Kampf gegen Desinformation Bürgerrat empfiehlt Gütesiegel für Medien gegen Fake News
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12. September 2024, 18:48 Uhr
Desinformationen sind auch durch die sozialen Medien sehr präsent. Ein Bürgerrat hat nun Empfehlungen vorgestellt, was sich dagegen tun lässt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat jedoch Bedenken.
- Ein Bürgerrat empfiehlt die Einführung eines freiwilligen Gütesiegels für qualitativen Journalismus.
- Bundesinnenministerin Nancy Faeser zeigt sich skeptisch: Die Pressefreiheit sei ein hohes Gut.
- Der Bürgerrat schlägt 30 konkrete Maßnahmen vor – so sollen Betreiber sozialer Netzwerke zur Bekämpfung von Desinformation verpflichtet werden.
Ein Bürgerrat für Maßnahmen gegen Desinformation hat empfohlen, ein freiwilliges Gütesiegel für qualitativen Journalismus einzuführen. Eine unabhängige Stelle solle für das Siegel Kriterien entwickeln und es an Verlage und Medienhäuser vergeben, heißt es im "Bürgergutachten zum Umgang mit Desinformation", das am Donnerstag Bundesinnenministerin Nancy Faeser übergeben wurde. Das Projekt wurde von der Bertelsmann-Stiftung in Kooperation mit dem Bundesinnenministerium umgesetzt. Die vom Bürgerrat entwickelten Ideen sind jedoch nicht bindend, sondern dienen als Empfehlung für künftige Gesetzgebung.
Bei der Vergabe des Gütesiegels sollten laut Gutachten die Schwere und Anzahl der Rügen durch den Presserat Berücksichtigung finden. Auch ob die Medien intern Fakten überprüfen und wie sie mit Quellen umgehen, soll dabei eine Rolle spielen. Verstöße gegen die Kriterien sollen bei einer unabhängigen Anlaufstelle gegen Desinformationen, deren Gründung der Rat ebenfalls empfiehlt, gemeldet werden können. Im Härtefall soll so ein Entzug des sonst für ein Jahr gültigen Siegels möglich sein.
Innenministerin Faeser: Pressefreiheit ist hohes Gut der Verfassung
96 Prozent des Bürgerrats sprachen sich für die Maßnahme aus – Innenministerin Faeser äußerte sich dagegen skeptisch zu dem Vorschlag. Die Pressefreiheit sei ein hohes Gut der Verfassung. "Da würde ich mich als Staat nie einmischen", sagte Faeser. Sie sehe die Einführung eines Gütesiegels kritisch.
Zuletzt stand Faeser wegen des zunächst gescheiterten Versuchs, das rechtsextreme Magazin "Compact" zu verbieten, in der Kritik. Das Bundesverwaltungsgericht hatte das von Faeser erlassene Verbot vorläufig aufgehoben und dabei insbesondere Zweifel an der Verhältnismäßigkeit geäußert.
Bürgerrat erarbeitet 30 konkrete Maßnahmen gegen Fake News
Anfang des Jahres war das Projekt "Forum gegen Fakes" mit einer Online-Befragung gestartet. Mehr als 420.000 Menschen haben Vorschläge, Kommentare und Einschätzungen zum Umgang mit Desinformation gemacht. Der anschließende Bürgerrat bestand aus etwa 120 Teilnehmern, die in Berlin über neun Tage Möglichkeiten zur Einschränkung von Desinformation ausarbeiteten. Das Projekt mündete in 15 Empfehlungen, die nach Ansicht des Bürgerrats mit 30 konkreten Maßnahmen umgesetzt werden könnten.
Neben dem Siegel und der Anlaufstelle fordern die Bürgerinnen und Bürger, die Betreiber sozialer Netzwerke zur effektiven Bekämpfung von Desinformation zu verpflichten. Quellen in Online-Artikeln und Social-Media-Posts sollten besser rückverfolgbar werden. Zudem soll Medienkompetenz in den Lehrplänen rechtlich verankert und Künstliche Intelligenz zur Aufdeckung von Falschinformation weiterentwickelt werden. Faeser versprach, dass ihr Ministerium die Vorschläge prüfen und dann über weitere Schritte mit den Mitgliedern des Bürgerrats im Gespräch bleiben werde.
dpa (mze)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 12. September 2024 | 17:00 Uhr