Nachtschicht Herzgesundheit: Warum Schichtarbeiter nachts nicht essen sollten
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08. April 2025, 16:24 Uhr
Schichtarbeit bringt unsere innere Uhr durcheinander. Das wiederum sorgt dafür, dass das Risiko für verschiedene Erkrankungen steigt. Eine neue Studie legt jetzt nahe, dass der Zeitpunkt, wann Betroffene essen, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen entscheidend beeinflussen könnte – sogar noch mehr als der Schlafrhythmus. Die Erkenntnis lautet: Lieber tagsüber essen.
Vor allem die Nachtarbeit geht unweigerlich mit ernsthaften Gesundheitsrisiken einher. Das belegen zahlreiche Studien. Auch für das Herz ist die Schichtarbeit problematisch. Was können Betroffene also tun, um eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu vermeiden? Eine neue Studie des gemeinnützigen Gesundheitsforschungsinstituts Mass General Brigham (USA) liefert jetzt Hinweise darauf, dass der Zeitpunkt des Essens eine wichtige Rolle spielen könnte.
Schichtarbeiter sollten nur tagsüber essen
Die zentrale Erkenntnis der Studie lautet: Wer in Schichten – insbesondere in Nachtschichten – arbeitet, sollte nur tagsüber essen. "Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass das zirkadiane Missverhältnis – also dass unser Verhalten nicht zu unserer inneren Uhr passt – das Risiko für kardiovaskuläre Krankheiten erhöht", sagt Leitautor Frank Scheer. "Wir wollten also herausfinden, was man tun kann, um das Risiko zu senken und unsere Forschung legt nahe, dass der richtige Zeitpunkt für die Nahrungsaufnahme ein Faktor sein könnte."
Das Forschungsteam verweist auf Tierstudien, in denen sich bereits gezeigt hätte, dass es einen positiven Einfluss auf gesundheitliche Risiken durch das Wachsein während der Ruhezeit haben könnte, wenn die Essenszeiten mit denen der inneren Uhr übereinstimmten. Unklar war bisher aber, ob es diesen Effekt auch beim Menschen geben würde.
Laborexperiment stellt Nachtarbeit nach
Um das herauszufinden haben die Forschenden 20 gesunde junge Personen in einer zweiwöchigen stationären Studie im Brigham and Women's Center for Clinical Investigation untersucht. Dort hatten die Probandinnen und Probanden keine Fenster, Uhren oder elektronischen Geräte, mit deren Hilfe sie die Uhrzeit erahnen konnten. Dadurch sei ihre innere Uhr ins Ungleichgewicht gebracht worden, wie es auch bei Schichtarbeitern passiere, so die Forschenden. Diese künstliche Umgebung ermöglichte es den Forschenden ein Experiment unter kontrollierten Laborbedingungen durchzuführen.
Die Teilnehmenden folgten demnach einem "konstanten Routineprotokoll", das die Auswirkungen von Schichtarbeit auf den zirkadianen Rhythmus – also den natürlichen 24-Stunden-Rhythmus, der unsere körperlichen Funktionen steuert – simulieren sollte. Die innere Uhr wurde also von den Forschenden von der Umgebung und dem Verhalten (Schlaf-Wach-Muster usw.) getrennt.
Während des Experiments blieben die Probandinnen und Probanden dann 32 Stunden lang in einer schwach beleuchteten Umgebung wach, behielten eine konstante Körperhaltung bei und aßen jede Stunde identische Snacks. Anschließend nahmen sie an simulierter Nachtarbeit teil und mussten entweder – so wie die meisten Nachtarbeiter – nachts essen oder nur tagsüber. Abschließend hätten die Teilnehmenden dann ein weiteres Routineprotokoll befolgt, um die Nachwirkungen der simulierten Nachtarbeit zu testen, so die Forschenden. Sowohl die Versuchs- als auch die Kontrollgruppe habe einen identischen Schlafplan gehabt, um auszuschließen, dass Unterschiede auf verschiedene Schlafrhythmen zurückzuführen seien.
Tagsüber essen beeinflusst Risikofaktoren positiv
Die Forschenden untersuchten die Teilnehmenden anschließend auf ihre kardiovaskulären Risikofaktoren, um zu bestimmen, wie sich der Essenszeitpunkt ausgewirkt hatte. Dafür haben sie unter anderem Marker des autonomen Nervensystems gemessen sowie den Blutdruck und Proteine im Blut, die das Risiko von Blutgerinnseln erhöhen.
In unserer Studie wurde jeder erdenkliche Faktor berücksichtigt, der die Ergebnisse beeinflussen könnte. Daher können wir sagen, dass der Essenszeitpunkt diese Veränderungen der kardiovaskulären Risikofaktoren verursacht.
Diese Risikofaktoren hätten sich tatsächlich mit den Essenszeitpunkt verändert: Bei denjenigen, die tagsüber und nachts gegessen hatten, nahmen sie zu, bei denjenigen, die nur tagsüber aßen jedoch blieben sie unverändert, so die Forschenden. Beide Gruppen hätten auch das gleiche in der gleichen Menge gegessen. Deshalb schlussfolgern die Forschenden, dass es nur der Zeitpunkt sein kann, der hier den Unterschied gemacht habe.
Langfristige Auswirkungen bleiben unklar
Das Forschungsteam merkt jedoch an, dass die Stichprobe in einem solch streng kontrollierten Experiment wie diesem nur verhältnismäßig klein sein könne. Außerdem seien nur zwei Wochen untersucht worden, sodass keine Aussagen über mögliche langfristige Risiken des Essens in der Nacht im Vergleich zum Tag getroffen werden könnten.
Und dennoch: Die Forschenden bilanzieren, dass die Ergebnisse "vielversprechend" seien und darauf hindeuteten, dass es sinnvoll für Nachtarbeitende sein kann, ihre Essenszeiten anzupassen. Für die Herzgesundheit sei es sehr wahrscheinlich förderlich, wenn sie in den Nachtstunden auf das Pausenbrot verzichten. Das gelte auch für Menschen mit Schlaf-Wach-Störungen oder jene, die häufig zwischen verschiedenen Zeitzonen reisen, so die Forschenden.
Links/Studien
Chellappa, Sarah L. et al.: Daytime eating during simulated night work mitigates changes in cardiovascular risk factors: secondary analyses of a randomized controlled trial. Nature Communications, Volume 16 2025. DOI: 10.1038/s41467-025-57846-y.
(kie)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 01. April 2025 | 05:20 Uhr
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