Projekt der TU Dresden Neue Forschungsbrücke in Bautzen meldet sich, wenn sie repariert werden muss
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19. März 2025, 17:17 Uhr
Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat eine Forschungsbrücke in Bautzen eröffnet. Sie ist Bindeglied zwischen realer und digitaler Brückenüberwachung. Ziel dabei: Schäden schon bei deren Entstehung zu entdecken – und nicht erst, wenn sie offensichtlich sind. Deshalb ist ein Teil der neuen Brücke jetzt schon alt.
2023 Talbrücke Rahmede abgerissen. 2024 Brückenzug C der Carolabrücke eingestürzt. Es sind die Extrembeispiele aus den vergangenen beiden Jahren. Als Bauwerke stehen sie nicht mehr. Aber als Sinnbilder für eines der größten Probleme bei der Instandhaltung von Brücken: Wie erkenne ich Schäden, bevor sie so stark sind, dass es zu spät ist – oder zumindest so stark sind, dass eine Sanierung über die Maßen aufwändig und teuer wird? Letzteres gilt für viele Brücken in Deutschland.
Brückeninspektionen verlaufen bisher nach einem strengen Protokoll, der DIN-Norm 1076. Aber sie finden im Prinzip nur von außen statt. Inspekteure klopfen zum Beispiel mit kleinen Hämmern gegen Steine oder Beton und hören, ob sich Hohlräume gebildet haben. Wenn auf diese Weise Schäden erkannt werden, sind sie meist schon sehr groß. Besser wäre es, man könnte in das Bauwerk und sogar in den Beton hineinsehen, hineinhorchen, hineinfühlen. Wenn über 68 Prozent der Spannglieder einer Spannbetonbrücke stark geschädigt sind wie an der Bruchstelle des Carolabrückenzuges C, dann ist es offensichtlich zu spät. Wenn man aber schon die ersten gerissenen Spannstähle registriert, dann kann noch ganz ruhig reagiert und ausgebessert werden.
Sensoren können viele Schäden wahrnehmen
Menschliche Inspekteure können das Reißen einzelner Stahlseile nicht wahrnehmen. Sensoren aber schon. "Infolge des Reißens ergibt sich ein akustisches Signal", sagt Bauingenieur Max Herbers von der TU Dresden, "und über Mikrofone, die man an den Brücken installiert – das nennt sich dann Schallemissionsmonitoring – kann man diese akustischen Signale dann auch detektieren." Und so gibt es laut Herbers bei den heute vorherrschenden Brückenbauweisen für nahezu jeden typischen Schaden passende Sensoren. Trag- und Verformungsverhalten, Dehnungen, Beschleunigungen – alles kann gemessen werden. Die Brücken müssen dafür aber eben mit Sensoren ausgestattet werden, und man muss die so erhobenen Daten sinnvoll und "wahrheitsgetreu" auswerten können.
Genau da setzt das seit 2022 laufende Projekt IDA-KI an. Koordiniert wird es vom Institut für Massivbau der TU Dresden. Max Herbers ist der Projektleiter. Die Datenmengen, die anfallen, wenn viele Brückensensoren installiert sind, kann man nicht mehr manuell verarbeiten, sagt Herbers. Dazu brauche man maschinelle Auswerteverfahren und Algorithmen. Diese gebe es zwar, aber sie seien noch zu theoretisch und ließen einige Umwelteinflüsse, denen jedes Bauwerk unterschiedlich ausgesetzt ist, außer Betracht, wie zum Beispiel Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen im Tages- und Jahresverlauf. "Deswegen gibt es noch keine Validierung von diesen in der Theorie erprobten Ansätzen", sagt Max Herbers.
Anlage in Bautzen: Brücke zwischen digitaler und realer Welt
Und hier kommt die Forschungsbrücke in Bautzen ins Spiel. Sie soll die digitale Welt der Daten mit der realen Welt voller Umwelteinflüsse verbinden. An ihr kann man also nachprüfen, ab maschinelle Auswertungen mit den Vorgängen in der tatsächlichen Welt übereinstimmen und ob es sich bei durch Sensoren festgestellten Fehlern um Messfehler oder um Strukturfehler im Bauwerk handelt.
Um das für möglichst viele Brückenarten tun zu können, ist die Forschungsbrücke in drei Felder mit jeweils 15 Metern Stützweite unterteilt. Ein Feld wurde in zukunftsfähiger Fertigteilbauweise errichtet. Ein weiteres Feld nach dem bisher typischen Stand der Brücken-Technik. Und ins dritte Feld wurden ganz bewusst Schäden eingearbeitet, wie sie sonst erst im Laufe der Jahre entstehen. "Wir haben also im Vorfeld geguckt, welche Probleme gibt es heute im Brückenbestand, und die haben wir eingebaut", erzählt Projektleiter Herbers. Und oben auf der Brücke fährt ein tonnenschwerer Schienenwagen hin und her und simuliert Belastungen bis zur Schmerzgrenze. Die Brücke altert also gewissermaßen im Zeitraffer.
Nicht nur reagieren, sondern vorausschauen
Ziel von alldem ist letztlich nicht weniger als ein völlig neuartiges Brückeninstandhaltungsmanagement. Bislang konnte man Schäden immer erst feststellen, wenn sie schon da waren, es war immer nur ein Reagieren. Das soll in Zukunft ganz anders werden. "Wir wollen im Grunde Methoden entwickeln, um weg vom reaktiven Monitoring zu gehen und überzuwechseln zu einem prädiktiven Monitoring", sagt Bauingenieur Herbers. Prädiktiv bedeute also: eine vorausschauende Instandhaltung.
Damit sollen nicht nur Einstürze und Abrisse wie in Dresden und Rahmede vermieden werden, sondern auch Sanierungen, die unnötig teuer und mit langen Verkehrsbeeinträchtigungen verbunden sind. "Wir wollen Methoden entwickeln, um kritische Zustandsänderungen möglichst frühzeitig zu erkennen", formuliert Max Herbers das Ziel von IDA-KI, "so dass Sanierungsmaßnahmen frühzeitig, bedarfsgerecht und zielgerecht eingeleitet werden können."
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | Sachsenspiegel | 19. März 2025 | 19:00 Uhr
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