Herangezoomte abgeknickte Stelle einer Brücke, links uns rechts davon unscharf im Vordergrund Menschen 5 min
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Brückenbau Carolabrücke und andere Einstürze – was sind die Ursachen?

12. September 2024, 12:01 Uhr

Warum ein Teil der Carolabrücke in Dresden eingestürzt ist, wird sich erst im Laufe der Zeit herausstellen. Die Suche nach den Ursachen ist verzwickt, weil häufig viele Faktoren eine Rolle spielen, wie prominente Beispiele zeigen.

Nach dem großen "Uff" kommt das große Warum. Nämlich, warum ein Teil der Dresdner Carolabrücke in der Elbe gelandet ist. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt lässt sich das kaum sagen, allerdings könnte Korrosion im Spiel gewesen sein. Die unter hoher Spannung stehenden Stähle sind dafür besonders anfällig. Spannbetonbrücken wie die Carolabrücke, an sich eine geläufige Bauform, stehen aber auch für Stabilität und hohe Kapazität. Ob diese Brücken durch ihre Bauart häufiger Gegenstand von Brückenunglücken sind, ist Gegenstand der Forschung und lässt sich derzeit so nicht bestätigen.

Eine Studie aus dem Jahr 2020 kommt zu dem Schluss, dass die Mehrheit an Brückeneinstürzen dieser Bauart auf Spannungskorrosionsrisse im Stahl zurückzuführen sind. Gleichzeitig sieht ein weiteres Paper von 2021 menschliches Versagen als eine der Hauptursachen für eingestürzte Brücken.

Spannbeton … ist eine Stahlbeton-Variante, bei der der Stahl im Beton vorgespannt ist. Im nicht belasteten Zustand wird der Balken leicht nach oben gewölbt. Dadurch verformt sich der Balken bei Belastung weniger.

Warum kollabieren Brücken?

Warum eine Brücke kollabiert, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Eine Hauptursache ist der Mensch: Konstruktionsfehler, Überladung, aber auch fehlende Überwachung zählen zu den Hauptursachen. Allerdings auch Kollisionen, wie zum Beispiel der dramatische Brückeneinsturz in Baltimore im Frühjahr gezeigt hat. Häufig passieren Brückeneinstürze auch während der Konstruktion, sie sind also noch gar nicht für den Verkehr freigegeben. Zu Personenschäden kann es dann aber trotzdem kommen, etwa bei Arbeitenden oder durch herabstürzende Brückenteile.

Neben dem Menschen gilt die Natur als Hauptursache – wobei das auch nicht ganz so einfach zu sagen ist. Neben Erdbeben kann Extremwetter wie Starkregen und Hochwasser zum Einstürzen von Brücken führen. In Zukunft könnten Brückeneinstürze auch zu den Folgen des Klimawandels gerechnet werden, weil Extremwettersituationen durch die Erderwärmung häufiger werden. Letztendlich landen wir auch hier wieder beim Menschen als Verursacher.

Schwarz-weiß-aufnahme eine Straßenbrücke über einen Grund, die nach dem ersten Pfeiler nach unten abgeknickt ist.
Der Zusammenbruch der Stauseebrücke Zeulenroda verursacht einen Sachschaden von mehr als 3,5 Mio. Mark. Bildrechte: BStu, Ast. Gera/MfS, BV Gera, AS 492/75 Bd. IV, Bl 131

Für eine Brücke, die bereits beim Bau einstürzte, gibt es auch in Mitteldeutschland ein tragisches Beispiel: 1973 kamen beim Einsturz der Stauseebrücke Zeulenroda vier Menschen ums Leben, fünf wurden schwer verletzt. Neue Vorschriften waren die Folge, auch beim Arbeitsschutz, der damals unter der wirtschaftlichen Situation litt. Schaut man auf die Ursache von Brückeneinstürzen, wird schnell klar: Eine Ursache allein scheint es nicht zugeben, sondern vielmehr eine Kombination aus Umständen. Ein Blick auf einige Brückeneinstürze der vergangenen Jahre – mit und ohne Spannbeton:

Straßenbrücke in Shangluo, China (2024)

Erst am 19. Juli führten Starkregen und Hochwasser zu einem verheerenden Brückeneinsturz in China, bei dem mindestens 38 Menschen ums Leben gekommen sind. Hier stürzt ein dreispuriger Teilabschnitt der sechsspurigen Straße ins Wasser.

Luftbild: Teil der dreispurigen Seite einer sechsspurigen Straße in Flusstal ist in Fluss gestürzt, daneben Häuser und grüne Berge
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Francis Scott Key Bridge in Baltimore, USA (2024)

Im März ist der zentrale Stahlfachwerkteil der Autobahnbrücke über die Route vom Nordatlantik zum Hafen in Baltimore eingestürzt, nachdem ein Containerschiff einen Pfeiler gerammt hatte. Bei dem Unglück, das mitten in der Nacht passierte, wurden sieben Bauarbeiter in die Tiefe gerissen, von denen sechs starben. Sowohl Brücke als auch das plötzlich manövrierunfähige Schiff waren Inspektionen zufolge in einem guten Zustand, jedoch gab es beim Schiff zuvor mehrere Stromausfälle.

Brücke aus der Luft, mittlers Teil in Wasser gestürzt, daneben großes Containerschiff
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Machchhu-Hängebrücke in Morbi, Indien (2022)

Eine noch während der britischen Kolonialzeit im 19. Jahrhundert errichtete und nur 1,52 Meter breite Fußgänger-Hängebrücke ist im Oktober 2022 eingestürzt. Grund war ein Seilriss durch Überlastung. Zum Zeitpunkt des Einsturzes befanden sich über 400 Menschen auf der Brücke, von den 135 starben. Die Brücke wurde erst vier Tage vor dem Unglück wiedereröffnet, nachdem sie ein halbes Jahr gesperrt war. Offiziellen Angaben zufolge sei die Eröffnung ohne offizielle Benachrichtigung und damit ohne Sicherheitsprüfung erfolgt.

Teilweise kollabierte Hängebrücke für Fußgänger im Dunst über Fluss
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Polcevera-Viadukt (auch: Morandi-Brücke) in Genua, Italien (2018)

Ein Einsturz eines Teils der Morandi-Brücke ist der aus europäischer Sicht wohl bekannteste Brückeneinsturz der jüngeren Vergangenheit. Die Brücke war Teil der Autobahn A10 im Norden von Genua und der direkte Weg von der Hafenstadt in die bedeutenden ligurischen Tourismusgebiete Palmenriviera und Blumenriviera und weiter nach Frankreich. Beim Einsturz im August 2018 starben 43 Menschen. Die Brücke war eine Schrägseilbrücke mit einem nicht durchlaufenden Brückendeck. Sie bestand vielmehr aus eigenständigen Spannbetonkonstruktionen, die von den Schrägverspannungen getragen wurden. 2019 kam eine Studie zu dem Schluss, dass Ermüdungserscheinungen oder Korrosion der Schrägverspannungen zur Fahrbahn Grund für den Einsturz waren. Managern des Betreiberkonzerns war offenbar bereits seit vier Jahren bekannt, dass die Brücke einsturzgefährdet ist.

Teileingestürzte Brücke mit Tragseilen über bebautem Tal und Hang
Bildrechte: Wikimedia Commons/Alessio Sbarbaro (CC BY-SA 4.0)

Interstate-35W-Mississippi-River-Brücke in Minneapolis, USA (2007)

Die 500 Meter lange Stahlfachwerkbrücke war Teil der in diesem Abschnitt damals achtspurigen Autobahn 35W und führte über den Mississippi. Im Sommer 2007 stürzte die Brücke während der Hauptverkehrszeit in den Fluss, wodurch 13 Menschen ums Leben kamen. Ursache war ein Konstruktionsfehler, konkret waren die Knotenbleche, die die Stahlträger verbinden, falsch dimensioniert. Auch eine mangelnde Aufsicht von behördlicher Seite wurde kritisiert.

Luftbild Autobahnbrücke über Fluss in industriellem Vorortgebiet. Brücke und Fahrbahn auf Ufer und in Fluss gestürzt. Daneben Straße mit intakter Fahrbahn.
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Pöppelmannbrücke (Alte Muldebrücke) in Grimma, Deutschland (2002)

Das damalige Brückenbauwerk stammte ursprünglich aus dem Jahr 1719 und überspannt im Bereich der nördlichen Innenstadt die Mulde. Beim Augusthochwasser 2002 wurden durch Rückstauungen Pfeiler derart unterspült, dass die absackten und zum Teileinsturz führten. Es gab keine Opfer. Zehn Jahre später konnte eine neue, in das alte Bauwerk integrierte Brücke eröffnet werden.

Teilweise eingestürztes oder abgesacktes altes flaches Brückenbauwerk über Fluss
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Ponte Hintze Ribeiro in Entre-Os-Rios, Portugal (2001)

Im Frühjahr des Jahres ist eine 115 Jahre alte Fachwerkbrücke aufgrund von Hochwasser und eines weggespülten Pfeilers eingestürzt. Oder aufgrund des Alters? Oder der Fahrzeugbelastung, für die sie nicht gebaut war? Oder weil Anwohnende ignoriert wurden, die einen Neubau gefordert haben? So ganz einfach lässt sich die Ursache diese eine Ursache auch hier nicht finden – wohl aber die Opferzahl beziffern: 59 Menschen sind ums Leben gekommen – ein Reisebus sowie drei Autos sind in die Tiefe gestürzt.

Nahaufnahme herabgestürzte Brückendecke an Brückenpfeiler in Fluss, dahinter weitere Pfeiler, teilweise mit noch vorhandener Decke
Bildrechte: Wikimedia Commons/Enciclofurgo (gemeinfrei CC0 1.0)

flo

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Sachsenspiegel | 11. September 2024 | 19:00 Uhr

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