Adipositas Muskeln: Warum Männer und Frauen unterschiedliche Tipps zum Abnehmen brauchen

26. August 2024, 13:47 Uhr

Weniger Kalorien und mehr Sport – das empfehlen Ärzte übergewichtigen Patienten oft pauschal. Aktuelle Forschungsprojekte zeigen aber: Menschen haben unterschiedliche Muskeln und brauchen daher individuelle Tipps.

Autorenfoto von Clemens Haug
Bildrechte: Tobias Thiergen/MDR

Übergewicht geht oftmals mit einem hohen Risiko einher, an Diabetes zu erkranken. Wer seinen Blutzuckerspiegel nicht im gesunden Bereich halten kann, wird nicht selten später zuckerkrank. Ein wirksames Mittel gegen diese Gefahr ist Sport. Aber: Nicht jeder Mensch profitiert vom gleichen Training. Das ist ein Ergebnis einer aktuellen Studie der Arbeitsgruppe von Cora Weigert vom Universitätsklinikum in Tübingen. Die Wissenschaftler haben 25 Erwachsene mit starkem Übergewicht einem achtwöchigen Sportprogramm unterzogen.

Muskeln: Männer haben Schnellkraft durch Zucker, Frauen haben Ausdauer durch Fett

Porträtfoto von Cora Weigert, eine Frau mit dunklen, lockigen Haaren, die ihr bis zur Schulter reichen. Sie trägt eine große, runde Brille.
Cora Weigert forscht am Universitätsklinikum in Tübingen. Bildrechte: Hannes Schramm

Unter den Teilnehmenden waren 16 Frauen und neun Männer, die zuvor keinem regelmäßigen Sport nachgegangen waren. Sie durften während der Studie dreimal pro Woche ein einstündiges Ausdauertraining absolvieren. Das bestand aus je einer halben Stunde Laufen auf einem Laufband und Radfahren auf einem Trainingsrad. Am Ende stellten Weigert und Kollegen deutliche Unterschiede fest. "Einige haben sehr stark von dem Ausdauertraining profitiert und konnten ihr Diabetesrisiko senken. Bei anderen waren das Training oder die Trainingsdauer nicht ausreichend."

Einer der Gründe für diesen Unterschied war das Geschlecht der Teilnehmer. Denn Muskeln von Männern und Frauen unterscheiden sich. Männer haben dicke, schnell zuckende Muskelfasern, die vorzugsweise Zucker in Kraft umwandeln. Frauen hingegen haben vor allem dünne, ausdauernde Muskelfasern, die Energie besser aus Fett gewinnen können.

Diesen Unterschied fanden die Forscher auch bei den übergewichtigen Versuchsteilnehmern vor Beginn der Sporttherapie. "Männer hatten mehr von den Proteinen im Muskel, die typisch für schnelle Muskelfasern und für eine schnelle Glukose-Verwertung sind. Frauen hatten mehr von den Proteinen, die notwendig für eine gute Fettsäureaufnahme und -verwertung sind. Das ist typisch für die langsameren, oxidativen Fasern."

Ausdauertraining: Bessere Verwertung von Zucker und Fett bei beiden Geschlechtern

Die Konsequenz: Je nach Muskeltyp hatte der Ausdauersport unterschiedliche Wirkungen auf die Versuchspersonen: Während sich die Muskeln der Frauen relativ schnell an das Training auf Fahrrad und Laufband gewöhnten, reagierten die Männermuskeln zunächst mit Stress. Bei beiden Geschlechtern verbesserte sich aber die Atmung der Mitochondrien in den Muskelfasern. Das bedeutet, sowohl männliche als auch weibliche Muskelfasern nahmen Sauerstoff besser auf und konnten dann Glukose und Fettsäuren besser verbrennen.

"Interessant war, dass sich die Unterschiede im Stoffwechsel in den Muskeln beider Geschlechter durch das Training anzugleichen scheinen: Die Veränderungen im RNA- und Proteinprofil deuten darauf hin, dass sich insbesondere die Unterschiede in der schnellen Glukose-Verwertung angleichen", bilanziert Cora Weigert.

Nahaufnahme: Zwei Füße auf einer Personenwaage mit runder Skala von schräg hinten auf schachbrett-artigem Fließenboden, der nach hinten unscharf wird. 3 min
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Sporternährungsdiät: Leipziger Forscher empfiehlt individuellen Trainings- und Ernährungsplan

Mario Ost
Mario Ost ist Wissenschaftler an der Universität Leipzig. Bildrechte: Mario Ost

Doch eine pauschale Bewegungstherapie für alle ist nach bisherigem Stand nicht der richtige Weg. Mario Ost forscht als Ernährungswissenschaftler an der Universität Leipzig. Er kritisiert, dass die Kombination aus Diäten und Sport bislang nicht ausreichend auf individuelle Eigenschaften wie das Muskelprofil der Patienten abgestimmt wird. "Es gibt Low Carb, es gibt ketogene Diäten, es gibt Niedrig-Fett-Diäten. Was jetzt für den einzelnen Patienten richtig ist, das muss man immer anhand seiner Physiologie sehen", sagt er.

Patienten, die abnehmen wollen, stehen deshalb oft vor einem Problem: Die Ärzte empfehlen ihnen pauschal mehr Sport und eine kalorienarme Ernährung. Es kann aber sein, dass das nicht zum Profil ihrer Muskeln passt. Und dann kommen sie mit Training und Abnehmen nicht voran und sind frustriert. Mario Ost fragt sich daher: "Wie kann man das Wissen über diese individuellen Muster in den Muskeln nutzen, um individualisierte Empfehlungen zum Training, aber auch zur Kombination Training und Sporternährung entwickeln?"

Einem Mann, dessen Muskeln vor allem Zucker bevorzugen, würde Ost erst mal ein Intervall- oder Krafttraining empfehlen, das den Zuckerstoffwechsel ankurbelt. Und Ausdauer zum Fettabbau käme dann später. Eine solche Sporternährungsdiät, hofft der Wissenschaftler, würde die Motivation der Patienten deutlich steigern. Und wer mehr Spaß am Sport und an der passenden Ernährung hat, bleibt auch länger gesund.

exactly: Essen oder Abnehmen? Lauras Diät-Challenge 29 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 26. August 2024 | 09:55 Uhr

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