Vater und Tochter installieren einen Nistkasten für Vögel
Hier installieren Vater und Tochter einen Nistkasten für Vögel. Im ersten Lockdown der Corona-Pandemie haben so etwas viele Menschen weltweit getan. Bildrechte: IMAGO / Westend61

Pandemie-Phänomen Vögel füttern: Win-Win-Situation im Corona-Lockdown

04. August 2023, 10:28 Uhr

In der Covid-19-Pandemie mussten die Menschen mit den Herausforderungen des Lockdowns umgehen. Eine Studie zeigt, dass damals weltweit mehr Vögel gefüttert wurden, mit positiven Folgen für Mensch und Tier.

Gibt es den einen besonderen Typ Mensch, der gern Vögel füttert? Vielleicht der westliche Großstädter mit gutem Einkommen? Die europäische Frau aus einem Land, in dem Naturschutz besonders hoch angesiedelt ist? Die Antwort lautet einer neuen Studie zufolge nein, es gibt diesen geografisch oder soziologisch genau eingrenzbaren Typ Mensch nicht. Stattdessen werden in beiden Hemisphären der Erde und in den unterschiedlichsten Ländern Vögel gefüttert.

Oder besser: wurden gefüttert. Vergangenheitsform. Denn die Studie hat das menschliche Verhalten in Bezug aufs Vogelfüttern im ersten Lockdown nach Ausbruch der Covid-19-Pandemie untersucht. Aber wie macht man so etwas? Man kann ja schlecht Miiliarden Menschen interviewen, was sie im Lockdown getan haben.

Google-Anfragen lassen auf Aktivitäten im realen Leben schließen

Blaumeise Parus caeruleus frisst im Winter Fett von der Rauhfutterkugel am Vogelfutterhäuschen
Das passt: Eine Blaumeise und ein sogenannter "Meisenknödel". Bildrechte: IMAGO / imagebroker

Die Studie bediente sich einer in anderen Untersuchungen schon nachgewiesenen Hypothese: Wenn es zu einem speziellen praktischen Thema in einem bestimmten Zeitraum mehr Google-Anfragen gibt, dann wird dieses Thema auch in der realen Welt mehr angepackt. Dementsprechend untersuchte die Forschungsgruppe, wie oft zwischen Anfang 2019 (da war an Corona noch nicht zu denken) und Ende Mai 2020 (bis dahin hat es überall Lockdowns gegeben) nach Begriffen wie "Vogelhaus", "Vögel füttern" oder "Vogeltränke" gegoogelt wurde, natürlich in der jeweiligen Landessprache.

Zum einen kam heraus, dass die Google-Anfragen bis zum jeweiligen Beginn des ersten Lockdowns in einem Land recht gleichmäßig waren. Aber sobald die Menschen in einem Land zu Hause bleiben mussten, erhöhte sich das Suchvolumen nach Begriffen zum Vögelfüttern beinahe stetig, bis es elf Wochen nach dem jeweiligen Lockdown-Beginn um ein Vielfaches höher war als zu Beginn.

Weltweites Phänomen

Die Forscherinnen und Forscher hatten eigentlich erwartet, dass der untersuchte Effekt vor allem (oder vielleicht sogar ausschließlich) in englischsprachigen Ländern auftritt. "Das Füttern von Vögeln ist historisch gesehen vor allem in anglophonen Ländern wie den Vereinigten Staaten, Großbritannien und Australien sowie in Indien verbreitet, wo es mit den kulturellen Gepflogenheiten in Einklang steht", heißt es in der Studie.

Stattdessen wurde das Phänomen in 116 Ländern festgestellt, auf der Nord- wie auf der Südhalbkugel, eigentlich gibt es nur in Afrika größere "weiße Flecke" auf der Lockdown-Vogelfütterungslandkarte. "Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, dass das Interesse an der Vogelfütterung auf der ganzen Welt weiter verbreitet ist als bisher angenommen", schließt daraus die Forschungsgruppe.

Zusammenhang zwischen tierischem Artenreichtum und menschlichem Interesse

Um weitere Zusammenhänge zu untersuchen, ließ die Forschungsgruppe auch Daten zu den in den jeweiligen Ländern vorkommenden Vogelarten in die Studie einfließen. Beachtet wurden dabei sowohl Zug- als auch Standvögel. Demnach gab es in Ländern, in denen die Menschen im Lockdown verstärkt zum Thema "Vögel füttern" recherchierten, im Mittel 511 verschiedene Vogelarten. In Ländern mit nicht erhöhtem Suchvolumen dagegen nur 294. Wo es mehr Vogelarten gibt, scheint also auch das Interesse der Menschen an ihnen größer zu sein.

Weil die Studie letztlich eine Suchmaschinen-Auswertung ist, könnte es natürlich sein, dass Länder mit geringem Lebensstandard oder weniger Internetzugangsmöglichkeiten unterrepräsentiert sind. Dennoch, so die Autorinnen und Autoren, sei selbst in Ländern wie Kenia und Pakistan ein verstärktes Interesse festgestellt worden.

Positive Auswirkungen auf Vögel und Menschen

Die Studienautorinnen und -autoren bezeichnen die Auswirkungen des Vogelfütterns als weitreichend. Zum einen auf die Arterhaltung, weil Vögel so eine zusätzliche Nahrungsquelle in städtischen und ländlichen Gebieten haben. Zum anderen habe sich dieses Kümmern um Tiere als Quelle menschlichen Wohlbefindens herausgestellt, wie es in der Studie heißt. In Zeiten von Isolation und Stress habe die Interaktion mit der Natur vielen Menschen Trost und Freude gebracht.

"Unsere Erkenntnisse", heißt es abschließend in der Studie, "könnten dazu beitragen, das Bewusstsein für die Bedeutung des Vogelschutzes zu schärfen und gleichzeitig die Wichtigkeit des Naturkontakts für das menschliche Wohlbefinden zu betonen."

(rr)

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Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um Zwei | 27. Juni 2023 | 14:00 Uhr

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