Trockenheit UFZ-Studie: Europas Dürren der Zukunft könnten 200 Monate dauern
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17. Mai 2022, 17:33 Uhr
Keine Dürre hat sich seit mehr als 250 Jahren so großflächig über Europa ausgebreitet wie die Trockenheit in den Jahren 2018 und 2020. Das hat ein internationales Forscherteam unter Leitung des Leipziger Umweltforschungszentrums (UFZ) bestätigt. Die Forscher prognostizieren für die Zukunft Dürrezeiten, die bis zu 200 Monate anhalten.
Die Jahre 2018 und 2020 sind jetzt der neue Vergleichsmaßstab für Dürren in Europa. So beschreiben die Wissenschaftler die Ergebnisse ihrer Untersuchungen. "Kein anderes Dürreereignis in den vergangenen mehr als 250 Jahren hatte eine so große räumliche Ausdehnung wie dieses", sagt Dr. Oldrich Rakovec. Er ist UFZ-Modellierer und Hauptautor der in der Zeitschrift Earth’s Future der American Geophysical Union veröffentlichten Studie. Für diesen Vergleich haben die Forscher historische Dürren bis ins Jahr 1766 rekonstruiert. Als Dürre definierten die Wissenschaftler dabei jenen Zeitpunkt, an dem die aktuelle Bodenfeuchte bis in eine Tiefe von zwei Metern unter den Wert fällt, der nur in 20 Prozent der Jahre während des gesamten Zeitraums von 250 Jahren erreicht wird. Da diese Daten nicht als Messwerte vorliegen, konnten sie nur modelliert werden, unter anderem aus den Daten der Vergangenheit zu Temperatur und Niederschlag.
Kein anderes Dürreereignis in den vergangenen mehr als 250 Jahren hatte eine so große räumliche Ausdehnung wie dieses.
Eher kalte Dürren in der Vergangenheit
Zwar gab es einige Dürren seit Mitte des 18. Jahrhunderts, die sogar etwas länger dauerten, aber neben der erwähnten größeren räumlichen Ausdehnung unterschied sich auch die Temperatur der aktuellen Trockenperioden. "Die Dürren in der Vergangenheit waren eher kalte Dürren, bei denen sich die durchschnittliche Temperatur kaum veränderte", sagt Dr. Rohini Kumar, ebenfalls Modellierer am UFZ und Co-Autor der Untersuchung.
Enorme Ernteausfälle bei Getreide
Die Folgen hatte vor allem die Landwirtschaft zu tragen. Für Weizen, Mais und Gerste verglich das Forscherteam die durchschnittlichen jährlichen Ernteerträge zwischen 2018 und 2020 mit denen zwischen 1961 und 2021. Dabei zeigte sich, dass in den hauptsächlich von der Dürre betroffenen Staaten die Ernten deutlich zurückgingen: beim Mais in den Benelux-Ländern, Deutschland und Frankreich zwischen 20 und 40 Prozent, beim Weizen in Deutschland bis zu 17,5 Prozent und bei der Gerste bis zu zehn Prozent fast in ganz Europa.
Künftige Dürren könnten 200 Monate dauern
Das Team der UFZ-Modellierer schaute auch in die Zukunft. Je nachdem, welche Szenarien des Klimawandels eintreten, können künftige Dürren 100 Monate dauern und den halben Kontinent erfassen – oder im schlimmsten Fall bis zu 200 Monate auf 70 Prozent der Fläche Europas eintreten. "Die politischen Entscheidungsträger sollten darauf vorbereitet sein, dass die Dürreperioden in Zukunft noch viel stärker ausfallen könnten. Vor allem für die Agrarpolitik sollte das ein Weckruf sein, sich mit geeigneten Maßnahmen gegen den drohenden Wassermangel auseinanderzusetzen", sagt Dr. Luis Samaniego, Mitautor und Leiter der Arbeitsgruppe Landoberflächen-Hydrologie am UFZ. Seine Lösungsvorschläge: Große Wasserreservoirs in unterirdischen Speichern, intelligente Bewässerung und die Züchtung hitzeresistenter Pflanzen.
Die politischen Entscheidungsträger sollten darauf vorbereitet sein, dass die Dürreperioden in Zukunft noch viel stärker ausfallen könnten. Vor allem für die Agrarpolitik sollte das ein Weckruf sein, sich mit geeigneten Maßnahmen gegen den drohenden Wassermangel auseinanderzusetzen.
Links/Studien
Oldrich Rakovec, Luis Samaniego, Vittal Hari, Yannis Markonis, Vojtech Moravec, Stephan Thober, Martin Hanel, Rohini Kumar: The 2018-2020 Multi-Year Drought Sets a New Benchmark in Europe. Earth’s Future.
Die Forschungsarbeit der beteiligten UFZ-Wissenschaftler wurde im Rahmen des bilateralen Projekts XEROS (eXtreme EuRopean drOughtS: multimodel synthesis of past, present and future events) durchgeführt und durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft sowie die Czech Science Foundation gefördert.
pm/gp