundheit-Strategie der gesamten Bundesregierung
Thiele hofft aber, dass mit der Aufmerksamkeit für das Thema die nächste Bundesregierung eine Herzgesundheit-Strategie beschließen könnte. Das wünscht sich auch Gerhard Schillinger vom AOK-Bundesverband. Dabei müsse die Politik sich aber auch an die schwierigen Themen trauen.
Wenn wir den Menschen versuchen zu sagen, dass zu viel Zucker, zu viel Süßigkeiten ungesund sind und gleichzeitig läuft eine massive Werbung für Süßigkeiten für Kinder, dann kann man dagegen fast nicht ankommen.
"Wenn es zum Beispiel keinen Basketballplatz im Viertel gibt, dann werden die Kinder nicht Basketball spielen gehen. Wenn wir den Menschen versuchen zu sagen, dass zu viel Zucker, zu viel Süßigkeiten ungesund sind und gleichzeitig läuft eine massive Werbung für Süßigkeiten für Kinder, dann kann man dagegen fast nicht ankommen", sagt Schillinger.
Gesundheitsaufklärung schon an Schulen
Übergewicht und vor allem das viszerale Bauchfett sind ein Hauptrisikofaktor für Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall. Die Deutsche Herzstiftung setzt auf Aufklärung schon in den Schulen. Hier sei der richtige Ort für die ersten Impulse zur Gesundheitserziehung, so der Vorsitzende Thomas Voigtländer.
"Wir haben jetzt in der Schule in Hessen Reanimationsunterricht mit begleitet in der 7. Klasse. Also dass die Kinder in einem Alter, wo das vernünftig ist – und 7. Klasse ist, glaub ich, ein gutes Alter – schon mit diesen Themen in Kontakt geraten, damit sie frühzeitig auch um die Bedeutung dieser Risikofaktoren wissen", erklärt Voigtländer.
Gesund leben liegt bei Kindern und Jugendlichen im Trend
Auch in Berlin gebe es bereits ein Projekt gegen das Rauchen. Dafür brauche es aber immer die Unterstützung der Länder, sagt Voigtländer. Die Arbeit mit den Jugendlichen stimme ihn aber eher positiv: Eine gesunde Lebensweise sei immer mehr im Trend und werde auch von vielen Influencern in sozialen Medien gefördert.
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat jüngst auch ganz ohne neues Gesetz beschlossen, dass bestimmte Risikogruppen schneller Medikamente bekommen sollen. Und auch über das Screening auf die genetische Fettstoffwechselstörung wird dort schon beraten.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 29. Dezember 2024 | 06:00 Uhr
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