Studie Ein Drittel der Männer findet Gewalt gegen Frau akzeptabel
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11. Juni 2023, 16:28 Uhr
Männer sollen das Geld verdienen, die Frauen sind für den Haushalt zuständig. Dieses traditionelle Rollenbild einer Partnerschaft haben anscheinend nicht wenige junge Menschen, wie eine Studie der Hilfsorganisation Plan International zeigt. Danach gaben 34 Prozent an, auch Gewalt in einer Partnerschaft auszuüben, um den Frauen "Respekt einzuflößen". 14 Prozent der jungen Frauen halten ein solches Verhalten der Studie zufolge für tolerierbar.
- Eine Studie einer Hilfsorganisation hat junge Menschen unter 35 Jahren zu Rollenbildern und Partnerschaft befragt.
- Fast jeder Zweite findet, ziehe sich eine Frau "aufreizend" an, provoziere sie eine Reaktion von Männern.
- 39 Prozent erwarten, dass die Frau zugunsten des Mannes in einer Partnerschaft beruflich zurücksteckt.
Jeder dritte junge Mann in Deutschland findet gelegentliche Gewalt gegenüber Frauen in Ordnung – zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Hilfsorganisation Plan International. In der repräsentativen Befragung ging es beispielsweise um Fragen zu Rollenbildern von Frauen und Männern, Gleichberechtigung und Gewalt.
In der Befragung "Spannungsfeld Männlichkeit" nannten 33 Prozent der rund 1.000 Befragten zwischen 18 bis 35 Jahren es "akzeptabel", wenn ihnen im Streit mit der Partnerin "gelegentlich die Hand ausrutscht". 34 Prozent gaben an, Frauen gegenüber auch mal handgreiflich zu werden, "um ihnen Respekt einzuflößen". Unter den ebenfalls rund 1.000 befragten jungen Frauen nannten 14 beziehungsweise 17 Prozent diese Verhaltensweisen ebenfalls akzeptabel.
Erschrocken davon zeigte sich Karsten Kassner, Fachreferent des Bundesforums Männer. "Problematisch ist, dass ein Drittel der befragten Männer Handgreiflichkeiten gegenüber Frauen verharmlosen. Das muss sich dringend ändern", sagte Kassner den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Aufreizendes Verhalten als Aufforderung verstanden
In Bezug auf Partnerschaften unterscheiden sich die Maßstäbe an die Geschlechter. Jeder zweite Mann will keine Beziehung mit einer Frau, die viele Sexualpartner hatte. Gleichzeitig reizt es 37 Prozent der Befragten, "so viele Sexualpartnerinnen zu haben, wie ich kann". 47 Prozent stimmten der Aussage zu: "Wenn eine Frau sich aufreizend verhält, muss sie sich nicht wundern, wenn ein Mann dies als Aufforderung versteht." Zugleich sagten 48 Prozent, sie fühlten sich gestört, "wenn Männer ihr Schwulsein in der Öffentlichkeit zeigen".
Insgesamt zeigt sich laut Plan International, dass viele junge Männer in Deutschland – aber auch etliche junge Frauen – eine "ziemlich traditionelle" Vorstellung von Männlichkeit und Rollenbildern hätten. Von "wahrer Gleichberechtigung" sei die junge Generation deutlich entfernt. Viele Einstellungen und Verhaltensmuster junger Männer könnten für sie selbst sowie für Frauen und Menschen mit anderen Geschlechteridentitäten schädlich sein.
Traditionelle Rollenbilder sehr verbreitet
Die Befragten zeigten teilweise, dass sie alte, traditionelle Geschlechterklischees übernehmen würden. 52 Prozent der befragten Männer sehen ihre Rolle darin, Geld zu verdienen; für die Hausarbeit sei vor allem die Frau zuständig. 49 Prozent gaben an, in der Beziehung oder Ehe in der Regel das letzte Wort zu haben. 47 Prozent wollen nicht, dass ihre Partnerin männliche Freunde trifft. 39 Prozent erwarten von ihrer Partnerin, dass sie für den eigenen beruflichen Erfolg zurücksteckt.
Auch die stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Andrea Lindholz nannte die Ergebnisse der Studie "erschreckend". Staat und Gesellschaft müssten sich "mit der Entwicklung, Erziehung und Aufklärung junger Männer stärker befassen und neue präventive Konzepte entwickeln", erklärte sie am Sonntag.
Details zur Studie
Für die Erhebung wurden den Angaben zufolge im März jeweils 1.000 Männer und Frauen zwischen 18 und 35 Jahren online zu ihren Vorstellungen von Männlichkeit befragt. Themen waren unter anderem die Rollenverteilung in Beziehungen, der Umgang mit Gefühlen, Gewaltanwendung, der Umgang mit Problemen und Selbstfürsorge.
Die Sprecherin von Plan International Deutschland, Alexandra Tschacher, sagte auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur, für die Umfrage seien Menschen mit unterschiedlichen Bildungsabschlüssen ausgewählt worden. Angaben zu Religion, Nationalität und Migrationshintergrund seien bewusst nicht erhoben worden.
AFP, KNA (kar)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 11. Juni 2023 | 06:00 Uhr