Eine Pflegerin reicht einer Frau ein Getränk.
Fast eine Viertelmillion Pflegekräfte gehen in den kommenden zehn Jahren in Rente. Ein Report der Krankenkasse DAK skizziert den daraus resultierenden Mangel an Pflegepersonal. Bildrechte: picture alliance/dpa | Jana Bauch

DAK-Report Gravierender Pflegemangel bereits ab 2029 prognostiziert

09. April 2024, 14:12 Uhr

Immer mehr alte Menschen müssen gepflegt werden - gleichzeitig gibt es zu wenige Pflegerinnen und Pfleger. Das Ausscheiden der Babyboomer aus dem Berufsleben verschärft die Situation, wie ein Report der Krankenkasse DAK zeigt. Hinzu kommt demnach noch eine Finanzierungslücke Ende 2024.

Wegen des Ausscheidens der Babyboomer-Generation aus dem Berufsleben schmilzt die ohnehin dünne Personaldecke in der Pflege. In fünf Jahren erreichen mit Bremen und Bayern die ersten Bundesländer einen "Kipppunkt", an dem deutlich mehr Pflegende in den Ruhestand gehen, als Nachwuchskräfte in den Beruf einsteigen, wie aus dem am Dienstag in Hamburg veröffentlichten DAK-Pflegereport hervorgeht.

Demnach müssen in den kommenden zehn Jahren fast in jedem Bundesland 20 Prozent des Pflegepersonals ersetzt werden. Von den mehr als 1,1 Millionen professionellen Pflegekräften in Deutschland werden mehr als 249.500 in den kommenden zehn Jahren das Renteneintrittsalter erreichen - das sind 21,9 Prozent. Der Bedarf variiert von Bundesland zu Bundesland zwischen 19,7 Prozent in Sachsen und 26,5 Prozent in Bremen.

Zahl der Pflegebedürftigen wächst kontinuierlich

Der tatsächliche Bedarf an Pflegekräften dürfte dem Report zufolge angesichts einer ständig wachsenden Zahl pflegebedürftiger Menschen noch weitaus größer sein. "Wir schätzen, dass in den nächsten 25 Jahren rund 2,3 Millionen Menschen mehr als heute auf pflegerische Unterstützung angewiesen sein werden", erkärte Studienleiter Thomas Klie vom Institut AGP Sozialforschung. Die Zahl der Pflegebedürftigen werde von 5,2 Millionen im Jahr 2022 auf 7,5 Millionen im Jahr 2050 steigen. Hinzu komme eine starke gesundheitliche Belastung des Pflegepersonals mit einer hohen Zahl an Fehltagen.

Um dem Mangel zu begegnen, ist die Ausbildung in den Pflegeberufen dem Report zufolge zentral. Es sei jedoch unrealistisch, davon auszugehen, dass es gelingen werde, mehr Pflegekräfte in Deutschland auszubilden. Insbesondere in urbanen Zentren lägen wichtige Ressourcen deshalb in der Zuwanderung internationaler Pflegekräfte. Doch auch diese würden weder den Schwund noch den zusätzlichen Bedarf decken können. Teil der Lösung könne auch die Generation der Babyboomer sein: Dem Pflegereport zufolge ist die Sorgebereitschaft stark ausgeprägt. Jeder und jede Zweite könne sich vorstellen, Sorgearbeit zu übernehmen. 

DAK warnt für 2024 vor Finanzierungslücke

Die Krankenkasse rechnet zudem bereits für das vierte Quartal 2024 mit deutlichen Finanzierungslücken - auch weil der Bund die Pflegekassen mit versicherungsfremden Leistungen belaste. Das mache Beitragssatzerhöhungen voraussichtlich noch vor der Bundestagswahl im kommenden Jahr gesetzlich erforderlich, sagte der Vorstandsvorsitzende der DAK-Gesundheit, Andreas Storm.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte unterdessen, vor weiteren Beitragserhöhungen müsse die Pflegeversicherung erst von versicherungsfremden Leistungen entlastet werden. "Damit stünden immerhin zusätzlich sieben Milliarden Euro für die Pflege zur Verfügung", sagte Vorstand Eugen Brysch. "Ebenso gilt es, die pandemiebedingten Kosten von 6,4 Milliarden Euro in die Pflegekasse zurückzuführen."

Zur Stabilisierung der Pflegeversicherung hatte der Bundestag im vergangenen Jahr eine Reform beschlossen. Die Finanzen sollten eigentlich bis 2025 abgesichert sein. Der Beitrag für Kinderlose stieg auf 4 Prozent und für Beitragszahler mit einem Kind auf 3,4 Prozent. Der Arbeitgeberanteil ging auf 1,7 Prozent herauf. Bei mehr Kindern sinkt der Beitrag. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte eine Kommission eingesetzt, die bis Ende Mai Vorschläge für eine grundsätzliche Reform der Pflegeversicherung vorlegen soll.

Afp ,dpa, kna (lik)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 09. April 2024 | 12:30 Uhr

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