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Impfvirus RKI: Polio im Abwasser inzwischen acht Wochen in Folge nachgewiesen

03. Februar 2025, 17:02 Uhr

Eine Variante von Polio, dem Erreger der Kinderlähmung, wurde inzwischen an mehreren Orten in Deutschland über einen Zeitraum von acht Wochen am Stück im Abwasser nachgewiesen. Das RKI ist alarmiert.

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Eine Variante des Poliovirus zirkuliert möglicherweise im Westen von Deutschland. Wie das Robert Koch-Institut im epidemiologischen Bulletin mitteilt, wurde das Virus im Abwasser der Städte Düsseldorf, Köln und Bonn in allen acht Wochen zwischen Ende Oktober und Ende Dezember nachgewiesen. Jüngere Proben aus dem neuen Jahr befinden sich noch in der Auswertung, daher könnte sich diese Reihe noch verlängern. Die Funde geben den Experten Rätsel auf. Zugleich mahnen sie, noch nicht geimpfte Kinder dringend zu immunisieren.

Abgeschwächte Polioviren in sieben deutschen Großstädten und fünf europäischen Ländern

Polio galt in Deutschland als nahezu ausgerottet. Das Virus kann bei einer Infektion in seltenen Fällen zur Kinderlähmung führen, wenn die erkrankte Person keinen Impfschutz hat. Dabei können im Krankheitsverlauf schwere Lähmungserscheinungen auftreten. Wird davon auch die Atemmuskulatur erfasst, kann die Erkrankung tödlich verlaufen. Das jetzt nachgewiesene Virus ist allerdings eine abgeschwächte Version des Erregers. Die sogenannte Variante cVDPV2 stammt selbst von einem Virus ab, das bei der Impfung eingesetzt wird. Solche Impfviren können sich aber in ungünstigen Fällen wieder in gefährliche Versionen zurückverwandeln, wenn sie über einen längeren Zeitraum zwischen ungeimpften Personen weitergegeben werden.

Das RKI konnte das abgeschwächte Poliovirus seit Oktober im Abwasser von insgesamt neun deutschen Großstädten nachweisen. Betroffen waren neben den drei genannten Städten Stuttgart, München, Dresden, Frankfurt am Main, Berlin und Hamburg. Die genetischen Untersuchungen zeigen, dass die Viren zwar miteinander verwandt sind, allerdings auch Unterschiede aufweisen. Unklar ist deshalb, ob sie in Deutschland zirkulieren oder ob sie mehrfach von außen eingeschleppt wurden. Genetisch ebenfalls eng verwandte Viren tauchten außerdem an Standorten in Finnland, Polen, Spanien und Großbritannien auf. Dort wurden aber weniger Stichproben als in Deutschland erhoben.

Impfkommission: Impflücken bei Kindern und Asylsuchenden suchen und schließen

Analysen des US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention ergaben, dass die detektierte Polioversion von einer Variante abstammt, die erstmals im Juni 2020 in Nigeria nachgewiesen wurde. Allerdings bilden die in Europa entdeckten Viren eine Untervariante. Laut RKI vermuten die Wissenschaftler, dass die Viren rund ein Jahr lang unentdeckt zirkulierten, bevor sie jetzt im Abwasser aufgetaucht sind.

Zugleich sind weder in Kliniken noch in Arztpraxen bislang Patienten aufgefallen, bei denen das Virus nachgewiesen werden konnte. Das RKI mahnt, dass vor allem bei kleinen Kindern große Impflücken bestehen, die rasch geschlossen werden müssten. Nur 21 Prozent der unter 1-Jährigen weisen laut Impfquotenmonitoring einen vollständigen Impfschutz auf. Bei den unter 2-Jährigen sind es nur 77 Prozent. Die Ständige Impfkommission empfiehlt, den Impfstatus bei Kindern und bei Personen in Gemeinschaftsunterkünften, also Geflüchteten und Asylsuchenden, zu überprüfen und Impfungen gegebenenfalls rasch nachzuholen.

Links/Studien

  • Robert Koch-Institut: Update zu cVDPV2-Nachweisen im Abwasser, Epidemiologisches Bulletin 5/2025 vom 30. Januar 2025

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 27. Januar 2025 | 13:15 Uhr

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