Weltklimarat IPCC 1,5 Grad Marke bereits erreicht: Klimawandel trifft Deutschland

26. Juli 2021, 13:14 Uhr

Bei einer zweiwöchigen Tagung stellt der UN-Weltklimarat IPCC seinen neuen Sachstandsbericht zur Erderwärmung fertig. Besonders das Klima in Deutschland hat sich mit 1,6 Grad Celsius demnach bereits deutlich erwärmt.

Seit dem heutigen Montag tagt der Weltklimarat (IPCC, Intergovernmental Panel on Climate Change) und berät dabei den Entwurf seines neuen, sechsten Sachstandsberichts zur Erderwärmung. Am 9. August, in zwei Wochen, soll der erste Band des wissenschaftlichen Kompendiums erscheinen. Der Fokus liegt diesmal auf der Frage, welche Weltregion auf welche Weise von der Klimakrise betroffen ist.

Deutschland bereits 1,6 Grad wärmer als vor der Industrialisierung

Für die Region Westeuropa und damit auch Deutschland zeigt sich schon jetzt: Hier sind die Temperaturen überdurchschnittlich stark gestiegen. In Deutschland liege die Jahresdurchschnittstemperatur derzeit 1,6 Grad über dem vorindustriellen Niveau von 1881, weltweit seien es nur 1,1 Grad zitiert ein Bericht der dpa Astrid Kiendler-Scharr vom Forschungszentrum Jülich, die an dem Forschungsbericht beteiligt ist.

Sommer: Heißer als von den Klimamodellen vorausgesagt

Der neue IPCC-Bericht soll auch einen interaktiven Klimaatlas enthalten, in dem Nutzer nachschauen können, welcher Klimaparameter welche Region wie betrifft. So zeige sich für Westeuropa und damit auch Deutschland, das vor allem die Sommer deutlich heißer geworden seien, als es die bisherigen Klimamodelle vorausgesagt hätten, so Douglas Maraun, ein deutscher Mitautor und Experte für statistische Modellierung an der Universität Graz in Österreich, der an dem Bericht mitschreibt. "Es wird erforscht, welche Rolle dabei Aerosole und natürliche Schwankungen spielen." Gut möglich sei, dass die Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität die Menge an Staub in der Luft über Europa reduziert hätten. Staub aber habe eine kühlende Wirkung gehabt.

Flutkatastrophe im Rheinland: Klimakrise wird jetzt gefährlich

Weitere Daten für Deutschland zeigen: Heute gibt es 17 Prozent mehr Sonnentage als 1981 (mindestens 80 Prozent der dort maximal möglichen solaren Einstrahlung wird gemessen, Quelle DWD), 196 Prozent mehr heiße Tage als 1951 (wärmer als 30 Grad), fünf Prozent mehr Tage mit Starkregen seit 1951 (mindestens 15 bis 25 l/m² in 1 Stunde oder 20 bis 35 l/m² in 6 Stunden) und der Meeresspiegel der Nordsee in Cuxhaven ist bereits um 42 Zentimeter gestiegen. Sturzfluten, wie sie sich jetzt im Rheinland ereignet haben, seien bereits 2016 durch ein Klimamodell vorhergesagt worden, als Folge der Erwärmung des Mittelmeers, sagt Ozeanforscher Mojib Latif vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. "Der Mensch verlässt gerade den klimatischen Wohlfühlbereich, jetzt wird es gefährlich."

Klimapolitik: Besser spät, als nie

Die Forscher wollen angesichts der neuen Daten allerdings keinen Pessimismus verbreiten. Klimapolitik bewirke etwas, auch wenn sie Zeit benötige und das 1,5 Grad Ziel wahrscheinlich nur noch sehr schwer erreichbar sei. "Ich habe Mühe mit dem Konzept "point of no return", dem Punkt, an dem die Klimawandelfolgen unumkehrbar sind. Klar werden wir einiges unwiderruflich verlieren, etwa Korallenriffe. Aber wenn die Katastrophenlyrik besungen wird, klingt das so, als ob da dieser Punkt kommt, und danach geht die Welt unter, egal was wir tun. Diesen Punkt gibt es nicht. Es lohnt sich immer, weitere Erwärmung zu verhindern oder zu begrenzen.", sagt Jochem Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg, ebenfalls beteiligt am neuen Bericht.

(dpa/ens)

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