Luftverschmutzung Leipziger Langzeitstudie: Ost-Luft ist sauberer geworden
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29. April 2025, 16:02 Uhr
Eine Langzeitstudie aus Sachsen zeigt, dass die Luft immer sauberer wird. Innerhalb von zehn Jahren sei die Verschmutzung mit Feinstaubpartikeln im ländlichen Sachsen im Schnitt um fünf Prozent pro Jahr zurückgegangen.
Die Luftverschmutzung ist im ländlichen Sachsen von 2012 bis 2022 im Schnitt um fünf Prozent pro Jahr zurückgegangen. Zu diesem Ergebnis kommen Forschende vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) in Leipzig und der Universität Modena in Italien in einer Langzeitstudie. Die Ergebnisse zeigten, wie wichtig Langzeitmessungen für die Auswertung von Maßnahmen zur Luftreinhaltung seien, so die Forschenden. Untersucht wurden Feinstaubpartikel kleiner als 1 Mikrometer (PM1).
Besonders deutlich waren die Rückgänge bei Luftmassen aus Osteuropa: Dabei sanken die PM1-Konzentrationen im Schnitt sogar um 28 Prozent pro Jahr. Der organische Anteil in den Partikeln ging dagegen mit nur zwei Prozent pro Jahr deutlich geringer zurück: Während organische Partikel aus der Verbrennung von Mineralöl und Kohle etwa konstant blieben, stieg der Anteil aus Biomasseverbrennung mit einem halben Prozent pro Jahr leicht an, was auf eine verstärkte Nutzung von Holz zum Heizen und mehr Waldbrände hinweist.
"Diese Rückgänge verdeutlichen die positiven Auswirkungen der Luftreinhaltungsmaßnahmen in Europa, insbesondere derjenigen, die auf verkehrsbedingte Emissionen wie Stickstoffoxide und Ruß abzielen", erklärt Samira Atabakhsh vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) in Leipzig. "Die osteuropäischen Luftmassen wiesen durchweg höhere Verschmutzungswerte auf als die westeuropäischen, aber dieser Unterschied nahm im Laufe der Zeit ab, was auf potenzielle Verbesserungen der Luftqualität im Osten hinweist."
Schmutzige Luft als lautloser Killer
Aerosolpartikel beeinflussen sowohl das Klima als auch unsere Gesundheit: Schätzungen der Europäischen Umweltagentur (EEA) zufolge starben 2021 etwa 293.000 Menschen in Europa an den Folgen von Luftverschmutzung. Obwohl die Luftqualität seit vielen Jahren kontrolliert wird, mangelt es noch immer an Wissen darüber, wie sich die Feinstaubquellen im Laufe der Jahre verändern und wie das die chemische Zusammensetzung der Feinstaubpartikel in Mitteleuropa beeinflusst.
"Unsere Langzeitmessungen zeigen deutlich, dass die europäische und nationale Luftqualitätspolitik und die Energieversorgung nicht nur die Luftqualität in den Städten beeinflussen, sondern sich über weiträumige Transportprozesse auch auf die ländliche und die Hintergrundumgebung auswirken“, betont Laurent Poulain vom TROPOS. "Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, Veränderungen in der Massenkonzentration sowie in der Verteilung der Quellen und chemischen Spezies zu untersuchen, die zur gesamten Feinstaub-Massenkonzentration beitragen."
EU-weite Grenzwerte für Luftverschmutzung sollen stark gesenkt werden
Im Durchschnitt lag die Partikelmassenkonzentration von Feinstaub der Größe PM1 (also kleiner als 1 Mikrometer) in den Jahren 2012 bis 2022 in der ländlichen Forschungsstation Melpitz bei Leipzig bei knapp 10 Mikrometer pro Kubikmeter – mit einigen bedeutenden jahreszeitlichen Schwankungen.
Feinstaub Als Feinstaub (engl. "Particulate Matter", kurz: PM) bezeichnet man winzige Partikel in der Luft, die eine gewisse Zeit umher schweben, bevor sie auf den Boden sinken. Sie können natürlichen (beispielsweise aus Vulkanen, Bodenerosionen oder Waldbränden) oder menschlichen Ursprungs (beispielsweise aus Reifen- und Bremsenabrieb von Autos, auf Baustellen oder in der Industrie) sein.
Zum Schutz der menschlichen Gesundheit hat die EU-Luftqualitäts-Richtlinie 2008 für die Feinstaubfraktion PM10 einen Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresdurchschnitt festgeschrieben. Ab 2030 soll dieser EU-Grenzwert auf 20 Mikrogramm pro Kubikmeter halbiert werden. Der Jahresgrenzwert für PM2,5 wiederum soll um mehr als die Hälfte gesenkt werden, von bisher 25 auf 10 Mikrogramm pro Kubikmeter. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt sogar nur die Hälfte, also 5 Mikrogramm pro Kubikmeter.
Für kleine Feinstaubpartikel wie den hier gemessenen PM1 gibt es aktuell keine Grenzwerte. Sie gelten in der Wissenschaft aber als wichtiger Indikator für die negativen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, weil diese kleinen Feinstaubpartikel – im Gegensatz zum groben Staub – tief in die Lunge vordringen und dann über die Blutbahn im Körper Entzündungsreaktionen auslösen können.
Bislang nur zwei Messgeräte im bundesweiten Dauereinsatz
Die Entwicklung von Online-Ansätzen auf der Grundlage von Aerosol-Massenspektrometern wie dem in dieser Studie eingesetzten ACSM-Gerät (Aerosol Chemical Speciation Monitor) liefert im Vergleich zu den üblichen täglichen 24-Stunden-Filtermessungen nicht nur zeitlich hoch aufgelöste Ergebnisse über die chemische Zusammensetzung von Aerosolen, sondern bietet auch die Möglichkeit, organische Aerosolquellen zu identifizieren und die wechselnden Windrichtungen viel klarer zuzuordnen.
Deutschlandweit sind nur zwei dieser ACSM-Geräte im Dauereinsatz: Eines am Observatorium des Deutschen Wetterdienstes (DWD) im bayrischen Hohenpeißenberg und eben jenes der TROPOS-Forschungsstation in Melpitz, einem Ortsteil von Torgau. Die Station im sächsischen Tiefland ist umgeben von Wiesen, Feldern und Wald und repräsentativ für weite Teile des ländlichen Ostdeutschlands. Zudem befindet sich die Station an der Grenze zwischen atlantischem und kontinentalem Klima, was sie für großräumige Analysen in Europa besonders interessant macht.
Links/Studien
Atabakhsh, S., Poulain, L. et al. (2025): Trends of PM1 aerosol chemical composition, carbonaceous aerosol, and source over the last 10 years at Melpitz (Germany). Atmospheric Environment. DOI: 10.1016/j.atmosenv.2025.121075
pm
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 29. April 2025 | 06:30 Uhr
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