Zu wenig Personal GEW sieht Kitas kurz vor dem Zusammenbruch
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10. Dezember 2022, 13:48 Uhr
Zu wenig Personal und jetzt auch noch hohe Krankenstände: Die Situation in vielen Kitas sei besorgniserregend, mahnt die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft. Die soziale Branche müsse endlich gestärkt werden – eine Aufgabe für die Politik.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sieht Kitas in Deutschland angesichts hoher Krankenstände bei Erzieherinnen und Erziehern kurz vor dem Zusammenbruch. "Die Bedingungen in den Kitas sind kaum noch zu verantworten", schreibt Doreen Siebernik, Vorstandsmitglied Jugendhilfe und Sozialarbeit der GEW, in einem Gastbeitrag für die "Welt am Sonntag". Zu oft gehe es nur noch um Verwahrung.
Grassierende Infektionen, allgemeine Erschöpfung der Beschäftigten und eine ungewöhnlich hohe Fluktuation in der Belegschaft lassen es Siebernik zufolge nicht mehr zu, allen Kindern gerecht zu werden. "Es gibt Häuser mit einem Krankenstand von mehr als 50 Prozent."
Betreuungszeiten würden massiv gekürzt oder ganze Einrichtungen geschlossen. Mancherorts sei die Situation regelrecht dramatisch.
Das liegt aus Sicht der Gewerkschafterin zufolge aber nicht nur an der Grippewelle, sondern an Personalmangel, fehlenden Kitaplätzen und Belastungen durch die Pandemie oder die Aufnahme geflüchteter Kinder. Den Kitas sei die notwendige Unterstützung verweigert worden. Deshalb treffe die aktuelle Krankheitswelle jetzt auf ein insgesamt geschwächtes System, schreibt Siebernik. Es fehle nach wie vor entschlossenes politisches Handeln, um den Platzausbau und die Qualitätsentwicklung zu verbessern. "Erst wenn die Arbeits-, Rahmen- und Einkommensbedingungen stimmen, werden sich noch mehr Menschen für diese tollen Berufe entscheiden", mahnte Siebernik mit Blick auf fehlende Fachkräfte.
266.000 fehlende Kitaplätze
In Deutschland fehlen zudem 266.000 Kitaplätze für Kinder unter drei Jahren. Das zeigt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Dabei ist die Betreuungslücke im Vergleich zu 2019 bereits um rund 100.000 Plätze gesunken. Während Bremen und Nordrhein-Westfalen die größten Engpässe aufzeigen, ist der Studie zufolge die Situation der Kleinkindbetreuung in Sachsen-Anhalt und Hamburg am besten.
Mit Blick auf die Zukunft gibt es nach Einschätzung des IW keinen Grund zur Entwarnung. "Aufgrund der Corona-Pandemie wurden weniger Betreuungsplätze benötigt. Außerdem suchen seit einigen Monaten viele Menschen aus der Ukraine Schutz vor dem russischen Angriffskrieg – auch Eltern mit ihren Kleinkindern", betonte IW-Studienautor Wido Geis-Thöne. Wie sich die Bedarfssituation in den kommenden Jahren entwickeln werde, lasse sich daher nur schwer abschätzen. Es könne aber dazu kommen, dass sich die Lage weiter verschärfe.
dpa(amu)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 10. Dezember 2022 | 08:30 Uhr