Psychologie Romantik und Beziehung: Vor allem den Männer ist es mit der Zweisamkeit wichtig
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13. Januar 2025, 12:24 Uhr
Ob das nun die Titelseiten der Illustrierten sind oder Single-Frauen in Filmen, von denen eher ein mitleidiges Bild gezeichnet wird: Es braucht nicht besonders viel Kreativität, um festzustellen, dass unsere Gesellschaft gefühlige Angelegenheiten wie Liebe, Beziehung und Romantik insbesondere Frauen zuschreibt. Nicht alles zu glauben, was die Gesellschaft so sagt, ist die eine Sache. Nachzuforschen, die andere. Erkenntnisse legt jetzt die Humboldt-Uni in Berlin vor.
Es ist ja nun nicht nur das schwer überholte rosarote Kleidchen, sondern eben die gesamte Apparatur von der gleichfarbigen Brille über Wolke Sieben bis hin zum Groschenroman, die das Volk vorzugsweise dem weiblichen Geschlecht zuschreibt. Man könnte jetzt meinen, die Gesellschaft hat inzwischen etwas dazugelernt. Und akzeptiert, dass auch Männer ihre Freude an Romanze und Romantik haben dürfen.
Aber das Bild, dass das nun eben Frauensache ist, hält sich unfassbar wacker: "Das gibt es wahrscheinlich schon sehr lange, aber es hat in den letzten Jahrzehnten sogar zugenommen", sagt Iris Wahring von der Humboldt-Uni in Berlin. Dazu beigetragen hätte in den vergangenen Jahrzehnten, dass Frauen verstärkt in sozialen Berufen tätig geworden sind, während sie zuvor vielerorts gar nicht werktätig waren. "Und auch wenn Frauen höhere Führungspositionen haben oder Jobs, die ein bisschen individueller sind, dann haben sie immer noch im Vergleich zu Männern tendenziell sozialere Rollen innerhalb dieser Jobs."
Haben Frauen wirklich ein größeres Interesse an romantischen Beziehungen?
Wahring und Team wollten herausfinden, was da wirklich dran ist, an dem vermeintlich femininen Interesse an Romantik – und zwar Romantik im wissenschaftlichen Sinne, sprich: Liebesbeziehung. Die Forschenden haben mehr als fünfzig Studien zu heterosexuellen Beziehungen in westlichen Industriestaaten untersucht. Eine Frage, die die Psychologin bereits seit Uni-Zeiten umtreibt und der sie jetzt gemeinsam mit ihrem damaligen Professor in der vorliegenden Meta-Untersuchung nachgeht.
Die meisten der darin behandelten Studien stammen aus den vergangenen zwanzig Jahren. Zur Forschungsarbeit gehörte auch, die Ergebnisse in einem Modell zusammenzuführen, das Geschlechtsunterschiede in verschiedenen Phasen von Beziehungen berücksichtigt: Die Stufen eins bis drei repräsentieren dabei den Beginn einer Beziehung bis hin zur Trennung. "Und die Vierte ist dann: Was passiert nach einer Trennung, wie geht man damit um, als Mann oder Frau?", so Wahring. Bisher fehlte ein solches Modell.
Männer bekommen durchschnittlich weniger emotionalen Unterstützung von Freunden und Familie als Frauen.
Nun, das Ergebnis stellt den Volksglauben auf den Kopf. Heraus kam, "dass Männer eher sagen, eine Partnerschaft zu haben ist wesentlich für sie, um glücklich zu sein im Leben. Auch, dass Männer generell eher sagen, dass sie eine Beziehung suchen. Und auch, dass sie sich schneller und häufiger verlieben." Männer sind sogar die, die tendenziell eher die Liebe gestehen. Hinzu kommt: Männer profitieren eher psychisch von Liebesbeziehungen – und sogar körperlich.
Männer profitieren körperlich und psychisch besonders stark von Liebesbeziehungen
In einer von Wahring untersuchten Studie aus Dänemark aus dem Jahr 2022 heißt es zum Beispiel:
"Bei Männern wurde ein Zusammenhang festgestellt zwischen einer zunehmenden Anzahl von Partnerschaftsauflösungen oder der Anzahl an Jahren des Alleinlebens und höheren Werten von Entzündungsmarkern. Bei Frauen wurde kein solcher Zusammenhang festgestellt."
Männer in einer Beziehung würden auch weniger zu depressiven Symptomen neigen. Außerdem steht eine feste Beziehung ganz generell in Verbindung mit einer höheren Lebenserwartung. Festzuhalten ist an dieser Stelle auch, dass nicht nur Männer, sondern auch Frauen von solchen Effekten in einer Liebesbeziehung profitieren. Nur eben nicht so stark.
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Wie wichtig ist eine Beziehung? Das Umfeld macht's!
Warum sich die Relevanz einer Beziehung für Männer nun völlig konträr zum gesellschaftlichen Bild verhält, dazu gebe es verschiedene Erkläransätze. Aber einer sticht für Iris Wahring ganz besonders hervor: "Männer bekommen durchschnittlich weniger emotionale Unterstützung von Freunden und Familie als Frauen. Also sie sind mehr auf die Partnerschaft angewiesen, um emotionalen Unterstützung zu bekommen." Kein Wunder, dass Trennungen tendenziell eher von Frauen ausgehen, wie Wahring bereits bei einer Untersuchung im Herbst 2024 gezeigt hat.
Auch wenn es noch nicht wissenschaftlich belegt ist, vermuten sie und das Team im Umkehrschluss, dass Männer, die mit ihren Freundschaften über Gefühle sprechen können und denen auch mal ein Tränchen gestattet ist, letztendlich auch eher bereit sind, sich zu trennen, wenn’s eben nicht so gut läuft. Belegt ist hingegen bereits, dass emotional gut versorgte Männer keinen so großen Wunsch verspüren, sich zu binden. Das ist, freilich, nur ein Durchschnittsbild. "Es gibt kein klares 'So ist es bei Männern, so ist es bei Frauen', sondern es ist halt im Durchschnitt so." Denn fest steht eben auch, dass manchen Männern eine feste Beziehung herzlich egal sein dürfte.
Link zur Studie
Romantic Relationships Matter More to Men than to Women erschien im Fachjournal Behavioral and Brain Sciences – DOI: 10.1017/S0140525X24001365
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 11. Januar 2025 | 00:00 Uhr
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