Trennungsforschung Eheleute nach Trennung unzufriedener als Unverheiratete

29. November 2024, 16:50 Uhr

"Schatz, wir müssen uns trennen." Das tut erstmal weh. Aber: Was passiert danach, wie steht es um das persönliche Wohlbefinden und die eigene Einsamkeit? Das hat eine Studie der Humboldt-Universität untersucht und herausgefunden: Ob man verheiratet war oder nicht, macht einen erheblichen Unterschied.

Eines der Hauptergebnisse ist: Einsam sind nach einer Beziehung alle. Dabei spielt es keine Rolle, ob man vorher verheiratet war oder welchem Geschlecht man angehört. Nuancen gibt es aber dennoch, vor allem in der Frage, wie zufrieden man nach der Trennung ist.

Die Ehe-maligen

Älteres Ehepaar, das sich auf einer Bank im Herbstpark streitet.
Besonders bei verheirateten Paaren sorgt eine Trennung für schlechtere Lebenszufriedenheit. Bildrechte: IMAGO / HalfPoint Images

Denn eine wichtige Frage ist: War man verheiratet oder nicht? Das macht den Forschenden zufolge schon einen großen Unterschied. Iris Wahring ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der HU Berlin und Studienautorin. Sie hat festgestellt, dass nach einer Trennung psychische Gesundheit und Lebenszufriedenheit nur bei ehemals Verheirateten abgenommen hat. "Leute, die sich für eine Ehe entscheiden, haben eher traditionellere Werte, sind religiös und haben eine langfristige Orientierung", resümiert sie.

Das könnte diesen Unterschied machen, dass dann die Ehe noch mehr als Scheitern gesehen wird und deswegen die Lebenszufriedenheit eher abnimmt und die psychische Gesundheit mehr leidet.

Iris Wahring Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Humboldt-Universität Berlin

Wahring vermutet auch, dass sogar die Bürokratie nach einer Scheidung für weitere Unzufriedenheit sorgen könnte. Das rechtliche Prozedere könne für mehr Stress sorgen – den Unverheiratete bei einer Trennung nicht haben.

Jetzt ist sie weg, weg...

Beobachtet von einer Frau sitzt ein Mann an einem Tisch vor einem Laptop
Männer sehnen sich schneller nach neuen Beziehungen - auch weil Frauen oft die Care-Arbeit übernehmen. Bildrechte: IMAGO/photothek.de

Ein weiteres Ergebnis: Trennungen gehen eher von Frauen aus. Und: Männer sehnen sich schneller wieder nach einer Beziehung als Frauen. Wehring vermutet, dass das oftmals auch mit einer Ungleichverteilung der Aufgaben zusammenhängt. Frauen leisten oftmals mehr Care-Arbeit und kümmern sich um den Haushalt. Nach einer Trennung aber müssen Männer das auch für sich selbst leisten und hätten mehr zu tun. Frauen hingegen, sagt Wahring haben "vielleicht weniger zu tun und auch deswegen mehr Freiheit und Freizeit. Und damit geht vielleicht auch Erleichterung einher".

Man muss jetzt nicht mehr dem Mann nachräumen.

Iris Wahring Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Humboldt-Universität Berlin

Männer profitieren von Beziehungen einfach stärker als Frauen – so zumindest die Vermutung des Forschungsteams. Oftmals hätten Männer weniger emotionale Unterstützung in ihrem persönlichen Umfeld, sodass das insbesondere die Partnerin oder Ehefrau leisten müsse.

... und ich bin wieder allein, allein

Was also tun gegen die Einsamkeit? Egal ob verheiratet, unverheiratet, Mann oder Frau: Die Einsamkeit nimmt rapide zu. Gibt’s eine Lösung dafür? Wahring: "Also wie schön auch immer eine Partnerschaft gerade ist, es kann immer sein, dass sie nach ein paar Jahren doch endet, das kann man nie voraussehen und dann ist es immer gut, noch andere soziale Ressourcen zu haben."

Es ist immer gut, noch andere soziale Ressourcen zu haben.

Iris Wahring Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Humboldt-Universität Berlin

Wissenschaftlich gesehen ist es also durchaus eine gute Idee, sich regelmäßig mit Freunden und Familie zu umgeben – je größer der soziale Rückhalt, desto weniger schlimm die Einsamkeit und Unzufriedenheit.

Links/Studien

Die Studie "When young and middle-aged adults become single" hat hauptsächlich heterosexuelle Beziehungen untersucht und auch nach Unterschieden zwischen Männern und Frauen gesucht. Dabei lag ein Schwerpunkt auf unverheirateten Trennungen. Gesamtgesellschaftlich sind diese zwar häufiger, wissenschaftlich aber kaum erforscht. Dass diese Studie überhaupt durchgeführt werden konnte, lag auch am Datensatz "pairfam", der bis 2022 Partnerschaften und Familien in Deutschland sowie deren Lebensformen untersucht hat. Die Studie können Sie hier nachlesen.

sh

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 24. November 2024 | 14:20 Uhr

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