Wiederaufbau autofrei Eine neue Carolabrücke nur noch für Fußgänger und Radfahrer?
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31. Januar 2025, 13:22 Uhr
Die Stadt Dresden will mit einem Rechtsgutachten klären lassen, welche Gestaltungsspielräume sie für den Neubau der Carolabrücke hat. Oberstes Ziel ist demnach, die Brücke zügig zu errichten und dabei zukunftsfähig zu gestalten. Doch wie soll eine neue Brücke aussehen? Nach historischem Vorbild wie 1895, wie es eine Bürgerinitiative vorschlägt, oder doch modern? Und braucht Dresden eine Behelfsbrücke? Eine andere Idee hat ein Dresdner, der in der Schweiz lebt und sich mit Architektur befasst.
- Der Architekturkritiker Andreas Ruby sieht den Einsturz der Carolabrücke als Chance, neu über die Stadtplanung nachzudenken.
- Die Stadt der Zukunft braucht viel Grün in Innenstädten, sagte er.
- Ruby ist dafür, mehrere kleine Brücken in der Stadt zu bauen, um Wege zu verkürzen.
Andreas Ruby ist Architekturkritiker, Lehrer und gebürtiger Dresdner. Er sagt, jede Krise sei auch eine Chance. Und der Einsturz der Carolabrücke in Dresden biete die Chance, das Thema Brücke neu zu denken. "An der Stelle, wo die Carolabrücke stand, ist es sinnvoll, eine Brücke zu haben. Aber es ist die Frage, ob es genau dieselbe Art von Brücke sein muss," sagte Ruby im Gespräch mit MDR SACHSEN. "Wir brauchen sicher den Autoverkehr. Die Frage ist nur, muss er genau an dieser Stelle durch die Stadt fahren. Es gibt eine Autobahn, die um die Stadt herumgeführt wurde - aus gutem Grund." Über die Autobahn und auch andere Verkehrswege könnten große Teile des Verkehrs in den Norden Dresdens umgeleitet werden, ist Ruby überzeugt.
Wir brauchen sicher den Autoverkehr. Die Frage ist nur, muss er genau an dieser Stelle durch die Stadt fahren.
Die Carolabrücke sei Teil eines Verkehrskonzepts der 1960er- und 1970er-Jahre gewesen, das vorsah, den gesamten Schwerverkehr durchs Zentrum zu führen. Die Stadtplanung sei damals dem Auto untergeordnet worden.
"Carolabrücke völlig überdimensioniertes Verkehrsband"
"Dass in Innenstädten auch Menschen wohnen sollen und sich dort wohlfühlen sollen, dass es öffentliche Räume geben soll, dass Kinder spielen können, war damals eine seltene Idee." Ruby findet: Wir brauchen künftig weniger Autoverkehr und der Ausstoß von CO2 müsse verringert werden.
"Wenn man diese Brücke nicht mehr aufbaut wie bisher, als völlig überdimensioniertes Verkehrsband, sondern als eine kleine Brücke für Fußgänger, Radfahrer und Straßenbahn, dann wird die gesamte riesige 'Verkehrsanbahnungsstruktur' zu beiden Seiten der Brücke redundant, dann kann man die wegmachen". Die freiwerdenden Flächen könnten für Grünflächen, aber auch den Wohnungsbau genutzt werden, schlägt Ruby vor.
Viele Städte in Europa würde das schon erfolgreich praktizieren wie Paris oder Barcelona, "die das Aufkommen an motorisiertem Individualverkehr ganz bewusst reduzieren, um die Stadt wieder benutzbarer zu machen für uns Menschen."
Stadt der Zukunft: Innenstädte brauchen viel Grün
Die Stadt der Zukunft brauche dringend zwei Dinge: öffentlichen Raum und Grünraum. Die Idee, dass das Stadtzentrum vor allem ein Shoppingzentrum sein müsse, funktioniere nicht mehr so gut angesichts von großen Einkaufszentren außerhalb des Zentrums und von der Pleite bedrohten Kaufhäusern. Innenstädte würden heute viel Grün benötigen, sagt Andreas Ruby.
Große Plätze müssten im Sommer Schatten bieten. "Und jetzt stelle man sich mal vor, man könnte vom großen Garten über den Bürgerpark bis zur Elbe laufen. Und dann könnte man an der Elbe abbiegen in Richtung Blaues Wunder. Man hätte ein wunderbares grünes Band, was diesen Stadtraum durchzieht."
Und jetzt stelle man sich mal vor, man könnte vom Großen Garten über den Bürgerpark bis zur Elbe laufen.
Ruby: Mehrere kleine Brücken verkürzen Verkehrsweg
Dresden brauche nicht eine neue, große Brücke, meint der Chef des Baseler Architekturmuseums, sondern mehrere kleine, auch weil das Blaue Wunder bald grundsaniert werden müsse. "Wir haben zu wenige Brücken in Dresden. Kleine Brücken haben den Vorteil, dass sie den Verkehrsweg bis zur Brücke stark verkürzen. Ich habe also in meiner Nähe immer schnell eine Brücke. Anstatt, dass ich erstmal durch die halbe Stadt fahren muss, bis ich zur großen Brücke komme, wo sich dann der Verkehr staut - weil alle dasselbe machen wie ich".
Andreas Ruby schlägt vor, die Dresdner mit einzubeziehen, sie zu fragen: Wie soll das Zentrum künftig aussehen? Welche Brücken brauchen wir wo?
MDR (pne/kbe)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Regionalstudio Dresden | 27. Januar 2025 | 16:30 Uhr